Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />
fangen werden können. Hier liegt eine wesentliche<br />
Ursache dafür, daß sich die Exporte wiederum<br />
schwach entwickeln werden und daß die Importnachfrage<br />
trotz der Wachstumsabschwächung immer noch<br />
hoch bleiben wird. Die Verbraucherpreise werden im<br />
Jahresdurchschnitt mit einer Rate von über 4 V2 vH<br />
ansteigen, und eine weitere Inflationsbeschleunigung<br />
ist angelegt.<br />
In italien wird die gesamtwirtschaltliche Wachstumsrate<br />
von knapp 3 vH auf etwa 2 vH sinken. Damit werden<br />
sich 19<strong>88</strong> in Produktion und BeschäIligung deutlich<br />
die negativen Nachfragewirkungen niederschlagen,<br />
die aus der Mitte <strong>1987</strong> eingeleiteten ~ freilich<br />
längst üherfälligen - Haushaltskonsolidierung und<br />
den Außenhandelsproblemen resultieren. Gleichwohl<br />
wird der Preisauftrieb auf 5V2 vH zunehmen, und die<br />
ohnehin schon hohe Arbeitslosigkeit wird weiter stei~<br />
gen.<br />
Frankreich, das nach der Bundesrepublik mit last<br />
18 vH den höchsten Anteil am Bruttoinlandsprodukt<br />
Europas aufweist, wird seine Produktionsleistung wie<br />
im aktuellen Jahr um knapp 111:2 vH steigern. Dabei<br />
kommt es im Verlauf von 19<strong>88</strong> zu einer leichten<br />
Wachstumsbeschleunigung. Zwar wird die Politik der<br />
Haushaltskonsolidierung im nächsten Jahr fortgesetzt,<br />
aber die Verbesserung der Rahmenbedingungen<br />
während der letzten Jahre wird die private Investitionstätigkeit<br />
stabil halten. Die Ausfuhr von Waren<br />
und Dienstleistungen wird - nach dem schwachen<br />
Jahr <strong>1987</strong> - wieder leicht zunehmen. Der Verbraucherpreisanstieg<br />
wird sich nur beschleunigen, falls es<br />
zu einer deutlichen Abwertung des Französischen<br />
Franc im Europäischen Währungssystem kommen<br />
sollte.<br />
IV. Die Entwicklung der Binnenkonjunktur im<br />
Jahre 19<strong>88</strong><br />
206. Die jüngsten Entwicklungen an den internationalen<br />
Finanzmärkten zwingen uns, die bisherigen Erwartungen<br />
für das kommende Jahr etwas <strong>zur</strong>ückzunehmen,<br />
aber sie geben uns keinen Anlaß, unser Gesamturteil<br />
zu korrigieren. Wir bleiben dabei: Die Aussichten,<br />
daß sich die deutsche Wirtschaft auch im<br />
sechsten Jahr auf einem, wenngleich flachen Expansionspfad<br />
bewegen wird, sind - trotz Börsenkrach<br />
und Dollarkursverfall - gut. Wir sehen weiterhin<br />
Auftriebskräfte im Inland, beim privaten Verbrauch<br />
sowie mit Einschränkungen bei den Investitionen,<br />
und wir rechnen mit einem steigenden Export. Die<br />
Basis für die Aufwärtsentwicklung wird also wieder<br />
etwas breiter; Binnennachfrage und Exportnachfrage<br />
stützen sich wechselseitig. Die Preise dürften zwar<br />
etwas rascher steigen als in diesem Jahr, die Gefahr,<br />
daß die Inflation schon 19<strong>88</strong> wieder aufflackern<br />
könnte, halten wir aber für gering. Die Lage auf dem<br />
Arheitsmarkt, und dies trübt das Bild, wird weiter<br />
unbefriedigend bleiben. Die Anzahl der Beschältigten<br />
wird nur noch wenig zunehmen, die Arbeitslosigkeit<br />
wird, wie schon in diesem Jahr, leicht steigen.<br />
207. Dreh- und Angelpunkt der Prognose ist in diesem<br />
Jahr, wie man unter den veränderten außenwirtschaftlichen<br />
Bedingungen die Absatzchancen deutscher<br />
Unternehmen auf den internationalen Märkten<br />
einschätzt. Wir meinen, daß es gute Gründe gibt tür<br />
eine zuversichtliche Bewertung. Der Export hat sich<br />
als erstaunlich rohust gegenüher den starken Wechselkursveränderungen<br />
erwiesen; die Schwächephase,<br />
die der Kursverfall des Dollar im Verlauf des Jahres<br />
1986 verursacht hatte, wurde überraschehd schnell<br />
und gut überwunden. Die Mehrzahl der im Export<br />
tätigen Unternehmen vennochte allch noch bei einem<br />
deutlich niedrigeren Dollarkurs dem wachsenden<br />
Druck der ausländischen Konkurrenz standzuhalten,<br />
wenngleich es verschiedentlich zu Einbußen gekommen<br />
ist, bei den verkauften Mengen ubd noch mehr<br />
bei den erzielten Preisen. Ausschlaggebend war, daß<br />
man erneut die besonderen Stärken <strong>zur</strong> Geltung bringen<br />
konnte, die den deutschen Export auszeichnen <br />
das qualitativ hochwertige Gütersortiment, die große<br />
Ueferpünktlichkeit, der zuverlässige Kundendienst<br />
und schließlich eine geschickte Spezialisierung auf<br />
Marktsegmente, in denen ausländische Anbieter vergleichsweise<br />
schwach vertreten sind.<br />
Umfragen bei den im Exportgeschäft tätigen Unternehmen,<br />
wie die Erhebung des Deutschen Industrieund<br />
Handelstages, die im Spätsommer <strong>1987</strong>, also noch<br />
vor dem Börsenkrach und dem neuerlichen Dollarkursverfall,<br />
durchgeführt wurde, mögen heute revisionsbedürftig<br />
sein. Dennoch sind sie bemerkenswert.<br />
Aus ihnen spricht ein erstaunliches Maß an Vertrauen<br />
in die eigene Leistungskraft. Das drückte sich unter<br />
anderem darin aus, daß man die Erwartungen, die<br />
man für sich selbst hatte, über die der Branche stellte.<br />
Die meisten Unternehmen rechneten deshalb bis vor<br />
kurzem mit einem Fortgang des wieder deutlich verbesserten<br />
Exportgeschäfts.<br />
208. Einen ersten Anhaltspunkt, wie die Exportaussichten<br />
deutscher Unternehmen derzeit einzuschätzen<br />
sind, gibt die Rate, mit der die Auslandsmärkte<br />
aller Voraussicht nach im nächsten Jahr expandieren<br />
werden. Nach den Prognosen verschiedener internationaler<br />
Organisationen, die den Börsenkrach und<br />
seine vennutlichen Folgen teilweise bereits berücksichtigen,<br />
läßt sich diese Rate für den Verlauf des Jahres<br />
19<strong>88</strong> auf 3V2 vH veranschlagen. Es gibt also von<br />
daher keinerlei Grund <strong>zur</strong> Skepsis. Dennoch wäre es<br />
vennessen, davon auszugehen, die Unternehmen<br />
könnten auch die neuen Belastungen ohne weiteres<br />
verkraften. Für viele dürfte beim augenblicklichen<br />
Dollarkurs die "Schmerzgrenze" unterschritten sein.<br />
Denn bislang sind vennutlich noch Absatzmärkte gehalten<br />
worden, auf denen nichts mehr zu verdienen<br />
war oder auf denen man sogar Geld zusetzte. Unternehmen<br />
werden sich also aus hart umkämpften<br />
Märkten <strong>zur</strong>ückziehen, und sei es nur vorübergehend.<br />
Dies läßt el"W'arten, daß sich im kommenden<br />
Jahr die Absatzchancen deutscher Unternehmen<br />
nicht im gleichen Maße verbessern werden, wie die<br />
Importe der Abnehmerländer wachsen. Wir haben<br />
dem Rechnung getragen und beiunserer Exportschätzung<br />
einen deutlichen Abschlag für mögliche Marktanteilsverluste<br />
gemacht. Für das gesamte Exportvolumen<br />
(Waren und Dienste) rechnen wir daher nur mit<br />
einer Zuwachsrate von 2 vH im Verlauf und von reichlich<br />
2112 vH ün Durchschnitt des Jahres 19<strong>88</strong> (Tabelle<br />
24).<br />
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