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Katastrophen machen Geschichte - oapen

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28<br />

Verena Twyrdy<br />

selbstverständlich zur Folge, dass die Viehpreise in solchen Jahren stark gesunken<br />

waren, was für die Bauern einen erheblichen Kapitalverlust bedeutete.<br />

Solche risikoüberbrückenden Strategien hatten zum Ziel, „die Schwankungen<br />

der gesamten Produktion möglichst gering zu halten und damit das agrarische<br />

Nutzungssystem zu stabilisieren.“ 27 Der Risikoausgleich musste jedoch mit einer<br />

hohen „Versicherungsprämie“ 28 bezahlt werden, da sich bewusst dazu entschieden<br />

wurde, den möglichen Maximalertrag im Fall der Dreifelderwirtschaft nicht auszuschöpfen<br />

und auch im Fall der Hirtenkultur mussten diese risikovermindernden<br />

Strategien teuer bezahlt werden. Es wurde also durch Unternutzung bewusst ein<br />

Sicherheitsabstand zu möglichen Ertragsschwankungen eingehalten und damit<br />

gleichzeitig auf den durch eine Monokultur möglichen Maximalertrag verzichtet.<br />

Gleichzeitig wurden die Ertragsschwankungen aber auch ausgeglichen, und<br />

zwar durch Diversifikation, in diesem Fall mittels Bodennutzungssystemen wie der<br />

Dreifelderwirtschaft.<br />

Wenn nun die präventiven, risikovermindernden Strategien zur Überbrückung des<br />

Nahrungsengpasses oder zur Anpassung des Viehbestandes an die Heuernte im<br />

Eintrittsfall ausgereizt waren und nicht mehr greifen konnten, kamen sogenannte<br />

krisenüberbrückende Strategien zum Einsatz. Als Ziel dieser krisenüberbrückenden<br />

Strategien lässt sich anführen, die entstehenden Mangelsituationen nicht auf die<br />

körperliche Existenz und damit auf das demographische System durchschlagen zu<br />

lassen. 29 Für den Fall, dass die risikovermindernden Strategien während einer extremen<br />

Witterung den Ernteausfall nicht kompensieren konnten, standen den<br />

Landwirten bei der Dreifelderwirtschaft in Form der Brache und der Allmende,<br />

also den gemeinschaftlich genutzten Flächen, wie Gemeindewälder oder Weiden,<br />

Landreserven zur Überbrückung der Krise zur Verfügung. Der Nachteil ist dabei<br />

allerdings innerhalb der genossenschaftlichen Organisationsform zu sehen, die<br />

oftmals Konfliktmuster hervorbringt und eine permanente Konsensbildung zwischen<br />

den Dorfgenossen voraussetzt.<br />

4 Fazit<br />

Die Wahrnehmung von Naturkatastrophen und auch deren Deutung und Bewältigung<br />

erfolgte und erfolgt auch heute stets über unser kulturgeprägtes Inneres und<br />

jedes Zeitalter kennt gewiss seine eigene Art der Deutung und Bewältigung von<br />

<strong>Katastrophen</strong>. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts wurden Naturkatastrophen in<br />

27 Pfister, Ch. (1985): Bevölkerung, Klima und Agrarmodernisierung 1525-1860. Das Klima der<br />

Schweiz von 1525-1860 und seine Bedeutung in der <strong>Geschichte</strong> von Reaktion und Landwirtschaft.<br />

Band II. Bern, S. 49.<br />

28 Sieferle, R. P. (2006): Die Risikospirale. In: Wissenschaft und Umwelt 2006 – Interdisziplinär,<br />

S. 164.<br />

29 Vgl. Pfister: Bevölkerung, S. 49.

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