Fehler! Formatvorlage nicht definiert. 75Obwohl in der Literatur immer wieder auf den grossen Einfluss von sozialer Unterstützungauf die Bewältigungsformen von Erwerbslosigkeit hingewiesen wird, haben sich erstaunlichwenige Untersuchungen ausführlicher mit den Veränderungen sozialer Aussenbeziehungenbeschäftigt. Garbarino/Gilliam (1980, in Schneider 1995) weisen etwa darauf hin, dass sozialeIsolation ein wichtiger Risikofaktor für innerfamiliäre Gewalt darstellt. Solchermassensozial verarmte Familien sind der informellen sozialen Kontrolle entzogen und können unbemerkteigendynamische Entwicklungen aufweisen, welche in einem funktionierenden sozialenNetz kaum möglich wären.Wie häufig ist nun aber der soziale Rückzug unter erwerbslosen Familien tatsächlich zu beobachtenund welche Faktoren beeinflussen diese Auftretenswahrscheinlichkeit? Büchel(1989, 459f.) stellt hierzu zusammenfassend fest:"Furcht vor Stigmatisierungen oder tatsächlich erfahrene Diskriminierungen provozieren einen verstärktenRückzug in die Familie (Brinkmann 1986, Hornstein et al. 1986). Kappt die Arbeitslosenfamilieaus eigener Initiative die Aussenkontakte, um befürchteten Ausgrenzungen vorzubeugen, wird diefamiliale Problematik eher an Schärfe zunehmen, als wenn von aussen Distanzierungsprozesse einsetzen.<strong>De</strong>r Selbstisolation ist die Familie ausgeliefert, der Fremdisolierung aber kann sie sich aktivwidersetzen (Hornstein et al. 1986). Wie sich die familialen Aussenbeziehungen in der Arbeitslosigkeitentwickeln, ob sie unterstützend wirken oder problemverschärfend, hängt letzten Endes von der Qualitätdieser Beziehungen vor der Arbeitslosigkeit ab. 'Gute' Beziehungen werden sich mit geringererWahrscheinlichkeit verschlechtern, kritische Beziehungen eher, so dass sie zu einem weiteren familialenBelastungsfaktor geraten.Arbeitslose Väter mit Partner und Kinder unter 14 Jahren haben grössere Probleme mit den sozialenAussenkontakten als vergleichbare Frauen. Als entscheidender Einflussfaktor kann auch hier die höherefinanzielle Belastungen der Männer und deren stärkere Berufsorientierung angesehen werden(Brinkmann 1986). Die Qualität der Aussenbeziehungen des direkt betroffenen Individuums kann jedochnicht umstandslos auf das gesamte Familiensystem übertragen werden. Vielmehr sind Divergenzen,insbesondere zwischen den Partnern, durchaus möglich. Beobachtet wurde beispielsweise derFall, dass der arbeitslose Ehemann und Vater problematische Beziehungen aufwies, die Ehefrau aberüber positive unterstützende Kontakte verfügte. Zu erklären ist das als Folge einer im sozialen Umfeldder Familie bestehenden Interpretation der Arbeitslosigkeit, die den Arbeitslosen als Verantwortlichenansieht, die Ehefrau aber als 'Opfer', das Hilfestellungen verdient (Hornstein et al. 1986). Auswirkungenelterlicher Langzeitarbeitslosigkeit auf die Aussenkontakte der Familie variieren je nach Schichtenlage.Während Mittelschichtfamilien versuchen, Aussenkontakte aufrechtzuerhalten und als Ressourcenutzbar zu machen, kommt es bei Unterschichtfamilien zur Forcierung des sog.'Unterschichtenfamilismus' 32 (Hornstein 1986, Zenke/Ludwig 1985a,b,c)." (Büchel 1989, 459f.)Auch Hess et al. (1991) kommen bei ihren qualitativen Tiefeninterviews mit 206 Familien inDortmund und Wuppertal zu dem Ergebnis, dass über ein Drittel der Befragten sich nachdem Stellenverlust des Mannes aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis zurückgezogen32 Neidhardt (1975, 175), der diesen Begriff prägte, versteht darunter die Beobachtung, "dass mit sinkenderSchichtenlage der Familie (a) die sozialen Verkehrskreise kleiner werden, (b) der Anteil 'zugeschriebener'Kontakte (Verwandte, Nachbarn) gegenüber der Quote 'erworbener' Kontakte (Freunde, Kollegen, Bekannte)ansteigt, und (c) die soziale Verbindung zu öffentlichen Gruppen und Einrichtungen geringer wird." (zitiert inZenke/Ludwig 1985, 474)B A S S • B ü r o f ü r a r b e i t s - u n d s o z i a l p o l i t i s c h e S t u d i e n
Fehler! Formatvorlage nicht definiert. 76und die sonst üblichen Kontakte verringert haben. Ein Solidaritätsbewusstsein mit anderenerwerbslosen Personen konnte nicht ausgemacht werden. Im Gegenteil scheint gerade inWohnquartieren mit sehr hohen Erwerbslosenquoten eher ein Konkurrenzkampf stattzufinden33 . <strong>De</strong>mgegenüber wurde eine verstärkte Hinwendung der erwerbslosen Männer auf dieFamilie registriert, welche also zum primären Bezugssystem wurde. Die Familie wurde voneiner Mehrheit der Betroffenen als starker Rückhalt in der schwierigen Situation empfunden.Insbesondere schreiben 63 Prozent der Väter ihren Kindern einen diesbezüglich hohenStellenwert zu. Auf die Frage, "was im Vergleich zu früher häufiger getan wird, werden diefolgenden - naheliegenden - Antworten gegeben: 'Sich mehr mit der Familie beschäftigen'(76 Prozent), 'Hausarbeit machen' (64 Prozent), 'Spazieren gehen' (59 Prozent) und'Fernsehen' (55 Prozent). Explizit seltener wird hingegen in die Gaststätte, Kneipe oderDisco gegangen (35 Prozent), Sport getrieben (21 Prozent), das Theater oder Kino besucht(19 Prozent) und Besuche empfangen (18 Prozent). Die Konzentration auf Aktivitäten imBereich der Familie ist überdeutlich. Hieraus erwachsen Konfliktpotentiale und Belastungen,weil sich die 'neuen' Aktivitätsfelder der arbeitslosen Väter nicht reibungslos in denroutinisierten Alltag der Familie einpassen lassen, der vor der Arbeitslosigkeit überwiegendohne Vater stattfand" (Hess et al. 1991, 186).Selbstverständlich sind diese Veränderungen unter anderem auch von den vorhandenen finanziellenRessourcen abhängig und sind unter ökonomisch stark deprivierten Familien besondershäufig und ausgeprägt. Bereits Jahoda et al. (1933) stellten fest, dass sich Familiendiese nach aussen gerichteten Tätigkeiten schlicht nicht mehr leisten konnten. Sie nahmenEinladungen nicht mehr an, weil sie sich dafür schämten, sich nicht revanchieren zu können.Trotzdem deuten die hohen Zahlen der sozial isolierten Familien in neueren Studien daraufhin, dass die finanzielle Knappheit nicht ausschlaggebend sein muss. Andere Faktoren wiedie Ursachenzuschreibung (Attribution) und - allgemeiner - der persönliche Verarbeitungsstilder Betroffenen scheinen hier ebenso wichtig zu sein.Die dargestellten beträchtlichen Verschiebungen in der Orientierung an Aussenkontaktenfanden sich in zwei Untersuchungen über erwerbslose ManagerInnen nicht bestätigt. DieAussenkontakte wurden aufrechterhalten, und zwar sowohl die der direkt Betroffenen wieauch diejenigen ihrer PartnerInnen. Dies scheint zu einem grossen Anteil damit zusammenzuhängen,dass sich die Selbstsicht der ManagerInnen (Berufsorientierung, familiäre Rollenetc.) während der Erwerbslosigkeit kaum veränderte. Die Erwerbslosen blieben kaumzuhause und veränderten ihren Tagesablauf nur unwesentlich. Die Betroffenen identifiziertensich unverändert mit ihrer Karriere. Ihre Arbeit war jetzt die Stellensuche und das Beziehungsnetz(Mentortreffen, Kongresse etc.) wurde eher noch verstärkt gepflegt um durchdiese Kontakte möglichst schnell wieder einen Job zu finden. Auch die PartnerInnen pflegtenihre sozialen Kontakte weiterhin. In den allermeisten Fällen dieser Familien wurdenstrukturelle Gründe für den Stellenverlust angegeben (71 Prozent, Stevens 1991), was durchdie fehlende Schuldzuweisung offenbar den subjektiv wahrgenommenen Belastungen,welche bei Arbeiterfamilien vorherrschen, erfolgreich entgegenzuwirken vermag (vgl. Hartley33 Vgl. hierzu u.a. auch Strittmatter (1992, 166ff).B A S S • B ü r o f ü r a r b e i t s - u n d s o z i a l p o l i t i s c h e S t u d i e n
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1791. Einkommensarmut geht in der R
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181Kinder stärker indirekte Effekt
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1831. Fehlen von Armutsfolgenforsch
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1855. Literaturliste Auswirkungen d
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187Brodmann, Imeldis, Marti, Lilly,
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191Isralowitz, Richard E. (1989): F
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193Lüscher, Kurt (1988): Familie u
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195Schindler, Hans (1977): Analysen
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197Vonderach, Gerd (1989): Arbeitsl
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201Deutsches Jugendinstitut (1993):
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203Hewlett, Sylvia Ann (1991): When
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205Niepel, Gabriele (1994): Alleine
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207AbbildungsverzeichnisAbb.1:Abb.2