Katastrophen machen Geschichte - oapen
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Der Schwarze Tod in Ägypten<br />
das Zugeständnis, die Ländereien nicht länger unter der direkten Kontrolle der<br />
Mamluken zu halten. Die Übertragung von Steuerrechten an beduinische Gruppen<br />
war nicht außergewöhnlich. Ähnlich wie im Fall der Mamluken erhielten sie das<br />
Land für bestimmte Dienste, beispielsweise für den Schutz der Wege, der<br />
Belieferung der Armee mit Kamelen und Pferden oder für militärische Kontrolle<br />
anderer Beduinengruppen. Für das erste Jahr der Pest erwähnt zum Beispiel der<br />
Chronist al-Maqrizi die Übertragung von iqta’s an Beduinen der Banu Sabra als<br />
Lohn für ihre Hilfe im Kampf gegen Beduinen der al-Sharaq. 62 Die Rechte an den<br />
Steuererträgen von Ländereien im Delta scheinen in den Jahrzehnten nach dem<br />
Schwarzen Tod allerdings zunehmend an Beduinengruppen übertragen worden<br />
zu sein, die sich in diesen Ländereien auch niederließen. 63 Zumindest verweist die<br />
starke Präsenz von Beduinenscheichs in administrativen Dokumenten bezüglich<br />
der Ländereien in der Delta-Provinz al-Buhayra auf eine gestiegene Bedeutung<br />
der beduinischen Gruppen in der Zeit nach 1380. 64 Hinter dieser Praxis steckte<br />
vermutlich ebenfalls der Versuch seitens der Mamluken, die Beduinen in<br />
Unterägypten besser zu kontrollieren. 65 Denn gegen Ende des 14. Jahrhunderts<br />
kam es verstärkt zu Beduinenunruhen, die die Mamluken immer wieder<br />
militärisch herausforderten. 66 Dieser Plan schien aufzugehen; zumindest waren<br />
die Beduinen im Delta weniger aufrührerisch als die Beduinen in Oberägypten. 67<br />
Gleichzeitig jedoch fassten Beduinen damit verstärkt Fuß im Staatsapparat. In<br />
einem osmanischen Edikt aus dem Jahr 1525, das sich mit den ländlichen<br />
Gebieten in Ägypten befasst, standen große Beduinenführer auf derselben Stufe<br />
wie die Provinzgouverneure. 68 Dies ist ein klares Indiz dafür, dass sie wichtige<br />
Positionen eingenommen hatten, die auch von den neuen Herrschern anerkannt<br />
wurden.<br />
Es lässt sich festhalten, dass die Sesshaften in der Zeit des Schwarzen Todes<br />
und auch danach eine Umverteilung vor allem bezüglich der Ressourcen<br />
Arbeitskraft und Land vornahmen. Nach einer anfänglichen Aufgabe von Land<br />
und einer Konzentrierung von Arbeitskraft in den Städten, wurde die Ressource<br />
62 Vgl. al-Maqrizi: Suluk, S. 768.<br />
63 Vgl. Garcin: Regime, S. 315.<br />
64 Vgl. Michel: Villages, S. 226.<br />
65 Oberägypten zeigt dagegen andere Tendenzen: Hier waren die Beduinen äußerst stark und von den<br />
Mamluken kaum zu kontrollieren. Ende des 14. Jahrhunderts überließ Sultan Barquq (reg. 1382-89,<br />
1390-99) dem Berberstamm der Hawwara Ländereien um Girga, damit diese die dortigen<br />
aufrührerischen Beduinen kontrollierten. Die Hawwara brachten allerdings ihrerseits weitere Gebiete<br />
unter ihre Kontrolle und errichteten ein eigenes, halb-autonomes Beduinen-Emirat. Noch ein<br />
Jahrhundert nach der Eroberung durch die Osmanen blieben sie weitgehend unabhängig. Vgl.<br />
Aharoni, Pasha’s Bedouin, S. 48f.; Garcin, J.-C. (1976): Un centre musulman de la Haute-Égypte<br />
médiévale: Qus, Institut Français d’Archéologie Orientale du Caire: Kairo, S. 468-498.<br />
66 Vgl. Garcin: Regime, S. 314.<br />
67 Vgl. ibid., S. 315 f.<br />
68 Vgl. Michel: Villages, S. 226; Garcin: Regime, S. 315 f.<br />
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