19.06.2014 Aufrufe

Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />

beruflichen Qualifikation, weitergehender Ausschöpfung<br />

der Möglichkeiten flexibler Arbeitszeiten und<br />

eines besseren Regelwerks für den Arbeitsmarkt.<br />

Dazu haben die Unternehmen, das Bildungswesen,<br />

die Tarifparteien ebenso wie der Gesetzgeber und<br />

teilweise auch die Arbeitsgerichte ihren Beitrag zu leisten.<br />

73'. Die neue Produktionstechnik benötigt einen höheren<br />

Anteil an qualifizierten Arbeitskräften; eine<br />

größere Vielfalt von Tätigkeiten 'Wird ihnen abverlangt.<br />

Die traditionellen Berufsbilder überschneiden<br />

sich, Mehrfachqualifikation ist gefragt.<br />

74*. Daß den nachrückenden Arbeitskräften die geforderte<br />

Qualifikation in der heutigen Ausbildung<br />

mitgegeben wird, ist nicht sicher. Es erscheint dringend<br />

geboten, die Lern- und Prüfungsinhalte der Ausbildungsberufe<br />

und die Berufsbilder selbst schneller<br />

zu aktualisieren, als das heute geschieht. Es gilt, die<br />

Auszubildenden nicht nur in einigen Spezialberufen<br />

mit derHandhabung der neuen Techniken vertraut zu<br />

machen. Die Maßnahmen <strong>zur</strong> Höherqualifikation<br />

müssen breit ansetzen. Zu beachten ist auch, daß die<br />

Ausbildungsmöglichkeiten in kleinen Unternehmen<br />

sinnvoll ergänzt werden, damit die dort Ausgebildeten<br />

gegenüber anderen nicht in Rückstand geraten.<br />

75'. Anlaß für Regulierungen am Arbeitsmarkt war<br />

häufig der Konflikt zwischen den Vorteilen, die der<br />

Fortschritt allen bringt, und den daraus entstehenden<br />

Nachteilen für einzelne. Daß im Laufe der WoWstandsentwicklung<br />

namentlich der soziale Schutz der<br />

Arbeitnehmer beständig verbessert werden konnte,<br />

ist zu begrußen. Zum Problemfall wird die Aulrechterhaltung<br />

eines anfänglich zu bejahenden Schutzinteresses<br />

jedoch dann, wenn die hierzu getroffenen<br />

Regelun.gen sich später als ein Hindernis für die weitere<br />

wirtschaftliche Entwicklung erweisen, das lediglich<br />

<strong>zur</strong> Besitzstandswahrung einzelner Begünstigter<br />

aulrechterhalten bleibt. Aus guter Schutzabsicht kann<br />

so eine Sperre für Wachstum und Beschäftigung entstehen.<br />

Die Verfolgung des Schutzinteresses für einzelne<br />

Arbeitnehmer darf nicht dem Beschäftigungsinteresse<br />

aller zuwiderlaufen.<br />

76'0 Auf einige Grundsätze für die Reform des Arbeitsrechtes<br />

und des Sozialrechtes sollte man sich verständigen<br />

können. Daß bestehende "Übersicherungen<br />

.. abgebaut werden können, dürfte kaum streitig<br />

sein. Notwendig ist indessen auch, daß bei der Konflikllösung<br />

künftig die ordnungspolitische Problematik<br />

arbeitsrechtlicher und sozialrechtlicher Regulierungen<br />

stärker beIÜcksichtigt wird, als dies von der<br />

kasuistischen Gesetzgebung und vor allem in der<br />

Rechtsprechung der heiden zuständigen Spezialzweige<br />

der Gerichtsharkeit in der Vergangenheit geschehen<br />

ist. Der Unsicherheit, die durch Unterschiede<br />

in der Rechtsprechung hervorgerufen wird, könnte<br />

auch eine stärkere Kodifizierung des Arbeitsrechts<br />

entgegenwirken. Dabei sollte allerdings bedacht werden,<br />

daß eine zu starke Vereinheitlichung den Strukturwandel<br />

wegen der sehr unterschiedlichen Situation<br />

in den einzelnen Branchen und Regionen behindern<br />

kann. Es gelingt vielfach den Tarifpartnern besser,<br />

Regelungen auszuhandeln, die der Problematik<br />

der Wirtschaftsentwicklung in ihren Bereichen gerecht<br />

werden.<br />

n'. Das Beschäftigungsförderungsgesetz bestimmt,<br />

daß für die Zeit vom 1. Mai 1985 bis zum 1. Januar<br />

1990 bei NeueinsteIlungen ein AIbeitsvertrag\duf eine<br />

Laufzeit von längstens 18 Monaten befristet werden<br />

kann, ohne daß hierfür ein besondere! Grund anzugeben<br />

ist.<br />

Derbefristete Arbeitsvertrag ohne BegIÜndungserfordernis<br />

eröffnet mehr WaWrnöglichkeiteD beim Abschluß<br />

von Arbeitsverhältnissen. Die Einstellung und<br />

Entlassung wird erleichtert, und bestimmte Kosten,<br />

die damit im Streitfalle zusammenhängen, entfallen.<br />

Daß die befürchtete Verstärkung einer Spaltung der<br />

Arbeitnehmerschafl in Stammbelegschaft und Randbelegschaft,<br />

die sozial gewichtige Einwände gegen<br />

sich hat, sich erweisen könnte, hat bisher keine Bestätigung<br />

gefunden.<br />

Der befristete Arbeitsvertrag ohne BegIÜndungserfordernis<br />

ist geeignet, die Beschäftigung positiv zu beeinflussen,<br />

und dies trifft um so stärker zu, je niedriger<br />

ein eventuell als Risikoausgleich zu zahlender Lohnzuschlag<br />

ausfällt. Unter Umständen kann er auch das<br />

in Arbeitsstunden gerechnete Beschäftigungsvolumen<br />

erhöhen, wenn eben die Arbeitsleistung von<br />

vornherem nicht durch überstunden zu erbringen ist,<br />

eine Dauerbeschäftigung nicht in Frage kommt und<br />

eine Begründung der Befristung als im Streitfall zu<br />

kostspielig angesehen wird. Daß der befristete Arbeitsverlrag<br />

ohne Begründungserfordernis aucb als<br />

Arbeitsverhältnis <strong>zur</strong> Probe sich nützlich erweist, erscheint<br />

naheliegend.<br />

78'0 Bedenken gegen die heute noch geübte Sozialplanpraxis<br />

richten sich insbesondere gegen die Höhe<br />

der dabei anfallenden Kosten. Man kann sie nach<br />

nichtvenneidbaren und vermeidbaren Kosten unterscheiden.<br />

Die vermeidbaren Kosten bezeichnen wir<br />

der Kürze halberals die Opportunitätskosten des Kündigungsprozesses.<br />

Andere "Drohkosten" wären noch<br />

hinzu<strong>zur</strong>echnen. Sie verteuern die Arbeit unnötigerweise<br />

und wirken beschäftigungsmindernd. Eine<br />

volkswirtscbaftliche Berechtigung haben sie nicbt.<br />

Als weitere Belastung der Unternehmen durch den<br />

Sozialplan sind die Erschwerung und das Hinauszögern<br />

von erforderlichen Umstellungen anzusehen. Bei<br />

einer Befragung von Unternehmen wurde besonders<br />

auch auf die Dauer der Verhandlungen zum AbscWuß<br />

eines Sozialplanes hingewiesen. Die lange Abwicklungsfrist,<br />

zumal wenn der Spruch einer Einigungsstelle<br />

hinzukommt, verzögert erforderliche Anpassungen<br />

und vermindert die betriebliche Flexibilität, wodurch<br />

eben auch nicht betroffene Betriebsteile beeinträchtigt<br />

werden.<br />

Das Sozialplanrecht behandelt alle Unternehmen, als<br />

seien sie potente Großunternehmen, von denen ja der<br />

Sozialplan als freiwillige soziale Leistung ins Leben<br />

gerufen worden ist. ~ttlere und kleinere Unternehmen<br />

werden durch das Sozialplanrisiko wegen geringerer<br />

Ausweichmöglichkeiten härter betroffen. Insofern<br />

liegt eine Wettbewerbsverzerrung vor.<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!