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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. WaWperiode<br />

mit Blick auf die Aufgabe, Beschäftigung in bedrängten<br />

Wirtschaftsbereichen rentabel zu halten und mehr<br />

Beschäftigung in Bereichen mit guten Wachstumschancen<br />

rentabel zu machen, kein Saldo zu ziehen,<br />

der voll befriedigt:<br />

Die Verlängerung der Tariflaufzeiten in wichtigen<br />

Bereichen hat zweifellos den Vorteil, daB die Unternehmen<br />

dort bei den Löhnen auf mehrere Jahre<br />

hinaus kalkulieren können. Für knapp ein Drittel<br />

der Arbeitnehmer sind die Lohnsteigerungen im<br />

kommenden Jahr und für einen nicht viel kleineren<br />

Teil auch im übernächsten Jahr bereits beschlossen.<br />

Die UngewiBheit, die jährliche Tarilverhandlungen<br />

mit sich bringen, ist insoweit vermindert.<br />

Es bleibt jedoch die UngewiBheit, ob das, was<br />

an Kostensteigerung für die nächsten heiden Jahre<br />

vereinbart wurde, <strong>zur</strong> Verschärfung des Wettbewerbs<br />

von außen paßt, dem gerade die in Rede<br />

stehenden Bereiche in besonderem Maße ausgesetzt<br />

sind.<br />

Die tarilvertraglichen Regelungen <strong>zur</strong> Teilzeitarbeit<br />

haben <strong>zur</strong> Klärung dieses Arbeitsverhältnisses<br />

und auch <strong>zur</strong> Absicherung der an Teilzeitarbeit<br />

interessierten Arbeitnehmer beigetragen. Die Vorbehalte<br />

der gewerkschaltlichen Seite gegenüber<br />

einer Reihe von Fonnen der Teilzeitarbeit werden<br />

dadurch abgebaut, so daB mehr Arbeitsplätze auch<br />

dort angeboten und besetzt werden können, wo<br />

sich eine Vollzeitbeschäftigung nicht lohnt. Inwieweit<br />

eine solche Teilzeitbeschäftigung eine bisher<br />

unterhalb der Sozialversicherungspflichtgrenze<br />

ausgeübte Beschäftigung ablöst, ist allerdings eine<br />

offene Frage.<br />

Was die Vereinbarungen <strong>zur</strong>weiteren Verkürzung<br />

der Arbeitszeit betrifft, so ist im Blick zu behalten,<br />

daß diese nicht einfach deshalb zu einer entsprechend<br />

höheren Beschäftigtenzahl führt, weil Arbeit,<br />

die bei kürzerer Arbeitszeit unerledigt bleibt,<br />

von zusätzlich Eingestellten übernommen wird.<br />

Wieviel Arbeit es gibt, ist gerade bei scharfem internationalen<br />

Wettbewerb mit davon abhängig,<br />

was die Arbeit kostet. Das Argument, daß Arbeitszeitverkürzungen<br />

einen zusätzlichen Produktivitätszuwachs<br />

bewirken, der die Kostenbelastung<br />

mindert, vermag um so eher zu überzeugen, je<br />

mehr die damit verbundenen Möglichkeiten zu<br />

Flexibilität der Arbeitszeit genutzt werden. Allerdings<br />

schlagen Fixkosten für den Arbeitsplatz bei<br />

immer kürzerer Arbeitszeit immer stärker zu Buche,<br />

insbesondere dann, wenn der Spielraum eng<br />

gehalten wird, den betrieblichen Arbeitsablauf<br />

entsprechend umzuorganisieren.<br />

Zu konstatieren bleibt, daß das, was von den diesjährigen<br />

Tarifahschlüssen im laufenden Jahr kostenwirksam<br />

wurde, deutlich mehr war, als vom Zuwachs der<br />

Arbeitsproduktivität gedecktwurde, und daß nicht für<br />

gewährleistet genommen werden kann, daß Lohnerhöhungen<br />

und Produktivitätsanstieg im Jahre 19<strong>88</strong><br />

und darüber hinaus hesser miteinander in Einklang<br />

stehen.<br />

70*. Die Tarifparteien ·haben es in der Hand, das<br />

dort, wo 19<strong>88</strong> neue Verhandlungen anstehen, sicherer<br />

zu machen. Vereinbarungen, die sich <strong>zur</strong> Richtschnur<br />

nehmen, keinen weiteren Anstieg der Lohnstückkosten<br />

zu bewirken, die also die nominalen Lohnerhöhungen<br />

allein am erwarteten Zuwachs der Arbeitsproduktivität<br />

ausrichten, verbessern die Beschäftigungscbancen<br />

auf doppelte Weise - unmittelbar, indem<br />

sie die Arbeit, den wichtigstel\ Kostenfaktor in<br />

der Volkswirtschaft, nicht weiter verteuern, und mittelbar,<br />

indem sie es der Bundesbank leichter machen,<br />

einen Kurs zu steuern, der die erreichte Stabilität des<br />

Geldwertes möglichst ungeschmäfert häft und zugleich<br />

einem anhalteI!d kräftigen Wirtschaftswachstum<br />

Raum gibt.<br />

Dabei empfiehlt es sich, wie die Erfahrung in diesem<br />

Jahr einmal mehr gezeigt hat, die Erwartungen bezüglich<br />

des Produktivitätszuwachses vorsichtig anzusetzen.<br />

Das Produktionsergebnis je geleistete Arbeitsstunde,<br />

das <strong>1987</strong> mit knapp 2 vH nur wenig zugenommen<br />

hat, dürfte 19<strong>88</strong> zwar wieder etwas mehr steigen,<br />

um wieviel mehr wird freilich nicht nur von der Stärke<br />

der konjunkturellen Auftriebskräfte, sondern auch<br />

davon abhängen, in welchem Maße die Unternehmen<br />

ihren Personalbestand an die Produktion anpassen,<br />

und beides ist nicht unabhängig davon, wie sich die<br />

Lohnstückkosten entwickeln.<br />

71*. Angesichts der anhaltenden Unterschiede in<br />

d,en Beschäftigungschancen zwischen den einzelnen<br />

Wirtschaftszweigen und Regionen und der nicht minder<br />

groBen Unterschiede, die es beim Arbeitskräftebedarfbezüglich<br />

der Qualifikation gibt, kann das, was<br />

als gesamtwirtschaftlich vertretbare Lohnsteigerung<br />

erscheint, nicht überall in gleicher Weise als Maßstab<br />

gelten. Erneut ist deshalb auf die Notwendigkeit einer<br />

weiteren Lohndifferenzierung hinzuweisen. In sektoraler<br />

und regionaler Hinsicht sind Schritte in diese<br />

Richtung in den letzten Jahren zwar getan worden,<br />

aber bislang noch keine hinreichend großen. Daß der<br />

Markt die notwendige Differenzierung über die Spreizung<br />

der effektiv gezahlten Löhne und Gehäfter besorge,<br />

größere Unterschiede zwischen den tariflichen<br />

Arbeitsentgelten somit entbehrlich seien, kann kein<br />

durchschlagendes Argument sein, wenn die effektiven<br />

Löhne und Gehälter in Branchen und Regionen<br />

mit besonderen Beschäftigungsproblemen den Tarifentgelten<br />

entsprechen, diese aber zu den Arbeitsmarktbedingungen<br />

nicht passen. Das gleiche gilt im<br />

Hinblick auf die Dillerenzierung nach Qualilikation.<br />

Hier geht es nicht nur darum, den besonderen Problemen<br />

Rechnung zu tragen, die Arbeitskräfte ohne<br />

berulliche Ausbildung am Arbeitsmarkt haben; wichtig<br />

ist auch, Anreize <strong>zur</strong> Qualifikation und <strong>zur</strong> Weiterbildung<br />

nicht zu schwächen. Hier muB die Tarifpolitik<br />

mit der Arbeitsmarktpolitik Hand in Hand gehen.<br />

Für mehr Beweglichkeit auf den Arbeitsmärkten<br />

(Züfern 36811.)<br />

72*. Den Wettbewerb auf den Absatzmärkten erfolgreich<br />

zu bestehen, verlangt von den Anbietem<br />

den Einsatz moderner Technik, und deren Nutzung<br />

setzt mehr Beweglichkeit auf den Arbeitsmärkten voraus.<br />

In Aussicht stehen dafür mehr, bessere und sichere<br />

Arbeitsplätze. Auf diesem Wege zügiger voranzukommen,<br />

bedarf es zusätzlicher Anstrengungen <strong>zur</strong><br />

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