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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />

TEILe<br />

Kosten, Gewinne, Einkommensverteilung<br />

164. Der Sachverständigenrat stellt in diesem Jahr<br />

zwei neue Analyseinstrumente vor: Die Ertragsentwicklung<br />

der Unternehmen analysieren wir mit Hilfe<br />

der Kosten-Erlös-Relation und die Entwicklung der<br />

Einkommensverteilung mit Hilfe der Arbeitseinkommensquote.<br />

Die Rechnungen <strong>zur</strong> Kosten-Erlös-Relation<br />

und <strong>zur</strong> Arbeitseinkommensquote sind nicht von<br />

Grund auf neu, sie führen vielmehr die Rechnungen<br />

<strong>zur</strong> Reallohnposition fort. Die beiden Analyseinstrumeute<br />

sowie ihr Bezug <strong>zur</strong> Reallohnposition werden<br />

im folgenden dargestellt (Melhodische Erläuterungen<br />

siehe Anhang IV, Abschnitt B).<br />

Das Bemühen, aus einem einzigen Maß - der bisher<br />

berechneten Reallohnposition - sowohl Aussagen<br />

über die Einkommensverteilung als auch über die Ertragssituation<br />

der Unternehmen abzuleiten, hat die<br />

Interpretation der Reallohnposition zunehmend erschwert.<br />

Auch haben sich die Bedingungen, denen<br />

sich die Volkswirtschaft der Bundesrepublik gegenübersieht,<br />

ebenso wie die wirtschaftspolitischen Fragestellungen,<br />

im Vergleich zu den sechziger Jahren<br />

beträchtlich verändert.<br />

165. Die Rechnungen <strong>zur</strong> Kosten-Erlös-Relation unterteilen<br />

die Kosten der Unternehmen der privaten<br />

Wirtschaft (ohne Wohnungsvennietung, Kreditinstitute<br />

und Versicherungsunternehmen) in sieben Arten.<br />

Dabei wird nach dem Bruttoprinzip verfahren; das<br />

Bruttoinlandsprodukt zuzüglich Vorleistungen wird<br />

als Erlös eingesetzt, als Kosten werden neben den<br />

Komponenten der Wertschöpfung auch die Vorleistungen<br />

erfaßt. Dies ist insbesondere wegen der Vorleistungen<br />

aus dem Ausland - wie Rohstoffe und<br />

Vorprodukte - erforderlich.<br />

166. Die Rechnungen <strong>zur</strong> Arbeitseinkommensquote<br />

betreffen die Entwicklung der funktionalen Einkommensverteilung<br />

in der Volkswirtschaft insgesamt. Im<br />

Arbeitseinkommen werden die Einkommen aus unselbständiger<br />

Arbeit und aus selbständiger Arbeit zusammengefaßt.<br />

Es wird unterstellt, daß das Arbeitseinkommen<br />

eines Selbständigen sowie eines mithelfenden<br />

Familienangehörigen dem Durchschnittseinkommen<br />

eines beschäftigten Arbeitnehmers entspricht.<br />

Die Selbständigen und die mithellenden familienangehörigen,<br />

wie etwa Handwerker, Einzelhändler,<br />

Landwirte, erbringen nicht anders als die<br />

Arbeitnehmer Arbeitsleistungen, denen ein Arbeitsentgelt,<br />

der Unternehmerlohn, zugerechnet werden<br />

kann.<br />

In der Verteilungsrechnung werden neben dem Arbeitseinkommen<br />

das Vermögenseinkommen der privaten<br />

Haushalte, das "Gewinn"-Einkommen der Unternehmen<br />

sowie das Vermögenseinkommen des<br />

Staates unterschieden. Die Rechnungen <strong>zur</strong> Einkom-<br />

mensverteilung umfassen soniit fünf Einkommensarten:<br />

1. Einkommen aus unselbständiger Arbeit<br />

2. Kalkulatorischer Unternehmerlohn<br />

3. Vermögenseinkommen der privaten Haushalte<br />

4. "Gewinn"-Einkommen der Unternehmen<br />

5. Vermögenseinkommen des Staates<br />

I. Die Kosten-Er1ös-Relation<br />

167. Die Lösung des Beschäftigungsproblems verlangt<br />

die Schaffung von mehr rentablen Arbeitsplätzen.<br />

Rentable Arbeitsplätze entstehen aul dem Weg<br />

über Investitionen. Wieviel investiert wird, bestimmt<br />

sich nach der erwarteten Rentabilität. Die Erwartungen<br />

der Unternehmen können nicht zuverlässig erfragt<br />

werden. Über die Einflußgrößen, die sie bestimmen,<br />

kann man nur Hypothesen aufstellen. Gewinnerwartungen<br />

und die Investitionsneigung werden<br />

mitgeprägt durch die aktuelle Renditesituation im Untemehmenssektor,<br />

nicht zuletzt durch die Entwicklung<br />

der Gewinn-Erlös-Relation.<br />

168. In den letzten Jahren hat der Sachverständigenrat<br />

die Entwicklung der Reallohnposition auch als<br />

einen Indikator für Veränderungen der Kosten-Erlös­<br />

Relation verwendet. Das war allerdings nur mit Einschränkungen<br />

möglich; denn die Reallohnposition<br />

war vom Sachverständigenratin den sechziger Jahren<br />

für andere Analysezwecke entwickelt worden. Damals<br />

herrschte Vollbeschäftigung; die wirtschaftspolitische<br />

Diskussion stand im Zeichen der über das System<br />

fester Wechselkurse importierten Inflation und<br />

dadurch erforderlicher monetärer Stabilisierungsbemühungen.<br />

Vordringlich war damals die Absicht, im<br />

vorhinein den Verteilungsspielraum für Lohnverhandlungen<br />

bei stabilitätsgerechtem Verhalten der<br />

Geldpolitik und gegebener außenwirtschaltlicher Absicherung<br />

aufzuzeigen. Überschritten die Lohnabschlüsse<br />

diesen Spielraum, so war ihnen ein inflatorischer<br />

Impuls zuzuschreiben, weil sie das Kostenniveau<br />

ansteigen ließen.<br />

"Bei gegebenen Wettbewerbsbedingungen spielt sich im monetären<br />

Gleichgewicht ein bestimmtes Verhältnis zwischen Preisen<br />

und Kosten und damit auch zwischen Preis- und Kostenniveau<br />

ein. Das Problem der Geldwerlstabilität bei Vollbeschäftigung<br />

ist daher identisch mit dem der Stabilisierung des volkswirtschaftlichen<br />

Kostenniveaus.<br />

Damit das Kostenniveau nicht steigt, dürfen die Nominallöhne,<br />

solange die oben genannten Annahmen und Bedingungen<br />

- insbesondere monetäres und außenwirlschaftUches Gleichgewicht<br />

- gegeben sind, dem Grundsatz nach im Durchschnitt<br />

nicht stärker erhöht werden als um den Prozentsatz, um den sich<br />

in der Gesarntwirtschaft das Produktionsergebnis je Stunde<br />

- von etwaigen Struktureffekten bereinigt - erhöht." (JG 64<br />

Ziffer 248).<br />

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