Organisationsgrundlagen: Wandel der Organisation
Organisationsgrundlagen: Wandel der Organisation
Organisationsgrundlagen: Wandel der Organisation
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Bei strittigen Diskussionen über Verän<strong>der</strong>ungen for<strong>der</strong>n Vorgesetzte sehr rasch Sachlichkeit<br />
ein, Emotionen werden tabuisiert und passen nicht zum Thema. Dabei wird geflissentlich<br />
übersehen, dass die Sachlichkeits-For<strong>der</strong>ung selbst bereits emotional sein kann und<br />
Emotionen Sachcharakter zukommt, was ja gerade das konkrete Problem bei Wi<strong>der</strong>ständen<br />
gegen Verän<strong>der</strong>ungen darstellt. Emotionale Befindlichkeiten können dennoch vielfach mit dem<br />
persönlichen Verständnis <strong>der</strong> Managerrolle nicht in Einklang gebracht werden. Meist fehlt den<br />
Beteiligten für solche Auseinan<strong>der</strong>setzungen auch das entsprechende sprachliche<br />
Ausdrucksvermögen und die Tabuisierung <strong>der</strong> Emotionen beeinträchtigt nahe liegen<strong>der</strong> Weise<br />
auch das Lernen und die Anwendung <strong>der</strong> notwendigen sprachlichen Fähigkeit.<br />
Entwicklungen und Verän<strong>der</strong>ungen von <strong>Organisation</strong>en erfolgen vielfach und zunehmend<br />
komplexer und rascher. Die Zeit wird aus objektiven Gründen zum strategischen Faktor,<br />
sei es auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten, <strong>der</strong> Forschung und Entwicklung, <strong>der</strong><br />
Logistik u.Ä. Zeitdruck kann aber auch durch falsche Arbeitsökonomik und schlechtes<br />
Selbstmanagement entstehen. Für manche Vorgesetzte gerät die Zeitnot grotesker Weise<br />
zum Statussymbol falsch verstandenen Managements (s.a. Schwan, S.26ff.). Wenn allerdings<br />
unter Zeitdruck Prozesse um wesentliche Schritte verkürzt werden, kann mit Sicherheit davon<br />
ausgegangen werden, dass letztendlich die Abläufe nicht weniger son<strong>der</strong>n weitaus mehr Zeit<br />
und Aufwand in Anspruch nehmen. Es kommt zu Fehlentscheidungen, Spannungen und<br />
Konflikte sind zusätzlich zu bewältigen, Dinge sind unter erschwerten Bedingungen neu zu<br />
beginnen usw. Sind erst einmal Wi<strong>der</strong>stände gegen organisatorische Verän<strong>der</strong>ungen<br />
entstanden, bedarf ihre Bewältigung enorm viel Zeit. Der Zeitdruck kann daher einer <strong>der</strong><br />
Gründe für die unzureichende Vorbereitung von Verän<strong>der</strong>ungen sein und zu<br />
Wi<strong>der</strong>ständen führen, <strong>der</strong>en Bewältigung letztendlich ein Übermaß gerade des knappen<br />
Gutes Zeit erfor<strong>der</strong>t.<br />
Die Zusammenhänge zwischen Zeitdruck und wahrzunehmenden Aufgaben sind sehr<br />
relativ. Bei frei verfügbarer Zeit entscheiden Prioritäten darüber, was getan wird und wozu<br />
keine o<strong>der</strong> zu wenig Zeit vorhanden ist. Durch ihre jeweilige Positionsmacht haben<br />
Vorgesetzte vergleichsweise bessere Dispositionsmöglichkeiten über ihre Zeitverwendung als<br />
nachgeordnete Mitarbeiter. Die frei verfügbare Zeit ist natürlich nur ein Teil <strong>der</strong> Arbeitszeit, da<br />
diese durch gebundene Zeit begrenzt wird, bei <strong>der</strong> keine o<strong>der</strong> nur geringe eigene<br />
Dispositionsmöglichkeiten bestehen. Die gebundene Zeit ist in <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> größere Teil <strong>der</strong><br />
Arbeitszeit, weshalb es erfor<strong>der</strong>lich ist, mit <strong>der</strong> frei verfügbaren Zeit als einem sehr knappen<br />
Gut sorgsam umzugehen. Zahlreiche empirische Studien haben ergeben, dass die schlechte<br />
Zeitverwendung und Arbeitsökonomie des Topmanagements die häufigste Ursache für<br />
Missmanagement sind (vgl. Mintzberg, 1991, S.24ff.; Schwan, S.21ff.). Bei allem Verständnis<br />
für das vielschichtige und gewichtige Problem des Zeitdrucks kann nicht übersehen werden,<br />
dass die sorgfältige Vorbereitung von Verän<strong>der</strong>ungen im Sinne <strong>der</strong> Gleichrangigkeit<br />
organisatorischer und personaler Systeme oft fehlenden Prioritäten zum Opfer fällt bzw.<br />
mangels Wichtigkeit dafür keine o<strong>der</strong> zu wenig Zeit investiert wird. Solches kaum kritischkonstruktiv<br />
reflektiertes Handeln schadet guten Verän<strong>der</strong>ungen und ist zeitökonomisch<br />
ausgesprochen kontraproduktiv.<br />
Verän<strong>der</strong>ungsprozesse sind oft komplex und stark durch das Zusammenspiel von Menschen<br />
bestimmt. Der daraus entstehende diffizile Systemzusammenhang, die Wechselbeziehungen<br />
zwischen sachlogischen Verän<strong>der</strong>ungskonzepten und den Verhaltensweisen von Einzelnen<br />
und Gruppen wird unterschätzt, verkannt o<strong>der</strong> verdrängt. Machbarkeitswahn und<br />
Technokratentum, Inkompetenz, Wunschdenken und ein mechanistisches<br />
<strong>Organisation</strong>sverständnis führen nahezu zwangsläufig zu Wi<strong>der</strong>ständen gegen<br />
organisatorische Verän<strong>der</strong>ungen.<br />
Doppler et al. weisen insbeson<strong>der</strong>e auf gruppendynamische Prozesse bei<br />
Verän<strong>der</strong>ungsprojekten hin, <strong>der</strong>en Ablauf schwer vorher bestimmbar ist und die daher allemal<br />
für Überraschungen gut sind. Daraus kann Unsicherheit und Angst bei den verantwortlichen<br />
Managern entstehen, aber auch <strong>der</strong> Wunsch, solche Prozessentwicklungen möglichst rasch<br />
wie<strong>der</strong> unter Kontrolle zu bringen, beispielsweise durch eine Reduktion auf sachlogische<br />
Aspekte. Angst ist ein schlechter Ratgeber und Kontrolle kein Ersatz für die wirkliche<br />
44