12.07.2015 Aufrufe

De - BASS

De - BASS

De - BASS

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

132reiche betroffen sind. Festgestellt wird Unterversorgung in der Regel für die Bereiche Arbeit,Bildung, Wohnen, Gesundheit, soziale Integration, Unterstützungsbedarf u.ä. (Busch-Geertsema/Ruhstrat 1991, Cunha et al. 1995, Hanesch et al. 1994, Ulrich/Binder 1992).Ähnlich wie beim Ressourcenansatz geht in die Operationalisierung von Unterversorgung einnormativ-politisches Moment mit ein. Es müssen Grenzwerte festgelegt werden 49 , und esmuss die Anzahl von Unterversorgungssymptomen bestimmt werden, die nötig sind, um vonArmut zu sprechen. 50In der französischsprachigen Forschung wird der lebenslagentheoretische Zugang zumPhänomen Armut mit den Begriffen «exclusion», «précarité» und «disqualification sociale»erfasst (Cunha et al. 1995, Gilliand 1990). Vor allem in ersterem schwingt stärker als im BegriffLebenslage die politische Dimension der durch bestimmte politisch-ökonomische Strukturen«gemachten» Armut mit. Als zentral gilt in diesem Zusammenhang der Ausschluss ausdem bzw. der nur prekäre Einbezug in den Arbeitsmarkt, der in einer negativen Verlaufskurvezu sozialem Ausschluss führt. So fassen Cunha et al. (1995) Armut als Verschränkungzweier Prozesse auf: des Prozesses der <strong>De</strong>qualifikation als Ursache undgleichzeitig Folge des Ausschlusses aus dem Arbeitsmarkt und des Prozesses der sozialen<strong>De</strong>sintegration («désaffiliation»). Armut ist für diese AutorInnen ein gradueller Begriff mitfolgenden «Stationen» (ebd., 16f.): Integration («zone d'integration»: stabile Arbeitsverhältnisseund soziales Netz), Individuierung («zone d'individuation»: stabile Beschäftigung,aber prekäre soziale Integration), Risiko («zone de vulnérabilité»: prekäre Beschäftigung undfragile soziale Beziehungen), Unterstützung («zone assistancielle»: Erleichterung des finanziellenMangels durch Sozialhilfe, die aber durch Stigmatisierung die Chancen für sozialeBeziehungen mindert) und Ausschluss («zone d'exclusion»: Kumulierung von Ressourcenmangelund sozialer Isolation).Das Lebenslagenkonzept kann zwar die Situation von Armen sehr viel differenzierter undplastischer erfassen als ein reines Ressourcenkonzept. Es ist aufgrund seiner Komplexitätjedoch eher ungeeignet, wenn es darum geht, Armut als unabhängige Variable zu operationalisierenin einer Studie, die die Auswirkungen von Armut messen will. In den empirischenForschungen zu den Effekten von Armut wird diese denn auch in der Regel mit einemeindimensionalen Indikator für Einkommensarmut erfasst. Eine Reihe von Studien im Kontextder Armutsforschung arbeiten sogar schlicht mit «erfasster» Armut, nämlich mit einerPopulation von Sozialhilfebeziehenden.Wenn von Armut – v.a. von «Neuer Armut» bzw. der Zunahme von Armut – die Rede ist,verbindet sich damit meist die Vorstellung von dauerhafter Armut: im Bild der«Zweidrittelsgesellschaft» etwa wird explizit oder implizit davon ausgegangen, dass ein(wachsendes) Segment der Bevölkerung ausgegrenzt und in auswegslose Armut gestürztwerde. Die neue Armutsforschung rückt dagegen die Dynamik von Armutskarrieren in den49 So definieren z.B. Ulrich/Binder (1992) als Unterversorgung im Wohnbereich eine Belegungsdichte von mehrals einer Person pro Zimmer; andere Studien erheben die Qualität der Ausstattung mit (Bad, Heizung etc.).50 Ulrich/Binder (1992) sprechen bereits bei einem Unterversorgungssymptom zusätzlich zurEinkommensschwäche von Armut; Hanesch et al. (1994) beziehen sich auf Armut als Kumulation vonUnterversorgungslagen.B A S S • B ü r o f ü r a r b e i t s - u n d s o z i a l p o l i t i s c h e S t u d i e n

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!