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145Gewalt gegen KinderDie Untersuchungen zu Gewalt gegen Kinder befassen sich mehrheitlich mit seelischer undkörperlicher Misshandlung und mit sexueller Ausbeutung, während kaum Studien zu Vernachlässigungvon Kindern vorliegen (Wolff 1994, vgl. unten). Auf der Makroebene lassensich statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen Armut und Kindsmisshandlungnachweisen: in Quartieren mit hohen Armutsraten finden laut einer frankokanadischen Studiedeutlich mehr Kindsmisshandlungen statt (Chamberland et al. 1986). Um die Gegenbeispielezu dieser Tendenz besser verstehen zu können (die Existenz von Quartieren mit hohenArmutsraten, aber niedrigeren Raten von Kindsmisshandlung als erwartet), führtenChamberland et al. (1986) eine zweite Studie durch. Befragt wurden 291 Mütter aus vierQuartieren mit unterschiedlicher Inzidenz von Kindsmisshandlung zu Stresserfahrungen,sozialer Unterstützung und Erziehungsverhalten. Es zeigte sich, dass die Existenz undspezifische Form sozialer Unterstützungsnetze der Mütter einen Grossteil der Unterschiedezwischen den Quartieren erklären konnte. 76 Die Mütter der Quartiere mit niedrigererMisshandlungsrate verfügten über mehr stützende Sozialkontakte (Freunde, Nachbarn undVerwandte) und ihre sozialen Netze waren in dem Sinne «offener» als sie stärker ausNichtverwandten bestanden und die Mütter selbst häufiger auch erwerbstätig waren. DieMütter aus den Quartieren mit höheren Misshandlungsraten lebten dagegen in einem sozialenUmfeld mit weniger diversifizierten Kontakten, weniger verfügbarer Unterstützung undmehr persönlichen Konflikten.Auch auf der Mikroebene individuellen Verhaltens findet sich ein Zusammenhang zwischenArmut und erhöhtem Risiko von Kindsmisshandlung. Auf der Basis zweier repräsentativerSurveys von Haushalten mit Kindern 77 kommt Gelles (1992) zu folgenden Schlüssen. Gewaltgegen Kinder kommt zwar in allen Schichten vor, aber signifikant häufiger in armenFamilien. 78 Statistisch signifikante Unterschiede bestehen vor allem bezüglich schwerwiegenderund sehr schwerwiegender Gewaltanwendung. 79 Das höchste Risiko für Gewaltanwendungergibt sich bei armen jungen Eltern (unter 25 Jahren) mit Kleinkindern. Armutwirkt sich stärker auf das Verhalten der Mütter als der Väter aus: während bei den Väternkeine signifikanten Differenzen nach Einkommensgruppe auftreten, wenden arme Mütterdeutlich häufiger Gewalt (v.a. die schwerwiegenderen Formen) gegen ihre Kinder an als76 Diese Resultate beziehen sich aber ebenfalls auf die Makroebene: es wurde nicht untersucht, inwiefern diebefragten individuellen Frauen in unterschiedlichem Ausmass ihre Kinder misshandeln, sondern nurinwiefern die Unterschiede in der sozialen Integration die Unterschiede in den Misshandlungsraten derQuartiere erklären.77 <strong>De</strong>r erste wurde 1976 durchgeführt und umfasste 2'143 Familie mit zwei Elternteilen; der zweite stammt ausdem Jahr 1983 und bezog 3'233 Haushalte mit Kindern mit ein, diesmal auch Einelternfamilien.78 Habermehl (1994,163), die nicht direkt Arme und Nicht-Arme vergleicht, sondern generell den Einfluss vonSchichtfaktoren wie Bildung, Einkommen und Berufsstatus analysiert, findet, dass von diesen dreiIndikatoren für soziale Unterprivilegierung niedrige Bildung den stärksten Einfluss auf Gewalt gegen Kinderhat. <strong>De</strong>r Effekt von niedrigem Einkommen ist zwar vorhanden, aber geringer. Sie zitiert jedoch in ihrerLiteraturübersicht eine Reihe von Forschungen, die den Zusammenhang von Armut und Kindsmisshandlungbestätigen (ebd., 30ff.).79 Verschiedene Formen von Gewalt wurden zu drei Indizes zusammengefasst: Gewalt insgesamt, schwereGewalt (Handlungen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen des Kindes führen können) und sehrschwere Gewalt, die alle Items für schwere Gewalt umfassen, mit Ausnahme der Handlungen mit potentiellweniger gravierenden Konsequenzen.B A S S • B ü r o f ü r a r b e i t s - u n d s o z i a l p o l i t i s c h e S t u d i e n

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