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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />

lung markiert. Nimmt man dagegen an, daß die Stabilitätspolitik<br />

weiterhin erfolgreich ist, und schätzt<br />

man die realen Wachstumsmöglichkeiten unter den<br />

derzeit obwaltenden Umständen etwas <strong>zur</strong>ückhaltender<br />

ein, kommt man auf mittlere Sicht nur zu Expansionsraten<br />

des nominalen Bruttosozialprodukts von<br />

durchschnittlich 3 vH. Bei optimistischen Erwartungen,<br />

das heißt hohen Zuwachsraten für das reale<br />

Wachstum und niedrigen für die Geldentwertung, sowie<br />

bei pessimistischen Erwartungen im umgekehrten<br />

Fall würde sich ein Pfad von durchschnittlich<br />

3 1/2 vH bis 4 vH für die Entwicklung des nominalen<br />

Bruttosozialprodukts ergeben. Deshalb müßte die<br />

Ausgabenpolitik des Staates im mittelfristigen Trend<br />

um so <strong>zur</strong>ückhaltender betrieben werden, je ungünstiger<br />

die reale Wirtschaftsentwicklung verläuft. aber<br />

auch um so erfolgreicher die Geldwertstabilisierung<br />

ist, wenn die Kreditfinanzierungsquoten nicht wieder<br />

dauerhaft ansteigen sollen.<br />

Dieser Hinweis darf nicht dahingehend mißverstanden<br />

werden, daß der Sachverständigenrat einer prozyklischen<br />

Finanzpolitik das Wort reden wolle. Wiederum<br />

gilt es nämlich, zwischen Konjunkturwirkungen<br />

und Wachstumswirkungen zu unterscheiden.<br />

Eine dem Wachstumspfad angepaßte Ausgabenpolitik<br />

des Staates, bei der die Zuwachsraten der öffentlichen<br />

Ausgaben mittelfristig konstant gehalten werden,<br />

hat nämlich <strong>zur</strong> Folge, daß sich bei einer Unterbeanspruchung<br />

(wie auch bei einer überbeanspruchung)<br />

des Produktionspotentials gleichsam automatisch<br />

konjunkturell erwünschte Ellekte ergeben, weil<br />

sich dann infolge der konjunkturbedingten Steuermindereinnahmen<br />

(oder Steuermehreinnahmen)<br />

kompensatorische Wirkungen für den privaten Nachfrageausfall<br />

(oder Nachfrageüberhang) ergeben. Von<br />

einer mittelfristig angelegten Politik, bei der die<br />

Staatsquote <strong>zur</strong>ückgeführt wird, um die Steuerquote<br />

senken zu können und damit Raum für private Initiative<br />

zu geben, sind grundsätzlich keine nachteiligen<br />

Ellekte für die Wirtschaltsentwicklung zu erwarten.<br />

284. Wenn die Erfolge der Haushaltskonsolidierung<br />

nicht endgültig in Frage gestellt werden sollen, müssen<br />

die Vorteile aus der wiedererlangten Geldwertstabiiität<br />

konsequent für die Ausgabenpolitik genutzt<br />

werden. Bei stabilem Geldwert entspricht der Zuwachs<br />

des Nominallohns in etwa dem des Reallohns,<br />

so daß sich insbesondere der große Ausgabenblock<br />

der Personalaufwendungen bei einer Orientierung<br />

der Tarifabschlüsse und Besoldungserhöhungen am<br />

durchschnittlichen Fortschritt der Arbeitsproduktivität<br />

im privaten Sektor in den erforderlichen Ausgabenpfad<br />

einpassen lassen sollte. Auf die weiterreichende<br />

Bedeutung einer <strong>zur</strong>ückhaltenden Erhöhung<br />

der Bezüge des öffentlichen Dienstes haben wir bereits<br />

im vorigen Jahr hingewiesen (JG 86 Ziffer 272).<br />

Wiederholt hat der Sachverständigenrat außerdem für<br />

eine entschlossene Rückführung der Subventionen<br />

geworben. Auch diese Schritte sind nicht nur finanzpolitisch,<br />

sondernvor allem wachstumspolitisch angezeigt.<br />

Subventionen verzerren den Wettbewerb, im<br />

nationalen wie im internationalen Bereich. Sie stoßen<br />

deshalb auf Kritik unserer Handelspartner, begünstigen<br />

protektionistische Bestrebungen in anderen Staaten<br />

und schaden auf diese Weise den gesunden deutschen<br />

Unternehmungen mehr, als sie den kranken<br />

nutzen, die auch mit ständig steigenden Hilfen aus<br />

den öllentlichen Haushalten nicht überleben werden,<br />

wie sich immer stärker abzeichnet. Die Rückführung<br />

der Finanzhillen bereinigt die Ausgabenstruktur und<br />

ermöglicht damit eine bessere Aufgaberlerfüllung<br />

durch die Gebietskörperschaften. Sie ist aber - und<br />

das ist im hier erörterten Zusammenhang entscheidend<br />

- zugleich der beste Weg zu einer Rückführung<br />

der Staatsquote, die - wie wir dargelegt haben - für<br />

eine solide Finanzierung der Steuerrefonn 1990 unertäßlicb<br />

ist. Die 20 Mrd DM für die vorgesehene Nettoentlastung<br />

werden nur aufgebracht werden können,<br />

wenn die Subventionen für alle Schutzbereiche abgebaut<br />

oder zunächst wenigstens deutlich gesenkt werden:<br />

für den Stahl und für die Werften, vor allem<br />

jedoch für den Steinkohlenbergbau und für die Landwirtschaft.<br />

Die gesunden Unternehmen dieser Wirtschaftszweige<br />

werden auch ohne die Hilfe des Staates<br />

überleben.<br />

285. Daß die Senkung der Staatsquote Schwierigkeiten<br />

bereitet, hängt auch mit den Regelungen des<br />

Finanzausgleichs zusammen. Wir haben diesen Problemkreis<br />

im vergangenen Jahr erörtert und stellen<br />

unsere Thesen aus dem <strong>Jahresgutachten</strong> 1986/87 erneut<br />

<strong>zur</strong> Diskussion, ohne sie hier zu wiederholen<br />

(JG 86 Zillern 273f.). Einige ergänzende Hinweise<br />

geben wir an anderer Stelle dieses Abschnitts (Ziffern<br />

297 11.).<br />

286. Die Bedeutung der Haushaltspolitik in den<br />

nächsten Jahren für die Nettosteuerentlastung 1990<br />

soll im folgenden an einigen Projektionen veranschaulicht<br />

werden, in denen verschiedene Möglichkeiten<br />

der Wirtschaftsentwicklung jeweils mehreren<br />

Pfaden der öllentlichen Ausgaben gegenübergestellt<br />

werden, obwohl im Hinblick auf die Wechselbeziehungen<br />

nicht alle Kombinationen realistisch sind. In<br />

allen Fällen legen wir für dieses und das nächste Jahr<br />

die Haushaltsentwicklung zugrunde, die sich für den<br />

Gesamthaushalt der Gebietskörperschaften in der<br />

Abgrenzung der Finanzstatistik nach unserer Einschätzung<br />

abzeichnet. Die für 19<strong>88</strong> beschlossenen<br />

Steuersenkungen sind dabei berücksichtigt. Für das<br />

Jahr 1990 geben wir jeweils Werte an, die sich ohne<br />

und die sich unter Berücksichtigung der vorgesehenen<br />

Nettoentlastung der Steuerzahler errechnen lassen.<br />

Wir nehmen an, daß sich die Finanzpolitik an der<br />

1985 erreichten Konsolidierung der öffentlichen<br />

Haushalte orientieren wird, daß also die Kreditlinanzierung<br />

1112 vH des Produktionspotentials nicht dauerhaft<br />

überschreiten soll. Für unsere Modellrechnungen<br />

unterstellen wir einen konstanten Auslastungsgrad<br />

des Produktionspotentials und drücken diesen<br />

Maßstab als Relation der Nettokreditaufnahme zum<br />

Bruttosozialprodukt aus (JG 85 Ziller 263). Bei dieser<br />

Berechnung ergibt sich für das Basisjahr 1985 eine<br />

Kreditfinanzierungsquote in Höhe von 2,1 vH, die wir<br />

au! mittlere Sicht weiterhin finanzpolitisch für angemessen<br />

halten. Den geringfügig größeren Rahmen,<br />

den man wegen der leichten Abnahme des Auslastungsgrades<br />

des Produktionspotentials, die seither<br />

eingetreten ist, für vertretbar halten könnte, glauben<br />

wir im Interesse der Vergleichbarkeit der Ergebnisse<br />

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