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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />

eine Rolle spielen, etwa <strong>zur</strong> Höherqualifikation und<br />

<strong>zur</strong> Umschulung, sollen nicht unerwähnt bleiben. Solche<br />

Kosten dienen der Steigerung der Verwendungs­<br />

/ähigkeit zu entlassender Arbeitnehmer. Sie /ördern<br />

selbst die Beweglichkeit am Arbeitsmarkt und haben<br />

nicht die ordnungspolitischen Bedenken wie überzogene<br />

Abfindungen gegen sich.<br />

401. Zusammenlassend ist /estzustellen:<br />

Bedenken gegen die heute noch geübte SozialpIanpraxis<br />

richten sich insbesondere gegen die Höhe der<br />

dabei anfallenden Kosten. Man kann sie nach nichtvermeidbaren<br />

und vermeidbaren Kosten unterscheiden.<br />

Zu den nichtvermeidbaren Kosten rechnen wir<br />

die Mobilitätskosten und die Kosten <strong>zur</strong>Regelung von<br />

Härte/ällen. Wie schon oben ausgeführt, steigert das<br />

Nachschießen dieser Kosten, wie es im Sozialplan der<br />

Fall ist, die Arbeitskosten nicht, wenn man davon ausgeht,<br />

daß sie im Lohn selbst nicht entgolten werden.<br />

Eine nachteilige Beschäftigungswirkung ist in diesem<br />

Fall nicht gegeben. Die vermeidbaren Kosten bezeichnen<br />

wir der Kürze halber als die Opportunitätskosten<br />

des Kündigungsprozesses. Andere "Drohkosten"<br />

wären noch hinzu<strong>zur</strong>echnen. Sie verteuern die<br />

Arbeit unnötigerweise und wirken beschäftigungsmindernd.<br />

Eine volkswirtschaftliche Berechtigung haben<br />

sie nicht.<br />

Als weitere Belastung der Unternehmen durch den<br />

Sozialplan sind die Erschwerung und das Hinauszögern<br />

von erforderlichen Umstellungen anzusehen. Bei<br />

einer Befragung von Unternehmen wurde besonders<br />

auch au/ die Dauer der Verhandlungen zum Abscbluß<br />

eines Sozialplanes hingewiesen. Die lange Abwicklungsfrist,<br />

zumal wenn der Spruch einer Einigungsstelle<br />

hinzukommt, verzögert erforderliche Anpassungen<br />

und vermindert die betriebliche Rexibilität, wodurch<br />

eben auch nicht betroffene Betriebsteile beeinträchtigt<br />

werden.<br />

Das Sozialplanrecht behandelt alle Unternehmen, als<br />

seien sie potente Großunternehmen, von denen ja der<br />

Sozialplan als freiwillige soziale Leistung ins Leben<br />

gerufen worden ist. Mittlere und kleinere Unternehmen<br />

werden durch das Sozialplanrisiko wegen geringerer<br />

Ausweichmöglichkeiten harter betroUen. Insofern<br />

liegt eine Wettbewerbsverzerrung vor.<br />

Die Arbeitnehmer in Kleinbetrieben und die Arbeitnehmer,<br />

die nicht im Rahmen eines Sozialplans abgefunden<br />

werden, sind im Entlassungs/all schlechter gestellt.<br />

Darin liegt eine Ungleichbehandlung. Insofern<br />

schafft der Sozialplan soziafe Ungerechtigkeit.<br />

Die beschäftigungsmindernde und die Mobilität hemmende<br />

Wirkung des Sozialplans zeigt sich besonders<br />

bei seiner Anwendung im Sanierungs- oder Konkursfall.<br />

Er verhindert die übernahme und Fortführung<br />

eines Betriebs au/ niedrigem Beschäftigungsniveau.<br />

Insbesondere ausländische Unternehmen schrecken<br />

vor der übernahme angesichts bestehender Sozialplanrisiken<br />

oder absehbarer SozialpIanverpflichtungen<br />

<strong>zur</strong>ück.<br />

Das Sozialplanrecht sollte einer ordnungspolitisch geleiteten<br />

Revision unterzogen werden. Manche Mängel<br />

erscheinen behebbar. Andere Mängel, wie die<br />

Wettbewerbsverzerrung zwischen Unternehmen verschiedener<br />

Größe, sind strukturell bedingt; ihre Wirkung<br />

ließe sich jedoch abmildern.<br />

VI. Marktöffnung und Wettbewerb fJjr mehr<br />

Wachstum<br />

402. Vorrang für die Wachstunispolitik - das bedeutet<br />

vor allem, dem dynamischen Wettbewerb die<br />

Bahn ebnen. "Abzubauen J<br />

was ihm an unnötigen<br />

Hemmnissen im Wege steht, ist eine vordringliche<br />

Au/gabe der Wirtschaftspolitik. Eine Politik der<br />

Marktöffnung muB an den überkommenen Wust von<br />

Wettbewerbshemmnissen auf regulierten Märkten<br />

Hand anlegen und für eine wettbewerbsorientierte<br />

neue Regelung sorgen, soweit dies nötig erscheine"<br />

(JG 85 Ziffer 196). Auf dieses Erfordernis hat der<br />

Sachverständigenrat wiederholt hingewiesen und dabei<br />

aus/ührlich begründet, wie nachdrücklich die<br />

Wachstumskrälte in der Wirtschaft gestärkt werden,<br />

wenn sich individuelles Handeln au/ Märkten mit<br />

freiem Zugang unter wettbewerbsgerechten und ver­<br />

Iälllichen Rahmenbedingungen entfalten kann (JG 85<br />

Ziffern 308/1.; JG 86 7il/ern 209fl.). Dann wird der<br />

Prozeß des Suchens und Entdeckens von Möglichkeiten<br />

verstärkt, die Wünsche der Menschen besser und<br />

kostengimstiger zu erfüllen. Der wirtschaltliche Lohn<br />

der erfolgreichen Suchanstrengung ist für den einzelnen<br />

ein höheres Einkommen, für alle eine Steigerung<br />

ihrer Wohlfahrt. Marktöflnung und Wettbewerb bringen<br />

quantitatives und qualitatives Wachstum hervor;<br />

diese grundsätzlich wichtige Erkenntnis muß hier<br />

nicht noch einmal in allen Einzelheiten begründet<br />

werden. Doch es erscheint dringend geboten, sie ins<br />

Gedächtnis zu rufen, denn au/ wichtigen Feldern der<br />

Politik müssen Entscheidungen getroUen oder korrigiert<br />

werden, wo sich bisher dynamischer Wettbewerb<br />

nicht als Leitbild durchsetzen konnte:<br />

Bei der Neuordnung des Fernmeldewesens kommt<br />

es insbesondere darauf an, TELEKOM als neues<br />

Unternehmen in die Wettbewerbswirtschaft zu integrieren:<br />

Das TELEKOM übertragene Monopol<br />

für Netz und Tele/on muß unabdingbar Randwettbewerb<br />

zulassen. Die Auftragsvergabe muß nach<br />

Wettbewerbsgrundsätzen erfolgen. Die Gebühren<br />

von TELEKOM müssen nach den Bedingungen<br />

des Marktes gestaltet und in Kontakt mit den Kosten<br />

gehaltenwerden; eine FestlegungderGebührenordnung<br />

unter Ausnutzung von Monopolmacht<br />

und eine Ablie/erungspflicht der Gewinne zugunsten<br />

anderer Postaktivitäten widerspricht dem<br />

Leitbild des dynamischen Wettbewerbs.<br />

Bei der Neuregelung von Ladenöffnungszeiten<br />

gehtesinsbesondere darum, die Wünsche der Verbraucher,<br />

in ihrer Freizeit bessere Einkaufsmöglichkeiten<br />

zu erhalten und die Wünsche von Einzelhändlern,<br />

darauf eingehen zu dürfen, dadurch<br />

ihr Einkommen zu sichern oder zu erhöhen, sowie<br />

die Wünsche von Arbeitnehmern, die aus persönlichen<br />

Gründen zu atypischen Zeiten arbeiten wollen<br />

(zum Beispiel einen Teilzeitarbeitsplatz für die<br />

Abendstunden suchen), besser als bisher zu erfüllen.<br />

Mit der überalisierung der Ladenschlußrege-<br />

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