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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />

gewollten Gegenzug oder sei es wegen ihrer geringeren<br />

Devisenerlöse. Die negativen Folgen sind nicht<br />

deshalb kleinzuschreiben, weil es sich bei den derzeit<br />

praktizierten Einfuhrbeschränkungen zumeist um selektive<br />

Maßnahmen handel\. Je für sich mögen die<br />

Nachteile nicht schwerwiegend erscheinen, zusammen<br />

fallen sie jedoch durchaus ins Gewicht. Zudem<br />

handelt es sich vielfach um mengenmäßige Beschränkungen.<br />

Die Weltmarktpreise verlieren damit ihre<br />

Lenkungsfunktion. Abschottung gegen die Importkonkurrenz<br />

gibt zu all dem der J\..1arktmacht größeren<br />

Einfluß, denn mit dem Wettbewerb von außen lehlt es<br />

an einer wichtigen Kraft, die sie diszipliniert.<br />

262. Das Wachstum fördern heißt nicht nur die Bereitschaft,<br />

sondern auch die Fähigkeit zu Innovationen<br />

fördern. In ordnungspolitisch unbedenklicher<br />

Weise geschieht das, wenn nicht einzelne Wettbewerber<br />

bevorzugt, sondern allen gleiche Möglichkeiten<br />

eingeräumt werden, Neuerungen in Angriff zu nehmen<br />

und am Markt durchzusetzen. Eine wachstumsfreundliche<br />

Unternehmensbesteuerung hat dabei die<br />

größte Breitenwirkung (JG 85 Ziller 314).<br />

Es gibt freilich auch Innovationsfelder, die auf marktwirtschaftlichem<br />

Wege nicht zu erschließen sind, weil<br />

die Kosten und Risiken der Erschließung einzelne Unternehmen<br />

überfordern, auch wenn sie mit anderen<br />

kooperieren. Soweit die Erschließung im öffentlichen<br />

Interesse liegt, sind staatliche Hilfen in diesen Fällen<br />

vertretbar. Nicht alles, was an Innovationen in anderen<br />

Ländern vom Staat gefördert wird, muß jedoch<br />

schon deshalb auch in der Bundesrepublik mit staatlichem<br />

Geld gefördert werden. Solche Hilfen müssen<br />

vielmehr auf Ausnahmen beschränkt bleiben, die einer<br />

besonderen Begründung bedürfen. Das gilt auch,<br />

wenn es darum geht, jungen Unternehmen oder Wirtschaftszweigen<br />

zum Fußfassen auf internationalen<br />

Märkten zu verhelfen; denn das Risiko all solcher Hilfen<br />

besteht darin, daß die hegünstigten Unternehmen<br />

auf dem neuen Markt längere Zeit die Rentahilitätsschwelle<br />

nicht erreichen. Sie bleiben dann von staatlichen<br />

Subventionen abhängig, und was als Hilfe zum<br />

Marktzugang gedacht war, gerät <strong>zur</strong> Dauersubvention.<br />

Ein Beispiel für die Aktualität solcher Risiken liefert<br />

das Airbus-Projekt, das die Bundesregierung in Zusammenarbeit<br />

mit anderen europäischen Ländern finanziell<br />

mit hohen Beträgen fördert. Damit soll der<br />

europäischen Flugzeugindustrie der Zugang zu dem<br />

von wenigen amerikanischen Unternehmen beherrschten<br />

Weltmarkt für Großraumflugzeuge ermöglicht<br />

werden. Ob und wann die Airbus-Industrie die<br />

Rentabilitätsschwelle erreichen wird, ist in jüngster<br />

Zeit immer ungewisser geworden. Nicht zuletzt der<br />

niedrige Dollarkurs führt zu kräftigen Ertragseinbußen.<br />

Noch ist zudem die Gefahr nicht ausgeräumt, daß<br />

die amerikanische Regierung mit Verweis auf die<br />

Subventionierung Absatzbanieren für den Airbus in<br />

den Vereinigten Staaten errichten könnte. So droht<br />

der Airbus zu einem Projekt zu werden, bei dem sich<br />

Umfang und Dauer der Subventionierung immer<br />

mehr ausdehnen (Ziller 418).<br />

263. Besonders stark sind die Beharrungstendenzen,<br />

die den strukturellen Wandel erschweren und das<br />

Wachstum hemmen,.in den allindustriellen Problemgebieten,<br />

in denen sich die Beschälligungsprobleme<br />

konzentrieren. Daß hier so lange am Überkommenen<br />

festgehalten wurde, schadet nicht nur der Wirtschaft<br />

im ganzen; es hat letztlich auch den Menschen nicht<br />

geholfen, die in diesen Regionen leben. Wenn das<br />

Festhalten an nicht mehr wettbewerbslähigen Industrien<br />

<strong>zur</strong> Blockade von Boden und Arbeitskraft führt,<br />

wenn darüber hinaus die Produktion durch überzogene<br />

Rechtsvorschriften verteuert oder gar verhindert<br />

wird und wenn obendrein noch hohe Löhne die Attraktivität<br />

der Region für Investoren mindern, dann<br />

kann eine schnelle und kraftvolle ~meuerung kaum<br />

Platz greifen.<br />

Gewiß, als die Gesamtwirtschaft noch stärker wuchs,<br />

ist auch in den altindustriellen Gebieten manches geschehen:<br />

Im Ruhrgebiet etwa sind aus den Reparaturdiensten<br />

der Montanindustrie Unternehmen des<br />

Großanlagenbaus geworden, die sich große Auslandsmärkte<br />

erschlossen und neues technisches Wissen in<br />

die Region gebracht haben, gerade auch auf dem zukunftsträchtigen<br />

Gehiet des Umweltschutzes. Die<br />

Stahlindustrie hat ihre Produktpalelle neuen Markterfordemissen<br />

angepaßI. Der Staat hat vielfältige Maßnahmen<br />

<strong>zur</strong> Infrastrukturverbesserung ergriffen. Dies<br />

alles war jedoch bei weitem nicht genug. Im Ruhrgebiet<br />

wie auchin anderen altindustriellen Problemregionen<br />

ist ein Ausgleich der Arbeitsplatzverluste nicht<br />

in Sicht. Es mangelt an dynamischen Impulsen aus der<br />

Wirtschaft, es fehlt zum Teil auch an einer nach vorne<br />

gerichteten Strategie. Hinzu kommt die Gewöhnung<br />

an die starke Subventionierung der Problemindustrien.<br />

Auf solchem Boden können neue Wachstumskräfte<br />

nur schwer gedeihen. Die oft noch stark ausgeprägte<br />

Verwurzelung der zuständigen Entscheidungsträger<br />

in den alten Strukturen spielt dabei<br />

ebenso eine Rolle wie der Mangel an Entscheidungskompetenz<br />

und Handlungsautonomie der untergeordneten<br />

Gebietskörperschaften, zum Beispiel in der<br />

Steuergestaltung. Auch aus diesem Grund tritt der<br />

Sachverständigenrat schon seit langem für eine Reform<br />

des kommunalen Finanzsystems ein, die der regionalen<br />

Eigeninitiative mehr Raum gibt und eine<br />

stärkere Bindung zwischen kommunalen Entscheidungsträgern<br />

und örtlicher Wirtschalt bewirkt (JG 84<br />

Ziffern 399ft.); er erneuert seine Vorschläge dazu im<br />

vorliegenden Gutachten (Ziffern 29711.).<br />

264. Eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik<br />

schließt den Schutz der natürlichen Umwelt ein. Der<br />

Umweltschutz bindet einerseits Ressourcen, verursacht<br />

also Kosten; andererseits eröffnet er neue Produktionsmöglichkeiten<br />

für Güter, die unmittelbar<br />

dem Umweltschutz dienen oder umweltverträglicher<br />

sind. Ein Umweltschutz, der ökonomisch effizient<br />

durchgeführt wird, das heißt mehr Nutzen stiftet, als<br />

er kostet, kann in gleicher Weise wie die Einführung<br />

eines sonstigen neuen Produkts mehr Produktion und<br />

Beschäftigung anregen (JG 84 Ziffer 405). Entscheidend<br />

sind daher die Instrumente, mit denen die Umweltschutzpolitik<br />

ihre Ziele ansteuert. Wo immer es<br />

möglich ist, sollte marklwirlschaftlichen Steuerungsinstrumenten<br />

der Vorzug gegeben werden: Sie wirken<br />

nicht diskriminierend - unterscheiden beispielsweise<br />

nicht zwischen alten und neuen Anlagen -,<br />

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