Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag ~ 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />
wicklung nunmehr eine zweite Stütze erhalten hat.<br />
Die konjunkturelle Schwächephase, die im Spätsommer<br />
des Vorjahres eingesetzt hatte, konnte so im<br />
Frühjahr überwunden werden.<br />
Wenn dennoch die Produktionskapazitäten in diesem<br />
Jahr nicht in gleichem Ausmaß ausgelastet waren wie<br />
1986, so lag dies in erster linie daran, daß ausländische<br />
Anbieter verstärkt auf dem Inlandsmarkt vordrangen.<br />
Entsprechende Absatzeinbußen der inländischen<br />
Anbieter hingen mit den veränderten Wechselkursrelationen<br />
zusammeni ein Zeichen konjunktureller<br />
Nachfrageschwäche waren sie nicht.<br />
Es kann aber nicht übersehen werden, und dies ist ein<br />
generelles Problem der letzten Jahre, daß das Wachstum<br />
der gesamtwirtschaltlichen Produktionsmöglichkeiten<br />
nur gering isti auch in diesem Jahr hat es weniger<br />
als 2 vH betragen. Es lehlt an <strong>zur</strong>eichender Dynamik<br />
für mehr Investitionen und für die Erschließung<br />
neuer Märkte. So war auch der Beschäftigungsanstieg<br />
nur noch schleppend; im Jahresdurchschnitt sind<br />
<strong>1987</strong> nur noch etwa 155 000 Personen mehr beschäftigt<br />
gewesen als im Jahr zuvor.<br />
8"'. Die deutschen Exporteure haben sich trotz des<br />
schwachen Dollar gut im Wettbewerb behaupten können.<br />
Die Exporte in die Vereinigten Staaten sind nur<br />
wenig <strong>zur</strong>ückgegangen. Hilfreich war dabei die gute<br />
Konjunkturentwicklung in Amerika. Teilweise mußten<br />
die deutschen Unternehmen aber auch Preiszugeständnisse<br />
machen. Mit dem erneuten Absinken des<br />
Dollarkurses im Oktober dürfte allerdings für viele<br />
Exporteure die Schmerzgrenze unterschritten worden<br />
seini am 10. November erreichte der Kurs des Dollar<br />
mit 1,65 DM seinen bis dahin tielsten Stand.<br />
Von weit größerer Bedeutung als der amerikanische<br />
tvlarkt sind indessen für den deutschen Export die<br />
Märkte in Europa; mehr als die Hälfte der deutschen<br />
Ausfuhr geht in die Länder der Europäischen Gemeinschaft.<br />
Hier, auf ihrem wichtigsten Absatzmarkt, sahen<br />
sich die Exporteure massivem Konkurrenzdruck<br />
aus Japan und aus den südostasiatischen Schwellenländern<br />
ausgesetzt. Japanische Unternehmen drängten<br />
vornehmlich deshalb auf den europäischen Markt,<br />
weil ihre Absatzlage in den Vereinigten Staaten zunehmend<br />
schwieriger wurde. Dies lag nicht nur an der<br />
Höherbewertung des Yen gegenüber dem Dollar, sondern<br />
auch an protektionistischen Maßnahmen der<br />
amerikanischen Regierung. Es spricht für die Leistungsfähigkeit<br />
der deutschen Anbieter, daß sie trotz<br />
dieses belastenden Faktors ihre Ausfuhr in die Länder<br />
der Europäischen Gemeinschaft im weiteren Jahresverlauf<br />
noch steigern konnten. Freilich kam ihnen<br />
dabei auch <strong>zur</strong> Hilfe, daß die zu Jahresbeginn ~ vor<br />
allem in Frankreich und in den Niederlanden ~<br />
schwache Konjunktur im Frühjahr in ganz Europa<br />
wieder Trittlaßte.<br />
Die deutsche Ausfuhr insgesamt ist so, über das ganze<br />
Jahr gesehen, annähernd genauso hoch wie im Vorjahr<br />
gewesen.<br />
g"'. Wie schonim Jahre 1986 ist auch <strong>1987</strong> der private<br />
Verbrauch die wesentliche Stütze der Konjunktur gewesen,<br />
allerdings nicht von Anfang an. Der Jahresbeginn<br />
war noch von einer deutlichen Kauf<strong>zur</strong>ückhaltung<br />
gekennzeichneti Unsicherheit über den weiteren<br />
Konjunkturverlauf stimmte viele Verbraucher vorsichtig.<br />
Ivfit dem Anziehen der Konjunktur im Frijhjahr<br />
gaben sie dann wieder deutlich mehr Geld aus;<br />
insgesamt nahm der private Verbrauch hoch um<br />
21;'2 vH in realer Rechnung zu.<br />
Der Zuwachs der Nettoeinkommen aus unselbständiger<br />
Arbeit blieb mit gut 2112 vH wieder etwa einen<br />
Prozentpunkt hinter dem Zuwjichs der Bruttoeinkommen<br />
<strong>zur</strong>ück, nachdem er diesen im Vorjahr aufgrund<br />
der Steuerreform noch übertroffen hatte. Auch einen<br />
Rückgang der Verbraucherpreise hat es in diesem<br />
Jahr nicht mehr gegeben. Sie lagen vielmehr um<br />
112 vH über Vorjahresniveau. Diese nur geringfügige<br />
Preissteigerung war in erster linie der starken Verbilligung<br />
der Importe zu verdanken; die Energiepreise<br />
lagen noch einmal um 6 vH unter dem Niveau des<br />
Vorjahres. Hier zeigte sich auch die positive Kehrseite<br />
des gesunkenen Dollarkurses.<br />
10"'. Auch die Unternehmen konnten davon profitieren.<br />
Die nochmalige Verbilligung der importierten<br />
Vorleistungen hat dem Betrage nach etwazwei Fünftel<br />
der Mehrkosten für Löhne und Sozialversicherungsbeiträge<br />
aufgewogen. So konnten trotz eines<br />
Lohnstückkostenanstiegs von 21;'2 vH nochmals höhere<br />
Gewinne erzielt werden; die Gewinn-Erlös·Relation<br />
entspricht inzwischen wieder etwa derjenigen<br />
von 1972, nachdem sie sich bis 1981 nahezu halbiert<br />
hatte. Freilich hat sich das nicht unmittelbar au! die<br />
Investitionen und das Einstellverhalten der Unternehmen<br />
übertragen. Mehrnoch als in den Vorjahren investierten<br />
die Unternehmen <strong>1987</strong> mit dem Ziel, vorhandene<br />
Kapazitäten zu modernisieren, während Erweiterungsinvestitionen<br />
vor allem in der Industrie eine<br />
geringere Rolle spielteni hier waren Büromaschinen<br />
und Datenverarbeitungsanlagen besonders gefragt,<br />
darunter Geräte, mit denen ganze Fertigungsstraßen<br />
nachgerüstet werden können.<br />
Belastend wirkten sich auf das Investitionsvolumen<br />
die Krisenbranchen aus, vor allem Montanindustrie<br />
und Schiffbau, zumal diese besonders kapitalintensiv<br />
produzieren. So war es überwiegend der günstigeren<br />
Entwicklung im Handel und bei den Dienstleistungen<br />
zu verdanken, daß die Anlageinvestitionen der Unternehmen<br />
insgesamt gegenüber dem Vorjahr noch um<br />
31;'2 vH zunahmen.<br />
11"'. Im Wohnungsbau ließ eine Wende zum Besseren<br />
noch immer auf sich warten. Es werden zwar mehr<br />
Wohnungen modernisiert, aber der Neubau von Wohnungen<br />
geht trotz <strong>zur</strong> Zeit günstiger finanzierungskonditionen<br />
weiter <strong>zur</strong>ück. Insgesamt waren die Investitionen<br />
im Wohnungsbau nochmals um mehr als<br />
4 vH niedriger als im Vorjahr. Negativ entwickelten<br />
sich in erster linie der Geschoßwohnungsbau und der<br />
Bau von Zweifamilienhäusern. In der Auftragsentwicklung<br />
zeichnete sich für den Wohnungsbau zuletzt<br />
allerdings wieder eine günstigere Perspektive ab.<br />
12"'. Der Staatsverbrauch nahm <strong>1987</strong> um 2 vH und<br />
damit deutlich geringer zu als im Vorjahr. Bei den<br />
öffentlichen Investitionen betrug der Zuwachs nur<br />
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