11.07.2015 Aufrufe

c't magazin für computer technik 24/2013 - since

c't magazin für computer technik 24/2013 - since

c't magazin für computer technik 24/2013 - since

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Der Beginn einer wunderbaren FreundschaftJetzt bin ich fast 30 und allmählich irritiertmich das Verhalten jüngerer Leute. Gemeinsamsitzen wir in der U-Bahn, die gemächlich durchden Tunnel rumpelt. Um mich herum starren alleextrem konzentriert auf ihre Smartphones. Undnur dahin, die ganze Zeit. Wenn die Bahnkreischend entgleist, erfahren sie das vonFacebooktwitterwhatsapp. Selbst beim Aussteigenbleibt der Blick gesenkt und auf das Displaygeheftet.Bei dem dürren Typen mit Schnauzbart und grünerLatzhose ist mir das egal: Der kann so lange aufsein Telefon starren, bis seine Augäpfelvertrocknen. Völlig anders jedoch verhält essich bei dem Mädchen mit den komischen Haaren,die mir gegenüber Facebook umsorgt. Ich möchteihre ungeteilte Aufmerksamkeit und ihr zurufen:"Schau mir in die Augen, Kleines - und nicht aufdein AMOLED-Display." Doch sie sitzt da wie alleanderen: ein Smartphone-Zombie, leblos undanteilslos, erblindet und taub. Denn hören kannsie mich auch nicht: Weiße Kopfhörer versiegelnihre Gehörgänge; Bässe krachen wie Abrissbirnengegen ihre Trommelfelle. Sie ist von derAußenwelt abgeschnitten, obwohl sie mittendrinsitzt.Ich komme mir vor wie mein Opa vor zwanzigJahren. Ihn hat damals irritiert, wie ich mitmeinem Game Boy auf dem Sofa saß und stundenlangauf einen winzigen Bildschirm starrte (undmanchmal leise fluchte). Intensiv habe ich SuperMario Land gespielt und dabei eine andereBewusstseinsebene erreicht. Die langen Sitzungenwaren nötig: Man konnte nämlich nicht speichern!Meine Großeltern haben nie so recht verstanden,warum ich statt durch den Garten lieber überPixel hüpfte. Sie haben bis heute keinenComputer, kein Internet und auch keinSmartphone. Das interessiert sie kein bisschen,sagen sie, das sei alles viel zu kompliziert.Diese konsequente Totalverweigerung ist auchkeine Lösung und geht mir zu weit. Dazu sinddie Technikspielereien viel zu spannend, dazubin ich viel zu neugierig. Ich muss und will dasalles ausprobieren, weil es Spaß macht. Aberauch nur, solange das Geknödel mit den Gadgetsdie sozialen Interaktionen nicht dauerhaftsabotiert. Die ständige Ablenkung ist zwarbequem, aber irgendwie auch feige. Ich bininzwischen dafür, die Langeweile bewusstauszuhalten. Jedenfalls manchmal, zum Beispielin der U-Bahn.Warum kann das Mädchen mit den komischen Haarennicht aushalten, dass das Leben kein Jump andRun ist - sondern oft ein ödes Sit and Wait?Anstatt davor ins Smartphone zu flüchten,könntedas Mädchen doch mal gucken, ob jemand guckt.So ein neugieriger Blick oder ein Lächelneiner Fremden - das sind kleine Augenblicke,die mir den Tag versüßen; viel mehr als jedesStatus-Update.Daniel Berger

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!