Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />
Märkten, diesen aber um so stärker tral, und schließlich<br />
brachte das Vordringen von Schwellenländern,<br />
die in ihrer Entwicklungsstrategie mehr und mehr von<br />
der Importsubslitulion auf eine Exportorienlierung<br />
übergingen, Unternehmen verstärkt unter Druck. die<br />
Standardprodukte mit hohem Lohnaulwand herstellen.<br />
Im Inneren hat gleichzeitig die demographische EntwicklWlg<br />
Wirtschaft und Gesellschaft vor ganz neue<br />
Aulgaben gestellt. Die Wohnbevölkerung wächst<br />
nicht mehr, sondern sie schrumpft. Damit verbinden<br />
sich Verschiebungen im Altersaufbau, die bereits für<br />
sich genommen weitreichende Auswirkungen auf die<br />
Nachfrageslruktur haben. Diese ändert sich zudem<br />
rascher als früher, weil die meisten Haushalte heute<br />
mehr Einkommen frei verfügbar haben, aber auch,<br />
weil traditionelle Verhaltensmuster an Bedeutung<br />
verlieren. Darüber hinaus unterliegen die Märkte auf<br />
Grund des technischen Fortschritts einem rascheren<br />
Wandel, läßt dieser doch Produkte wie Produktionsverfahren<br />
schneller veralten, ob man die Informations-<br />
und Kommunikationstechnik.en als besonders<br />
augenfälliges Beispiel nimmt, flexible Fertigungsautomaten<br />
oder neue Werkstoffe. Und nicht zuletzt hat<br />
auch das gestiegene Umweltbewußtsein die Märkte<br />
verändert.<br />
251. Marktveränderungen müssen nicht notwendigerweise<br />
Wachstumseinbußen bedeuten, denn sie<br />
bringen nicht nur Anpassungslasten und Umstellungsrisiken,<br />
sondern auch Chancen mit sich, mit<br />
Neuem erfolgreich zu sein, vorausgesetzt, daß Wille<br />
und Fähigkeit <strong>zur</strong> Anpassung zusammenkommen.<br />
Festzustellen ist, daß den Unternehmen die Bewältigung<br />
der Anpassungsaufgaben nur zum Teil gelungen<br />
ist. Neben erfolgreichen Unternehmern, die es<br />
verstanden, sich mit verbesserten oder gänzlich<br />
neuen Produkten und Verfahren Kunden zu halten<br />
oder neue Märkte zu erschließen, stehen die anderen,<br />
glücklose, denen der Erfolg versagt blieb, untüchtige,<br />
die am Hergebrachten festhielten, weilsie den Anpassungsbedarf<br />
verkannten, aber auch solche, denen es<br />
weniger an der Bereitschalt <strong>zur</strong> Umstellung als vielmehr<br />
an den Mitteln dazu fehlte. Auls ganze gesehen<br />
hat die deutsche Wirtschaft nicht die Dynamik und<br />
Flexibilität entfalten können, die angesichts der tiefgreifenden<br />
Veränderungen in den Produktions- und<br />
Absatzbedingungen gefordert sind. Es ist ihr jedenfalls<br />
nicht gelungen, Wachstumseinbußen an einer<br />
Stelle durch Zugewinne an anderer wettzumachen<br />
und der nachwachsenden Generation sowie denen,<br />
die aus der sogenannten Stillen Reserve auf den Arbeitsmarkt<br />
drängen, Arbeitsplätze in der benötigten<br />
Zahl zu bieten. Der Rückstand in der Bewältigung des<br />
strukturellen Wandels ist es, aus dem die anhaltende<br />
Wachsturnsschwäche in der Bundesrepublik resultiert.<br />
Gewiß, in allen Industrieländern wächst die<br />
Wirtschalt seit Anfang der siebziger Jahre nicht mehr<br />
so wie davor; das weist darauf hin, daß allenthalben<br />
ähnliche Ursachen wirksam waren und es noch sind.<br />
So ausgeprägt wie in der Bundesrepublik war die<br />
Wachstumsabschwächung freilich längst nicht überall.<br />
252. Aul Rückstände im strukturellen Wandel lassen<br />
insbesondere die folgenden Beobachtungen schließen:<br />
Gemessen an der Aufgabe, den grundlegend veränderten<br />
Absatz- und Produktionsbedingungen<br />
durch ollensive Strategien zu bege~nen, wäre es<br />
notwendig gewesen, die Investitionen in Sachkapital<br />
sowie in Wissen und Fertigkeiten deutlich zu<br />
verstärken (JG 86 ZiIIern 2M 11.). Denn nur mit einer<br />
überdurchschnittlichen Steigerung der Arbeitsproduktivität<br />
und mit Produkten, die den<br />
Nachfragern im. Vergleich mit Kpnkurrenzerzeugnissen<br />
einen hohen Preis wert sind, läßt sich die<br />
Spitzenlohnposition der deutschen Wirtschaft im<br />
internationalen Wettbewerb behaupten. Die Anlageinvestitionen<br />
sind jedoch nicht stärker, sondern<br />
schwächer als früher gestiegen, und auch die konjunkturelle<br />
Aulwärtsbewegung der letzten Jahre<br />
hat keine Ausweitung gebracht, die auch nur annähernd<br />
ausgereicht hätte, die entstandene Lücke<br />
anrentablen Arbeitsplätzen zu schließen; noch immer<br />
wächst der Kapitalstock der Unternehmen erheblich<br />
langsamer als Anfang der siebziger Jahre,<br />
und dies, obwohl ein wettbewerbsfähiger Arbeitsplatz<br />
heute im Durchschnitt der Wirtschaft einen<br />
immer größeren Kapitaleinsatz . erfordert (Ziffer<br />
101). Die Ausgaben für Forschung und Ent<br />
V{icklung sind dem Betrage nach wie im Vergleich<br />
zum Umsatz zwar kräftig erhöht worden, und hier<br />
nimmt die Bundesrepublik nach wie vor einen<br />
Platz in der Gruppe der führenden Länder ein. Im<br />
Vergleich zu Japan vor allem hat sie gleichwohl an<br />
Terrain verloren; insbesondere in einigen Hochtechnologie-Bereichen,<br />
die auf mittlere und längere<br />
Sicht die größten Marktchancen haben, steht<br />
sie <strong>zur</strong>ück. Das mag zum Teil an Mängeln bei der<br />
Ausrichtung und der Organisation von Forschung<br />
und Entwicklung im Unternehmensbereich, zum<br />
Teil auch an Lücken in der anwendungsnahen<br />
Hochschullorschung liegen (JG 85 ZiIIer 312); vor<br />
allem aber hat die staatliche Forschungsförderung<br />
nicht die von manchen erwarteten Impulse geben<br />
können, im Gegenteil, wachstumspolitisch gesehen<br />
ist sie, so wie sie noch immer angelegt ist,<br />
manchmal sogar eher kontraproduktiv (Ziffern 262<br />
und 417). Auch an vielen anderen Stellen der ordnungspolilischen<br />
Rahmenbedingungen finden<br />
sich weiterhin Hemmnisse, die den wachstumsnotwendigen<br />
Slrukturwandel behindern. Sie zu beseitigen,<br />
ist die zentrale Aufgabe einer Wirtschaftspolitik,<br />
die aul mehr Wachstum und mehr<br />
Beschäftigung ziel!.<br />
Der tertiäre Sektor expandiert nicht so schnell, wie<br />
es notwendig wäre, um die Arbeitsplatzveduste in<br />
Landwirtschalt, Bergbau, Industrie und Baugewerbe<br />
wettzumachen und die darüber hinaus benötigten<br />
zusätzlichen Arbeitsplätze zu schaffen.<br />
Zwar hat dieser Sektor auch in der Bundesrepublik<br />
seinen Anteil an der gesarntwirtschaltlichen Wertschöpfung<br />
und an der Gesarntbeschälligung gesteigert;<br />
angesichts seiner großen Wachstumschancen<br />
und des großen Potentials an Arbeitsplätzen,<br />
das er bieten könnte, sind die Anteilsgewinne<br />
jedoch eher mäßig zu nennen. Fragt man nach den<br />
Gründen dafür, so stößt man, jedenfalls zum größ-<br />
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