Gutachten zum Wald-Wild-Konflikt
Gutachten zum Wald-Wild-Konflikt
Gutachten zum Wald-Wild-Konflikt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
worüber die Jagdbeamten zu wachen hatten. Das führte zu einer Verarmung des<br />
forstlichen und zu einer Aufwertung des jagdlichen Schrifttums (z.B. „Der vollkommene<br />
Teutsche Jäger“, Freiherr v. Flemming 1719). Schriften wie „Sylvicultura<br />
oeconomica“ (v. Carlowitz 1713), die keine Ausführungen zur Landwirtschaft und<br />
Jagd enthielten, wurden kaum beachtet. Erst langsam vollzog sich der Wandel von<br />
den „reinen“ über die „holzgerechten“ zu den „hirsch- und holzgerechten“ Jägern. Zu<br />
den holzgerechten, d.h. die Belange des <strong>Wald</strong>es berücksichtigenden Jägern zählte<br />
H.W. Döbel als erster nichtadeliger Forstwissenschaftler. „Der Jäger muß hirsch-,<br />
jagd-, holz- und forstgerecht, gottesfürchtig und fromm, treu und redlich gegen seinen<br />
Herrn, vorsichtig, verständig, klug, wachsam und munter, unverdrossen, aufgeweckt,<br />
entschlossen, unerschrocken und von guter Leibeskonstitution sein, Liebe zu<br />
den Hunden haben und ein gutes und reinliches Gewehr haben“ (1746). Weitere bedeutende<br />
Vertreter der „holzgerechten“ Jäger waren J.G. Beckmann, M.C. Käpler<br />
und J.J. Büchting. Der Durchbruch der Forstwirtschaftslehre erfolgte mit W.G. v. Moser,<br />
die forstliche Nachhaltigkeit wurde maßgeblich durch G.L. Hartig, H. Cotta und<br />
W. Pfeil (auch hirsch- und holzgerechte Jäger genannt) geprägt. Bis ins 19. Jahrhundert<br />
war die forstliche Ausbildung eher nebensächlich, die Sorgen galten in erster Linie<br />
der Jagd und dem <strong>Wild</strong>. Dem <strong>Wild</strong> sollten möglichst sichere Einstände erhalten<br />
bleiben, wohingegen Mensch und Vieh dem <strong>Wald</strong> ferngehalten werden sollten. Die<br />
Forstverwaltung war lediglich ein Teil der Jagdverwaltung. Mit der Revolution im Jahre<br />
1848 zerbrach das feudale Jagdrecht schließlich und es begann die bürgerliche<br />
Jagdausübung. Das führte zunächst zu einer starken Dezimierung der <strong>Wild</strong>bestände,<br />
denn die privaten <strong>Wald</strong>besitzer hatten Holz als Wirtschaftsfaktor erkannt. Außerdem<br />
war das <strong>Wild</strong>bret der Tiere wichtiger als ihre Trophäen. Der Laubwald konnte sich in<br />
dieser Zeit wieder natürlich verjüngen. Diese Epoche kann man als „größten Praxisversuch<br />
mit nachhaltiger Wirkung“ für den <strong>Wald</strong> bezeichnen. Viele der heute noch<br />
vorhandenen und wegen ihrer Vielfalt bewunderten Mischbestände wurden zu dieser<br />
Zeit geringer Schalenwilddichten begründet. Mit der Gründung des „Allgemeinen<br />
Deutschen Jagdschutzvereins“ von Förstern, Adeligen und Kaufleuten im Jahr 1875<br />
trat allerdings wieder eine Wende ein, denn nun wurde die Hege des Rehwilds als<br />
„Hirsche des kleinen Mannes“ in den Vordergrund gestellt. In der Vergangenheit hatte<br />
das Rehwild eine eher geringe Bedeutung gehabt. Zudem kam es in den großen<br />
geschlossenen Wäldern (besonders in Buchenwäldern) nur in geringen Dichten vor,<br />
denn Rehwild ist relativ klein und aufgrund seiner geringen Magengröße auf hoch-<br />
9