Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />
FInanzierungssaldo und konjunktureller Impuls der öffenlllcben Hausbalte 19<strong>88</strong>'1<br />
MrdDM<br />
Tabelle 27<br />
<strong>1987</strong><br />
I<br />
19<strong>88</strong><br />
I. Konjunkturneutrale Komponente des Finanzierungssaldos 2 ) -<br />
(ai Potentialorientierte Kreditaufnahme ....... ..... . .. ... ......... -30 1 12 -31 t h<br />
(b) Auslastungsbedingte Steuennehreinnahmen<br />
bzw. Steuermindereinnahmen ...... ..... .. ... . ... ................ - 3 - 3 1 12<br />
(c) Inflationsbedingte Steuennehreinnahmen ..... . ... ................. - -<br />
{dl MehreinnahmenlMindereinnahmen in·Zusammenhang mit<br />
der anomalen Entwicklung der Bund~sbankgewinne.......... ....... - - 7<br />
I. {al bis (d) Konjunktumeutraler Finanzierungssaldo .. .. .. -.. ... . ...... -33 1 h -42<br />
(= Finanzierungssaldo des konjunktumeutralen<br />
Haushalts)<br />
H. Tatsächlicher Finanzierungssaldo 3 ) ................ ... ..... ........ . .. . -44 -57<br />
I. " H. Konjunktureller Impuls der öffentlichen Haushalte ................... . ... +10 1 /2 +15<br />
(expansiv: +; kontraktiv: -)<br />
1) Öffentliche Haushalte in der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen.<br />
2) Methodische Erläuterungen siehe Tabellen 17 und 18 sowie Anhang N, Abschnitt D. - Abweichungen in den Summen durch Runden der<br />
Zahlen.<br />
_<br />
J) Einschließlich der Mehreinnahmen bzw. Mindereinnahmen in Zusammenhang mit der anomalen Entwicklung der Bundesbankgewinne.<br />
.<br />
rung der wirksamen Nachfrage zu einer höheren Auslastung<br />
des Produktionspotentials beizutragen. Allerdings<br />
ist ein derartiges Delicit-spendinginsofern nicht<br />
unproblematisch, als die Erfahrung gelehrt hat, daß<br />
dieses Instrument bei einer nur geringen Unterschrei·<br />
tung der Normalauslastung regelmäßig überdosiert<br />
wird und dadurch die Unstetigkeit des Konjunkturverlaufs<br />
verstärkt. Werden bereits geringfügige Abweichungen<br />
von der Nonnalauslastung mit hohen<br />
Haushaltsdeliziten bekämpft, hai das außerdem <strong>zur</strong><br />
Folge, daß die Staatsverschuldung wegen ihrer bereits<br />
erreichten Höhe dann nicht mehr gesteigert werden<br />
kann, wenn es konjunkturpolitisch wirklich erforderlich<br />
ist, nämlich bei der Gefahr eines sich selbst<br />
verstärkenden Abschwungs. Davon kann <strong>zur</strong> Zeit<br />
keine Rede sein.<br />
Von den Konjunkturwirkungen der Staalsverscbuldung<br />
sind deren Wachstumswirkungenzu unterscheiden.<br />
Wachstumspolitik ist nicht auf eine höhere Auslastung<br />
des Produktionspotentials, sondern auf seine<br />
Ausweitung gerichtet. Dazu sind Innovationen und<br />
Investitionen nötig. Letztere werden tendenziell<br />
durch die staatliche Kreditaufnahme verdrängt (crowding<br />
out); das gilt jedenfalls dann, wenn die Kreditaufnahme<br />
des Staates das konjunkturpolitisch akzeptable<br />
Maß überschreitet und dadurch die Normalauslastung<br />
des Produktionspotentials überschritten wird<br />
oder die brachliegenden Kapazitäten angesichts<br />
struktureller Verzerrungen nicht für die Deckung der<br />
vom Staat bewirkten zusätzlichen Nachfrage eingesetzt<br />
werden können. Der Gedanke, man könne gegenwärtig<br />
das Wirlschaltswachstum durch eine Erhöhung<br />
der Staatsverschuldung voranbringen, setzt an<br />
falscher Stelle an.<br />
Ein entsprechender Versuch wäre in der augenblicklichen<br />
Situation der deutschen Volkswirtschaft aucb<br />
gefährlich, und zwar nicht nur aus wachstumspolitischen,<br />
sondern auch aus stabilitätspolitischen<br />
Gründen. Bei der <strong>zur</strong> Zeit bestehenden überreichen<br />
Geldversorgung muß nämlich auch befürchtet werden,<br />
daß eine sorglose Schuldenpolitik des Staates das<br />
inflatorische Potential mobilisiert, so daß die Geldentwertungsraten<br />
wieder beschleunigt steigen und eine<br />
Stagflation eintreten kann.<br />
281. Wicbtiger als die konjunkturpolitischen sind die<br />
wachstumspolitischen Effekte der Haushaltsentwicklung.<br />
In mittelfristiger Betrachtung stellt sich dabei die<br />
Frage, wie in den öffentlichen Haushalten Raum für<br />
die große Steuerentlastung gewonnen werden kann,<br />
die von der die Regierung tragenden Koalition für das<br />
Jahr 1990 anvisiert wird. In kürzerer Sicht gehl es<br />
zunächst darum, auf welche Weise die Einnahmenausfälle<br />
hausbaltspolitisch verarbeitet werden können,<br />
die aus der im nächsten Jahre wirksam werdenden<br />
Steuerentlastung resultieren.<br />
An sich gehört es zu der vom Sachverständigenrat <strong>zur</strong><br />
Diskussion gestellten Konzeption, die Steuerlasten<br />
bei konstanter Kreditfinanzierungsquote den jeweiligen<br />
Fortschritten bei der Senkung der Staatsquote<br />
entsprechend zu vermindern (JG 84 Ziffern 439 H.).<br />
Aus psychologischen und technischen Gründen ist es<br />
indessen zweckmäßig, die Steuersenkungen in gewissen<br />
zeitlichenAbständen vorzunehmen (JG 85 Ziffer<br />
275). Angesichts der mit einer solchen Politik verbundenen<br />
Unstetigkeitistes nicht besorgniserregend,<br />
wenn die Kreditfinanzienmgsquote im. Jahr einer größeren<br />
Steuerentlastung vorübergehend ansteigt, sofern<br />
der Raum dafür in den vorausgegangenen Hausbaltsjahren<br />
durch eine <strong>zur</strong>ückhaltende Ausgabenpolitik<br />
gewonnen worden ist oder - und das ist weniger<br />
gut - zumindest durch die Einbellung der Steuersenkung<br />
in eine verläßliche mittelfristige Strategie ge-<br />
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