Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />
Beispiele für das, was zu tun ist<br />
259. Dreh- und Angelpunkt einer Wirtschaftspolitik,<br />
die auf Wachstum zielt, ist der dynamische Wetthewerb<br />
(JG 85 Ziftern 308f!.). DynamischerWetthewerh<br />
entfaltet sich, wo Märkte offen gehalten und wo<br />
Marktzugangsbarrieren soweit beseitigt werden, wie<br />
immer dies möglich ist, ohne ein übergeordnetes Ziel,<br />
den Schutz von Menschen und Natur etwa, zu gefährden.<br />
Mit der Marktöftnung für inländische Wettbewerber<br />
werden vielfach zugleich Zugangsschranken<br />
für ausländische Anbieter beseitigt.<br />
Marktöftnung steigert die Produktivität. Wo hisher<br />
geschützte Märkte geöffnet werden, zwingt der sich<br />
verschärfende Wetthewerb die Anhieter, ihr Produktangebot<br />
zu verbessern und alles zu tun, um im Preisund<br />
Kostenwettbewerb mithalten zu können. Wem<br />
dies nicht gelingt, der muß ausscheiden. Der Fortfall<br />
umentahler Arbeitsplätze ist jedoch nur die eine Seite<br />
der Beschäftigungswirkungen. Auf der anderen Seite<br />
steht die Mehrbeschältigung aus erweiterten Produktionschancen.<br />
Man darf ja nicht aus dem Blick verlieren,<br />
daß die Erhaltung unrentabler Produktion und<br />
Beschäftigung die Steuerzahler oder die Käufer der<br />
betreffenden Produkte Einkommen kostet: mit dem<br />
Wegfall des Schutzes entfallen diese Kosten, und es<br />
wird Kaufkraft frei. Wichtiger aus wachstumspolitischer<br />
Sicht ist der dynamische Aspekt: Neuerungsaktivitäten<br />
und Investitionen werden verstärkt auf zukunftsträchtige<br />
Produktionen ausgerichtet, auf Produktionen<br />
also, die vom erwarteten Ertrag her die<br />
Kosten und die Risiken lohnen. Selbst wenn die Saldierung<br />
der Beschältigungseinhußen gegen die<br />
Mehrheschäftigung auf kurze Sicht keinen Gewinn<br />
an Arbeitsplätzen erbringt, ist doch auf mittlere Sicht<br />
ein solcher Gewinn nicht zu bezweifeln.<br />
Wie rasch eine Öffnung bisher versperrter Märkte zu<br />
einer Mehrheschältigung führt, hängt nicht zuletzt<br />
von der Beweglichkeit des Arbeitsmarktes ab. Die<br />
neuen Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen ja im<br />
allgemeinen nicht da, wo die alten wegfallen. Viele<br />
Arbeitnehmer müssennichtnur den Arbeitsplatz, sondern<br />
auch die Tätigkeit wechseln. Das erfordert Mohilität<br />
und die Bereitschaft, umzulernen, sichneues Wissen<br />
anzueignen, neue Fertigkeiten auszubilden, und<br />
dazu bedarf es hinreichender ",irlschaltlicher Anreize.<br />
Anpassungsbereitschaft muß sich beim Einkommen<br />
auszahlen.<br />
260. Die Politik der Marktöflnung, der Abhau üherflüssiger<br />
Regulierungen und anderer Hindernisse gegen<br />
die Entfaltung des Wetthewerhs, erlüllt eine beständig<br />
wahrzunehmende ordnungspolitische Aulgabe.<br />
Wie eine solche Politik der Marktöllnung unter<br />
dem ordnungspolitischen Leithild des dynamischen<br />
Wettbewerhs zu gestalten ist, hat der Sachverständigemat<br />
im <strong>Jahresgutachten</strong> 1985/86 (Ziffern 308fl.)<br />
dargelegt. Dort sind für die Telekommunikation, den<br />
Straßengüterverkehr, den Stahlhereich und das Gesundheitswesen<br />
die Grundlinien für eine Politik der<br />
Marktöffnung in diesen Bereichen aufgezeigt worden.<br />
Im gleichen Zusammenhang hat der Rat auch die ordnungspolitischen<br />
Aspekte der Innovationspolitik erläutert.<br />
Die Innovationspolitik kann dazu beitragen,<br />
neue Märkte zu erschließen. In diesem Sinne läßt sie<br />
sich ebenfalls als eine Politik der Marktöftnung hegreifen.<br />
Die Öffnung des Marktes für die Telekommunikation<br />
steht bevor. Eine wetthewerhslreundliche Regelung<br />
dieses wachstumsträchtigen Wirtschaftsb8\"eichs wird<br />
der gesamten Wirtschaft kräftige Impulse geben. Wir<br />
sehen in der Zulassung von Randwettbewerb gegenüher<br />
dem Netzmonopol, das der neuen öllentlichen<br />
Unternehmung TELEKOM übertragen werden soll,<br />
ferner im freien Wettbewerb der Telekommunikationsdienste<br />
untereinander ~d auch mit dem Telefon,<br />
eine ordnungspolitisch insgesamt befriedigende Lösung,<br />
nicht zuletzt jedoch im Vertrauen darauf, daß<br />
die technische Entwicklung das weitere Vordringen<br />
des Wettbewerbs begünstigen wird. Für besonders,<br />
vordringlich halten wir es, daß das Unternehmen<br />
TELEKOM voll in den marklwirlschaftlichen Bereich<br />
integriert wird, daß es wie andere Unternehmen hesteuert<br />
wird und daß der Wettbewerb der Telekommunikationsdienste<br />
die Preise und Kosten im Kontakt<br />
miteinander hält (Ziffern 403ft.).<br />
Die Politik der Marktöllnung verlangt auch die Revision<br />
der starren Ladenöffnungszeiten, die die Handlungsfähigkeit<br />
des Einzelhandels und das Einkaufsverhalten<br />
der Verbraucher unnötig einschränken.<br />
Von der Freigabe der Ladenschlußzeiten können<br />
Wachstumsimpulse ausgehen, aber nicht deswegen<br />
alleine treten wir dafür ein. Es geht um eine effizientere<br />
Allokation der Zeit, der Angebotszeit des Einzelhandels<br />
und der Freizeit der Kunden. Denn Einkaufen<br />
ist eine Tätigkeit, die Freizeit kostet, die aber auch<br />
Freizeitvergnügen bedeuten kann, wenn man ohne<br />
starre Zeitvorgahen einkaufen kann (Zillern 41111.).<br />
Auch eine Subvention kann unter bestimmten Umständen<br />
der Marktöffnung dienen, wenn sie den Zutritt<br />
zu einem sonst nicht erreichbaren Markt für eine<br />
gewisse Zeitlang fördert. Gleitetsie jedoch <strong>zur</strong>Dauersubvention<br />
ab, dann verfehlt sie diesen Zweck. Diese<br />
Frage stellt sich heute beim Airhus-Projekt. Der Zugang<br />
zum amerikanischheherrschten Markt für Großraumflugzeuge<br />
scheint den europäischen Herstellern<br />
in gemeinsamer Anstrengung wohl gelungen zu sein.<br />
Aber die in Deutschland dafür fließenden Suhventionen<br />
sind ein zu hoher Preis. Nicht anders als alle Pro·<br />
duzenten müssen auch die Hersteller von Großraumflugzeugen<br />
ihre Kosten auf die Dauer im Wettbewerb<br />
einspielen. Dauersubventionen für den Marktzu·<br />
qang? Das kann nicht der Sinn der Sache sein (Ziffern<br />
415fl.).<br />
261. Eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik<br />
ist mit Protektionismus nicht verträglich. Protektionismus<br />
leistet einer Verweigerung der Anpassung an<br />
den Strukturwandel Vorschuh und vereitelt somit<br />
Wachstum. Protektionismus bringt auch im internationalen<br />
Verteilungskampf keinen wirklichen Vorteil,<br />
schon garkeinen Vorteil auf Dauer. Letztlich verlieren<br />
alle Länder, weil dieinternationale Arheitsteilung eingeengt<br />
wird. Im Inland müssen zudem die Exporteure<br />
regelmäßig für die lmportheschränkung zahlen, weil<br />
die von der Protektion betroffenen Ueferländer ihre<br />
Nachfrage nach den Produkten der heimischen Exportzweige<br />
kürzen oder weniger steigern, sei es im<br />
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