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c't magazin für computer technik 24/2013 - since

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Report I NetzpolitikDes Rätsels LösungSo lösen sich am Ende sogar dierätselhaften Widersprüche vonEU-Kommissarin Neelie Kroesauf: Sie hat sich tatsächlich schützendvor das Internet gestellt,und zugleich wird kein Netzbetreibergezwungen, das Internetvollständig anzubieten. Es geltenbeide Wahrheiten, je nachdem,auf welchen Teil des Breitbandanschlussesman sie bezieht.Das Konstrukt .,lnternetzugangsdienst"soll zwar formal strikt reguliertwerden; gleichzeitig wirdes aber dem Verdrängungswettbewerbdurch die .,Spezialdienste"preisgegeben.Die einzige Möglichkeit, denInternetzugangsdienst im Angeboteines Breitband-Providerszu garantieren, böte die Deklarationals Universaldienst -so werdenLeistungen bezeichnet, dieTK-Unternehmen im öffentlichenInteresse zu angemessenenPreisen erbringen müssen.Soweit bekannt, hat dies nochkein EU-Land getan; lediglichdie Schweiz hat den Internetzugangals .,Service Public" mit1 MBit/s Down- und 1 00 kBit/sUpstream in den Katalog dervon den Betreibern zu garantierendenGrundversorgung aufgenommen.Das deutsche Telekommunikationsgesetzverlangtals Universaldienst lediglicheinen ..funktionalen lnternetzugang";damit ist die Möglichkeitgemeint, überall in der Republikzumindest per Telefon undModem ins Internet gelangen zukönnen.Auch die EU-Kommission bereitetderzeit eine Empfehlungzu einem Breitband-Universaldienstvor, nur sollte man darankeine zu hohen Erwartungenknüpfen. Eine rechtlich unverbindlicheEmpfehlung ist dieallerschwächste Form von Vorgabenaus Brüssel. Zudem stelltdie Universaldienstverpflichtungtraditionell zumeist einendefensiven Akt der Nachsorgezur Aufrechterhaltung überlebterTK-Dienste dar, die als nochunverzichtbar gelten - so wiedie Verpflichtung zum Druckvon Telefonbüchern und zumBetrieb von Telefonzellen imZeitalter des Handys. Und solltendie Mitgliedsländer das anderssehen, hält der Verordnungsvorschlagim Artikel 35ein Vetorecht der Kommissionparat, fa lls strenge nationaleAuflagen gegen EU-weit lizen-"Eine Katastrophe''Der medienpolitische Geschäftsführerdes VerbandsDeutscher Zeitschriftenverleger(VDZ} und Vorsitzendedes Rechtsausschusses deseuropäischen Zeitschriftenverlegerverbandes,Dr. ChristophFiedler, kritisiert dasBrüsseler Reformpaket zur Telekommunikationals unausgewogen.Die EU-Kommissionhätte zu sehr die Interessender großen Netzbetreiber imAuge. Interessen anderer Beteiligter,insbesondere derMedien und sonstiger lnhalteanbieter,kämen zu kurz. Angesichtsder unklaren Auswirkungender Regeln zur Netzneutralitätwarnt Jurist Fiedlervor Schnellschüssen.<strong>c't</strong>: Herr Fiedler, wird es der Bedeutungdes Themas gerecht, wenndie EU-Kommission Netzneutralitätin ihrem Verordnungsvorschlagzur Telekommunikationsregulierungunter dem Aspekt desVerbraucherrechts abhandelt?Christoph Fiedler: Meines Erachtensnicht. Dem Vorschlag fehltweitgehend die medienpolitischeDimension. Die Kommissionzielt ausschließlich auf dieVereinheitlichung des Binnenmarktes,auf Arbeitsplätze, aufWachstum im Bereich der TK-Infrastruktur.Mir kommt die Kornmunikationsfreiheitzu kurz. Manmuss sich der Frage stellen, obauch in Zukunft alle lnhalteanbieter- egal, ob klein oder groß,ob kommerziell oder nicht-komzierteTK-Unternehmen überdas hinausgehen sollten, was inanderen Ländern der Gemeinschaftzulässig ist. In strittigenFällen ka nn demnach die Harmonisierungdurch die Kommissionauf dem kleinsten gemeinsamenNenner erfolgen.Prima eingefädeltDie Kommission hat alles eingefädelt.Es ist nicht schwierig, sichauszumalen, wie die Zukunft aussieht,wenn ihr Kalkül aufgeht.Die marktbeherrschenden Netzbetreibererhalten freie Hand zurVerzahnung ihrer Breitband-lnfrastrukturmit Inhalten und Anwenmerziell,ob politisch oder unpolitisch- gleichwertig überallerreichbar sein werden und mitihren Inhalten in gleicher Qualitätzu ihren Lesern, Usern, Bürgernkommen können. Natürlichgeht es um Wachstum undArbeitsplätze, nur eben auch fürdie Content-Anbieter, Journalistenund Kreative.Dr. Christoph Fiedler leitetdie Europa- und Medienpolitikbeim VerbandDeutscher Zeitschriftenverlegerin Berlin.<strong>c't</strong>: Statt das Thema zusammenmit vielen anderen Themen ineine Verordnung zu stecken,wäre es nicht besser gewesen,wie ursprünglich geplant, denWeg über eine gesonderte Empfehlungoder Richtlinie zu gehen?dungen - sei es durch ContentDeals oder durch Fusion mit Medienhäusern.Damit erhöhen sichdie Markteintrittsbarrieren fürjeden, der sich neu in das Geschäftbegibt, denn er mussgleich auf zwei Märkten konkurrieren:Ein neuer Breitbandbetreiberkämpft nicht nur um Anschlusskundenfür seine Netzdienstleistungen,sondern ermuss sich auch gegen die ContentDeals der Ex-Monopolistendurchsetzen; ebenso könnenetablierte Medienhäuser sich aufkommenderKonkurrenz überihre eingespielten Geschäftsbeziehungenmit Netzbetreibern erwehren.Für den User schließlichFiedler: Der Weg über die Verordnungbedeutet, dass die europäischeRegulierung unmittelbargilt und die Mitgliedstaatennichts mehr zu sagenhaben. Positiv betrachtet gibtes eine EU-einheitliche Regelung,auf die sich jeder berufenkann - Verbraucher wie Netzbetreiber.Man kann darin aberauch eine Entmachtung der nationalstaatlichenDemokratiensehen; kein Mitgliedstaat kannmehr Sonderregeln einführen.<strong>c't</strong>: Bleibt noch Zeit, den Schnelldurchlaufvor den Europawahlenim Mai zu verhindern?Fiedler: Da muss sich die deutscheBundesregierung, egal inwelcher Koalition, sehr genauüberlegen, wie sie sich positioniert.Jedenfalls sollte sie vermeiden,die Verordnung als Paketeinfach durchzuwinken. Eine Abkehrvon der Netzneutralitätwäre kaum noch umzukehren.Und eines ist klar: Ein Internet, indem es gegen erhebliche Aufgelteeinen besonderen Zugangzum Endkunden gibt, den Tausendevon Anbietern sich nichtleisten können und die dann impublizistischen Wettbewerb zuMarktteilnehmern zweiter Klassewerden - dieses Internet würdenwir kaum wiedererkennen.Das komplette Interview mitDr. Christoph Fiedler können Sieüber das Online-Angebot der <strong>c't</strong>abrufen - der untenstehende <strong>c't</strong>­Link führt direkt dorthin.könnte es teurer werden. Dennwenn ihm das Bündelangebotseines Providers nicht genügt,müsste er sich halt einen zweitenBreitbandanschluss zulegen.Nun liegt es bei den EU-Parlamentariernund den Mitgliedsländernim EU-Rat, ob sie dieserWeichenstellung in die Breitbandzukunftfolgen wollen . .,Esgibt noch eine reale Chance", appelliertAktivist Thomas Lohningervon unsernet.at unterdessenan die Mitstreiter . .,Wir habenjetzt noch bis zum Mai Zeit, dieseVerordnung entweder zu kippenoder zu fixen."(pmz)www.d.de/1314084<strong>c't</strong>88<strong>c't</strong> <strong>2013</strong>, Heft <strong>24</strong>

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