Facharbeitern in Führungspositionen - BiBB
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1 Zur Ausgangslage der Untersuchung<br />
In den 1990er Jahren entwickelten sich <strong>in</strong> der deutschen Industrie neue Formen der<br />
Arbeitsorganisation. Sie brachten u.a. e<strong>in</strong>e Verflachung der betrieblichen Hierarchien,<br />
Dezentralisierung der Verantwortlichkeit und E<strong>in</strong>führung von Gruppenarbeit mit sich.<br />
Die zuvor verbreitete Struktur von Arbeitsanweisung und –ausführung wurde <strong>in</strong> Frage<br />
gestellt. Als neues Leitbild des im Produktionsbetrieb arbeitenden Menschen diente die<br />
Vorstellung der qualifizierten Fachkraft, die als Teammitglied und kompetent vollständige<br />
Aufgaben bewältigt, d.h. Anteile des Planens, Ausführens und Kontrollierens <strong>in</strong>tegriert.<br />
Kooperation und Kommunikation gehörten <strong>in</strong> der Folge mit zu den Bestandteilen<br />
der alltäglichen Tätigkeit auch der gewerblich-technischen Facharbeiter. Sie mussten<br />
ihr Handeln mit vor- und nachgelagerten Bereichen eigenständig abstimmen. Bisher<br />
den Meistern zugewiesene Aufgaben der Annahme von Aufträgen, Zuteilung von Arbeit<br />
an die direkt Untergeordneten und Aufsicht über die Arbeitsausführung g<strong>in</strong>gen anteilig<br />
an die Facharbeiter über.<br />
Es wurde <strong>in</strong> den 1990er Jahren gefragt, ob Meister <strong>in</strong> der <strong>in</strong>dustriellen Produktion e<strong>in</strong>e<br />
Rolle behalten oder durch andere Akteure oder Arrangements ersetzt würden. Die <strong>in</strong><br />
diesem Zusammenhang Mitte der 1990er Jahre durchgeführten Untersuchungen 2 kamen<br />
zu dem pr<strong>in</strong>zipiellen Ergebnis, dass sich die Meisterposition gehalten habe und<br />
voraussichtlich e<strong>in</strong>e – wenn auch veränderte – weiterh<strong>in</strong> wichtige Rolle spielen werde.<br />
Bedeutsam für diese Annahme war nicht nur die Tätigkeit der Meister selbst, sondern<br />
auch die gestärkte Rolle der gewerblich-technischen Fachkräfte, die durch die Meisterposition<br />
auch e<strong>in</strong>e Karriereperspektive <strong>in</strong> Führungsaufgaben erhalten sollten. Die angenommene<br />
neue Rolle enthielt allerd<strong>in</strong>gs weniger direkte, traditionelle Vorgesetztenaufgaben<br />
– wie die unmittelbare Anweisung an jeden e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiter auf Basis<br />
des eigenen Könnens, jeden Arbeitsschritt im eigenen Verantwortungsbereich selbst<br />
zu beherrschen. Sie war vielmehr e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung von organisierenden und führenden<br />
Handlungen auf Grundlage technischer Fachkenntnis und im technischen System.<br />
Ende der 1990er Jahre wurde die Verordnung zur Prüfung der Industriemeister Metall<br />
neu erlassen. Sie enthielt die Konsequenzen der Veränderungen vor allem h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der Inhalte – so wurden die Inhalte Technik, Organisation und Personal/Führung<br />
gleichgewichtig benannt – und der Art der Prüfung – hier wurden u.a. vor allem sogenannte<br />
betriebliche Situationsaufgaben als Prüfungsteile e<strong>in</strong>geführt.<br />
Die Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluß Geprüfter Industriemeister<br />
/ Geprüfte Industriemeister<strong>in</strong> - Fachrichtung Metall wurde am 18. Dezember 1997 <strong>in</strong><br />
Bonn ausgegeben im Bundesgesetzblatt Jahrgang 1997 Teil I Nr. 83, Spalte 2923. Das<br />
Ziel der Prüfung ist demnach, die Befähigung nachzuweisen, dass der Geprüfte „<strong>in</strong> Betrieben<br />
unterschiedlicher Größe und Branchenzugehörigkeit sowie <strong>in</strong> verschiedenen<br />
Bereichen und Tätigkeitsfeldern e<strong>in</strong>es Betriebes Sach-, Organisations- und Führungsaufgaben“<br />
wahrnehmen kann und „sich auf verändernde Methoden und Systeme <strong>in</strong> der<br />
Produktion, auf sich verändernde Strukturen der Arbeitsorganisation und auf neue Methoden<br />
der Organisationsentwicklung, der Personalführung und -entwicklung flexibel“<br />
e<strong>in</strong>stellen kann „sowie den technisch-organisatorischen Wandel im Betrieb“ mitgestalten<br />
(§1 (2)). Es sei festzustellen, ob „der Prüfungsteilnehmer die Qualifikation besitzt,<br />
um <strong>in</strong> den betrieblichen Funktionsfeldern Betriebserhaltung, Fertigung und Montage“<br />
diverse Aufgaben e<strong>in</strong>es Industriemeisters der Fachrichtung Metall wahrnehmen kann<br />
(§1 (3)). Dazu gehören etwa die Aufgaben, über den E<strong>in</strong>satz der Betriebs- und Produktionsmittel<br />
zu entscheiden, sich an der Planung und Umsetzung neuer Arbeitstechniken<br />
und Fertigungsprozesse zu beteiligen und Mitarbeiter im S<strong>in</strong>ne der Unternehmensziele<br />
zu führen.<br />
Bezüglich der Qualifikation werden zunächst berufs- und arbeitspädagogische sowie<br />
fachrichtungsübergreifende Basisqualifikationen sowie handlungsspezifische Qualifika-<br />
2 Fuchs-Frohnhofen; Scholz; Wortmann; Drewes<br />
Gidion&Sandal, KIT, 31.07.2011 5