Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />
tigung des Ungleichgewichts im internationalen<br />
Leistungsbilanzgefüge ohne größere amerikanisehe<br />
Anpassungslasten möglich ist und auch vorzusehen<br />
sei. Die Drohung, den Dollarkurs weiter<br />
fallen zu "lassen", hat an Gefährlichkeit eingebüßt.<br />
Es ist sogar denkbar geworden, auf amerikanische<br />
Forderungen nach expansiver, stabilitätsgefährdender<br />
Politik mit dem Argument zu reagieren,<br />
daß ein Durchsackenlassen des Dollarkurses<br />
auf ein - wohl kaum viel niedrigeres - Niveau,<br />
von dem ab es im Trend nur noch zu einem<br />
Anstieg kommen könne, tür die deutsche Wirtschaft<br />
eher erträglich sei als die ständige Unsicherheit<br />
über die weitere Wechseikulsentwicklung<br />
und eine Wiederkehr der Inflation. Dieses<br />
Argument hat auch deshalb an Gewicht gewonnen,<br />
weil die Wahrscheinlichkeit dafür, daß Währungsspekulationen<br />
politisch induziert werden,<br />
aus zwei Gründen geringer geworden ist. Einmal<br />
ist erkannt worden, daß mit Hilfe eines weiteren<br />
Falls des Dollarkurses das weltwirtschaftliche Ungleichgewicht<br />
nicht wirklich vermindert werden<br />
kann. Wenn die deutsche Volkswirtschaft wechselkursbedingt<br />
langsamer wächst, schwächt das<br />
- wie oben bereits dargelegt - die Nachfrage<br />
nach amerikanischen Produkten und verlangsamt<br />
das weltwirtschaftliche Wachstum, von dem die<br />
Lösung der Verschuldungskrise zahlreicher Entwicklungsländer<br />
nicht unerheblich abhängt. Der<br />
Kern des Problems liegt vielmehr in den Vereinigten<br />
Staaten selbst, die ihr hohes Budgetdefizit bisher<br />
nicht haben abbauen können. Zum anderen<br />
führt ein Fall des Dollarkurses in den Vereinigten<br />
Staaten zu höheren Importpreisen und wirkt dadurch<br />
dort inflationsverstärkend. Gegenmaßnahmen<br />
der amerikanischen Notenbank belasten den<br />
Aufschwung und stärken die Furcht vor einer Rezession.<br />
(c) Amerikanischen Forderungen <strong>zur</strong> Belebung der<br />
gesamtwirlschaftlichen Nachfrage in der Bundesrepublik<br />
durch expansive Geldpolitik kann zudem<br />
entgegengehalten werden, daß die Bundesbank<br />
bereits früh auf Expansionskurs gegangen ist. Der<br />
Diskontsatz liegt derzeit auf dem historisch niedrigsten<br />
Niveau (mit der Ausnahme weniger Monate,<br />
in denen er um einen viertel Prozentpunkt<br />
niedriger lag); die Bundesbank hat die Zinssätze<br />
zu Beginn dieses Jahres gesenkt und erst Ende<br />
September/Anfang Oktober um einen viertel Prozentpunkt<br />
angehoben, als die Kapitalmarktzinsen<br />
bereits auf ein deutlich höheres Niveau geklettert<br />
waren. Seitdem sind sie wieder gesunken. Würde<br />
die Bundesbank derzeit ihre Zinssätze <strong>zur</strong>ücknehmen,<br />
könnte sie damit niedrigere Kapitalmarktzinsen<br />
schwerlich herbeiführen. Deren Entwicklung<br />
hängt vielmehr entscheidend von den Trends<br />
auf den globalisierten Kapitalmärkten und von<br />
den Inflationserwartungen der Kapitalanleger<br />
ab.<br />
(d) Es wäre verfehlt, die mögliche Gefahr eines weiteren<br />
Rückgangs des realen Wechselkurses bereits<br />
für Realität zu nehmen und ihr das entscheidende<br />
Gewicht bei der Planung des geldpolitischen<br />
Kurses für das Jahr 19<strong>88</strong> zu geben. Bundes-<br />
bank und Bundesregierung können durch ihren<br />
Einfluß auf Notenbanken und Regierungen befreundeter<br />
Staaten dieser Gefahr schon im Vorfeld<br />
entgegentreten. Internationale Kooperation ist geboten,<br />
die Konfrontation verläßlich ausschließt.<br />
Dabei geht es nicht allein um eine internationale<br />
Abstimmung der Wirtschaftspolitik' zum Abbau<br />
des Ungleichgewichts im weltweiten Leistungsbilanzgefüge,<br />
bei der unzUffi\jtbare Anpassungslasten<br />
infolge einer starken realen Abwertung der<br />
D-Mark von der Bundesrepublik ferngehalten<br />
werden. Es geht auch darum, die inzwischen stark<br />
gestiegene Unsicherheit von de"'n Wirtschaftsteilnehmem<br />
zu nehmen, die in heftig schwankenden<br />
Wechselkursen und Aktienkursen erkennbar<br />
wird. Für die Geldpolitik wird es in diesem Zusammenhang<br />
darauf ankommen, daß sie ihre Orientierungsaufgabe<br />
wieder besser erfüllt. Es wird somit<br />
eine Konzeption gesucht, nach der die nationale<br />
Geldpolitik in internationaler Abstimmung<br />
mit dem Ziel geführt werden soll, den in der Wirtschaft<br />
Handelnden wieder stabilere Entscheidungsgrundlagen<br />
zu verschaffen.<br />
Geldpolitische Orientierungsaufgabe'bei<br />
internationaler Kooperation<br />
329. Unsicherheit belastet wirtschaftliche Entscheidungen,<br />
die auf die Zukunft gerichtet sind. Es gehört<br />
deshalb zu den vorrangigen Aufgaben der Wirtschaftspolitik,<br />
für stabile Erwartungen zu sorgen und<br />
nicht selbst Unsicherheit zu verbreiten. Dies gilt auch<br />
für die Geldpolilik. Lange Zeit erfüllte sie diese Aufgabe<br />
in zahlreichen Ländern mit der Ankündigung<br />
und Erreichung von stabilitätsgerechten Geldmengenzielen.<br />
Für die Geldwerterwartungen war damit<br />
eine feste Ausgangs- und Orientierungsgröße geschaffen<br />
worden.<br />
In den letzten Jahren ist diese relative Sicherheit verlorengegangen<br />
- mit noch nicht absehbaren negativen<br />
Folgen. Geldmengenziele werden vielfach nicht<br />
mehr eingehaften, sie sind teilweise unglaubwürdig<br />
geworden. Auf internationalen Konferenzen werden<br />
andere Aufgaben der Geldpolitik als die der Preisniveaustabilität<br />
betont, und dies in wechselhafter<br />
Weise; durch Interventionen auf den Devisenmärkten<br />
sollen die Wechselkurse auf jeweils anderem Niveau<br />
gestützt werden; die gesamtwirtschaftliche Nachfrage<br />
soll durch Zinssenkung angekurbelt werden.<br />
Dies und verwirrende Diskussionen über internationale<br />
Divergenzen in der makroökonomischen Politik<br />
haben die Geldpolitik vieler Länder zu diskretionären<br />
Maßnahmen gedrängt, die Richtungslosigkeit erkennen<br />
lassen. De facto ist fast überall eine bisher weitgehend<br />
regelorientierte Geldpolitik von einer eher situativen,<br />
kaum noch vorhersehbaren Politik abgelöst<br />
worden. Von stabilen Erwartungen der wirtschaftlich<br />
Handelnden kann insofern keine Rede mehr sein.<br />
Die inzwischen weltweit stark angewachsene Verunsicherung<br />
der in der Wirtschaft Tätigen ist zwar auch,<br />
vielleicht sogar in überwiegendem Maße der Finanzpolitik<br />
und der Außenhandelspolitik großer Länder,<br />
besonders der Vereinigten Staaten anzulasten, aber<br />
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