Fehler! Formatvorlage nicht definiert. 45Gewalt gegen Männer, gegen Ältere und unter Geschwistern mit ein (vgl. Schneider 1995).Es können drei Betrachtungsperspektiven unterschieden werden (vgl. Markefka/Billen-Klingbeil 1989 zu den folgenden Ausführungen):1. Gewalt unter dem Aspekt der (gesellschaftlichen) Normen und Gesetze2. Täterperspektive (Motive der individuellen Gewalttätigkeit)3. Opferperspektive (Wirkung der Gewalt auf die passiv Betroffenen)In der überwiegenden Mehrzahl der bekannten Untersuchungen wurden die Daten im Rahmenvon Opferbefragungen gewonnen. Amerikanische Studien legen ihren Ergebnissenmeist eine «Familiale Theorie der Gewalt» zugrunde, welche besagt, dass Gewalt in derFamilie normal ist, weil die Familie der Ort ist, wo Gewalt zuerst erfahren und erlernt wird.Die entsprechenden ForscherInnen (z.B. Straus et al. 1980) fassen diesen Lernprozess desImitations- und Modell-Lernens, der in der Kindheit beginnt und zur Anwendung von Gewaltim Erwachsenenalter führt, in drei «Lektionen» zusammen:1. Lektion: Diejenigen, die Dich am meisten lieben, sind diejenigen, die Dich schlagen! <strong>De</strong>r nächsteLernschritt heisst: Die, die Du liebst, schlägst Du! In dieser Erfahrung, die beinahe jedes Kind macht,sehen Straus et al. (1980) die Basis für die Verbindung zwischen Gewalt und Liebe in der Familie.2. Lektion: Die moralische Rechtfertigung von körperlicher Strafe, die Idee, Gewaltanwendung dieneeinem guten Zweck (der Verhütung von Unfällen, der Erziehung zum «Guten») ist ein weiterer mittelbarerLern-«Erfolg».3. Lektion: <strong>De</strong>r Einsatz von Gewalt als Strafe führt zu der Annahme, Gewalt sei dann legitim undnützlich, wenn kein anderes Mittel zum Ziel führt. Diese Erfahrung in der Kindheit macht einen Gewalteinsatzim Erwachsenenalter wahrscheinlich. Die WissenschaftlerInnen schliessen daraus, dassMitgliedschaft in einer gewalttätigen Familie zu eigener Gewalttätigkeit führt.Diese Annahme wurden durch verschiedene empirische Untersuchungen bestätigt. Straus etal. (1980) stellten z.B. fest, dass jede vierte Person, die in einer gewalttätigen Familie aufgewachsenwar, selbst gewalttätig genug war, um durch Gewalt die Verletzung der eigenenKinder zu riskieren. Allerdings ist neben diesen binnenfamiliären Dynamiken nicht zu vernachlässigen,dass auch die strukturelle Gewalt innerhalb einer Gesellschaft (z.B. ungleicheVerteilung der Ressourcen) dazu führt, dass Gewaltanwendung als legitim empfunden wird.Erklärungen der Entstehung von Gewalt gegen Frauen im speziellen können grob in kollektivistische,individualistische und kombinierte Theorien eingeteilt werden. Bei den kollektivistischenspielt v.a. die geschlechtsspezifische Rollenverteilung und Machtposition im Rahmeneiner patriarchalen Gesellschaftstruktur eine entscheidende Rolle (diese Argumentationwird primär in der feministischen Forschung bevorzugt), während das individualistischeErklärungsmuster stärker die individuelle Lerngeschichte des Täters, den psychischenZustand des Opfers sowie die situationale Verbundenheit beider Beteiligten in Betracht zieht.Die meisten Studien stützen sich aber auf kombinierte Erklärungsansätze, welche sich aufvier Faktorenbündel reduzieren lassen:a) Gesellschaftliche Faktoren: Normen der Gewalt, struktureller Stress (z.B. durch Erwerbslosigkeit),sexistische Organisation der Gesellschaft, Subkultur der Gewalt, Häufigkeit von Gewaltdarstellungenin den Medien, Gewalt als Mittel zur sozialen Kontrolle, männlich fixiertes Strafrechtssystem,B A S S • B ü r o f ü r a r b e i t s - u n d s o z i a l p o l i t i s c h e S t u d i e n
Fehler! Formatvorlage nicht definiert. 46fehlender Schutz der Frau durch die Polizei, wirtschaftliche Benachteiligung der Frau (Zuweisungder Ehefrau- und Hausfraurolle).b) Familiale Faktoren: Statusinkonsistenz des Mannes, Gewaltlernen durch Familiensozialisation,Familienstruktur (Machtstruktur, geschlechtsspezifische Rollenteilung), Dominanz des Ehemannes,nicht-demokratische Entscheidungsmuster, Privatheit der Familie, Position der Familie in derSozialstruktur, hohe Stress- und Konfliktrate.c) Situationsfaktoren: Fehlende Zeugen für eine Misshandlung, Streitigkeiten und Alkoholgenuss, bestimmteTageszeiten (z.B. Wochenende), Abgeschiedenheit der Wohnung, verbale Aggressivitätzwischen den Ehepartnern, wirtschaftliche Schwierigkeiten, weniger als zwei Jahre in der Nachbarschaftlebend, Probleme ohne bekannte Lösungsmuster.d) Identitätsfaktoren (Täterpersönlichkeit): Negatives Selbstbild, niedrige Selbstachtung, «Zwang zurMaskulinität» (bestimmt durch Aggressivität gegenüber Frauen), «Frauen sind Kinder» - ein Bild,das dem Mann das moralische Recht gibt, Frauen auch mit Gewalt zu massregeln.Diese Mehrfaktorenansätze kennzeichnen die entscheidende Schwierigkeit theoretischerBegründung und empirischer Erforschung von Gewalt in der Familie: Viele mögliche Auslöserführen auf verschlungenen Wegen zu Gewalt, wobei häufig Ursache und Wirkung nichtmehr zu unterscheiden sind, da Gewaltakte wiederum als Auslöser neuer Gewaltakte angesehenwerden (z.B. Straus et al. 1980). Einen Überblick über dieses Netzwerk interrelationalverknüpfter Wirkfaktoren gibt Abbildung 3 aus Markefka/Billen-Klingbeil (1989, 356). Indieser Darstellung wird nicht ausdrücklich zwischen den Indikatoren für Kindesmisshandlungund Frauenmisshandlung unterschieden. Häufig sind sie für beide Arten der innerfamiliärenGewalt von Bedeutung.ForschungsstandIn der bisher wohl sorgfältigsten (sog. Dunkelfeld-) Untersuchung zur Thematik des Frauenmissbrauchsvon Straus et al. (1980) wurde das ungefähre Ausmass familialer Gewalt inden USA sichtbar: 28 Prozent der befragten Familien berichteten von Gewaltätigkeiten zwischenden Partnern. Dabei schlugen ebensoviele Frauen ihre Männer wie umgekehrt, amhäufigsten wendeten beide Seiten Gewalt an. 35 Prozent der Männer, deren Eltern gewalttätigmiteinander umgingen, wendeten gegenüber ihrer Ehefrau Gewalt an. Streit überHaushaltsangelegenheiten war die häufigste Misshandlungsursache (30 Prozent), gefolgtvon Konflikten über Sexualität (28 Prozent) und Geld (26 Prozent). Frauenmisshandlung tratam häufigsten in den Familien auf, in denen der Mann der Hauptentscheidungsträger war.B A S S • B ü r o f ü r a r b e i t s - u n d s o z i a l p o l i t i s c h e S t u d i e n
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169Armut konfrontiert worden waren.
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171rung der Situation der Betroffen
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173Quelle: Cunha et al. (1995, 200)
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177auch, sie umfassend und zuverlä
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1791. Einkommensarmut geht in der R
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181Kinder stärker indirekte Effekt
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1831. Fehlen von Armutsfolgenforsch
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1855. Literaturliste Auswirkungen d
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187Brodmann, Imeldis, Marti, Lilly,
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189Garbarino, J. und G. Gilliam (19
- Seite 196 und 197:
191Isralowitz, Richard E. (1989): F
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193Lüscher, Kurt (1988): Familie u
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195Schindler, Hans (1977): Analysen
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197Vonderach, Gerd (1989): Arbeitsl
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1996. Literaturliste Auswirkungen d
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201Deutsches Jugendinstitut (1993):
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203Hewlett, Sylvia Ann (1991): When
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205Niepel, Gabriele (1994): Alleine
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207AbbildungsverzeichnisAbb.1:Abb.2