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1292. AktionsforschungDie zweite Möglichkeit wäre eine verstärkte Hinwendung auf eine paradigmatisch andereForschungstradition, deren Prototyp in der Erwerbslosenforschung die Marienthalstudievon Jahoda et al. (1933) darstellt (siehe dazu auch Abschnitt 3.1.1. «Forschungsansätzezur Untersuchung der Auswirkungen von Erwerbslosigkeit»). Die Tatsache, dass diesesVorgehen mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist, wird u.E. durch die Vorteilekompensiert, zumal die differentielle Forschung, wie sie oben in ihrem Idealbildbeschrieben wird, wohl nicht weniger aufwendig ist.Die Resultate solcher Forschung sind vollständiger, weil die Auswirkungen vonErwerbslosigkeit auf den verschiedenen Stufen der sozialen Systeme (Individuum,Familie, soziales Umfeld und Gesellschaft) besser erfasst und in ihren komplexenInteraktionsprozessen beobachtet werden können. <strong>De</strong>r enge Kontakt, der durch dasVorgehen im Rahmen der Aktionsforschung zwischen «teilnehmendenBeobachterInnen» und «Beobachteten» entsteht, ermöglicht nicht nur einen tieferenEinblick in das Wirkungsgefüge, er erhöht zudem die Validität der so erhaltenen Daten.Prozesse der «sozialen Erwünschtheit», welche die Antworten und Berichte derBetroffenen verfälschen werden massgeblich reduziert, da das übliche Machtgefällezwischen «ForscherIn» und «Forschungsobjekt» wegfällt und stattdessen ein persönlichesVertrauensverhältnis aufgebaut wird.Schliesslich bedeutet ein solches Vorgehen nicht nur einen Zuwachs an Erkenntnis,sondern ist auch in ethischer Hinsicht ein Gewinn. Die Forschung wird gleichzeitig zurHilfeleistung für die betroffenen Personen, es erfolgt ein Austausch anstelle eines einseitigenProfitierens der Wissenschaft.Beide möglichen Forschungsstränge wurden bisher aufgrund des damit verbundenen(personellen, finanziellen und zeitlichen) Aufwandes weitgehend vermieden. Nur wenigeProjekte erfüllten die genannten qualitativen Kriterien im einen oder anderen Bereich.Neben den genannten Anforderungen an eine zukünftige Erwerbslosenforschung müssteauch der theoretischen Arbeit grössere Beachtung geschenkt werden. Um die bisherigenForschungsbefunde besser einordnen zu können, wäre die Erarbeitung einesRahmenmodells dringend nötig. Dieses müsste u.E. nicht neu erfunden werden, sondernwäre aus bereits bestehenden Modellen, v.a. aus dem systemtheoretisch geprägten Umfeld,zu entwickeln. Erste Ansätze hierzu finden sich in den (wenigen) Arbeiten, welcheAutorInnen aus dem Bereich der familientherapeutischen Theoriebildung bezüglich«Familien und Erwerbslosigkeit» vorgestellt haben (z.B. Webster-Stratton 1990).SchlussbemerkungZweifellos ist es nötig, die beobachtbaren Wirkungsdynamiken, welche Erwerbslosigkeit ineiner betroffenen Familie auslösen kann, möglichst differenziert und umfassend zu erforschenund zu verstehen. Dies sollte allerdings nicht dazu führen, dass hinter diesem sichvergrössernden Berg an Erkenntnissen über die Auswirkungen von Erwerbslosigkeit plötzlichdie Frage nach deren Ursachen verschwindet. Die beiden Fragen sind nämlich keineswegsB A S S • B ü r o f ü r a r b e i t s - u n d s o z i a l p o l i t i s c h e S t u d i e n

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