Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />
war, daß die Exporteure nicht noch einmal wie 1986,<br />
als die Preise im Durchschnitt um 12,5 vH gesenkt<br />
worden sind, mit Preiszugeständnissen die aufwertungsbedingte<br />
Verteuerung ihrer Waren in Grenzen<br />
halten konnten. Diese Strategie war kurzfristig den<br />
Ausfuhnnengen und der Produktion zugute gekommen,<br />
hatte aber die Gewinne stark gedrückt. Im Jahre<br />
<strong>1987</strong> folgte die Anpassung bei den Mengen und bei<br />
der Beschäftigung, weshalb die Arbeitslosigkeit bis<br />
<strong>zur</strong> Jahresmitte auf die in Japan ungewöhnlich hohe<br />
Quote von 3 vH stieg. Die von den Unternehmen in<br />
den vergangenen Jahren ergriffenen Initiativen, die<br />
Abhängigkeit vom amerikanischen Markt, wo nach<br />
wie vor mehr als ein Drittel der Ausfuhrgüter abgesetzt<br />
wird, zu verringern und vor allem bei den Konsumgütern<br />
dem Konkurrenzdruck aus den südost·<br />
asiatischen Schwellenländern entgegenzuwirken,<br />
zeigen erst vereinzelt Erfolge. Sie haben das Gesamtergebnis<br />
in diesem Jahr zwar nicht entscheidend beeinflußt,<br />
müssen aber doch registriert werden:<br />
Mit qualitativ höherwertigen Produkten dringen<br />
die japanischen Hersteller in weniger preisemp·<br />
findliehe Segmente aul den angestammten Auslandsmärkten<br />
vor. Befragungen zuloige hat etwa<br />
die Hälfte der Unternehmen diese Strategie 1986<br />
bereits verfolgt und sieht auch in den kommenden<br />
Jahren hierin den Kern der Marktpolitik.<br />
Neue Absatzmärkte werden erschlossen. Vor allem<br />
in den europäischen Ländern mit ihren gegenüber<br />
dem Yen vergleichsweise stabilen Wechselkursen<br />
kamen die japanischen Unternehmen in<br />
den vergangenen beiden Jahren sichtbar voran.<br />
Die Ausfuhr ist aber noch von zu geringer Bedeutung,<br />
um das Gesamtergebnis zu prägen.<br />
Japan hängt sich als Teilelieferant an den Exporterfolg<br />
der Konkurrenten aus den südostasiatischen<br />
Schwellenländern an. Als die Ausfuhren dieser<br />
Länder in die Vereinigten Staaten im ersten Halbjahr<br />
<strong>1987</strong> vereinzelt bis zu 30 vH gegenüber dem<br />
Vorjahresquartal anstiegen, kam auch der japanische<br />
Export durch hohe Lieferungen von Vorleistungsgütern<br />
nach Südkorea, Taiwan, Hongkong<br />
und Singapur insgesamt vorübergehend wieder zu<br />
einem leichten Zuwachs.<br />
Durch verstärkte Auslandsinvestitionen werden<br />
vermehrt Aufwertungsvorteile realisiert und wird<br />
protektionistischen Bestrebungen der Abnehmerländer<br />
vorgebeugt. Direktinvestitionen in den benachbarten<br />
Schwellenländern erlauben nicht nur,<br />
Auslandsmärkte von Standorten mit günstigeren<br />
Fertigungskosten und - inIolge der Wechselkursorientierung<br />
der meisten Schwellenländer an dem<br />
Dollar - mit dem Yen gegenläufigen Wechselkursen<br />
direkt zu bedienen. Es werden auch Bezugsquellen<br />
für eine günstige Zulieferung von Vorprodukten<br />
auigebaut, welche bei der Endfertigung in<br />
Japan durch dann niedrigere Vorleistungspreise<br />
die Anfälligkeit gegenüber Aulwertungen vennindem.<br />
34. Die Inlandsnachfrage blieb trotz der Exportschwäche<br />
der Industrie robust. Die zum Jahreswechsel<br />
vorübergehend getrübte Stimmung der Investoren<br />
und der Konsumenten hat sichimJahresverlauf merklieh<br />
auigehellt, die Wirtschaft an Dynamik gewonnen.<br />
Die Unternehmen haben ihre Anlageinvestitionen<br />
<strong>1987</strong> wie im Vorjahr um 6lf2 vH erhöht, obgleich in<br />
den exportorientierten Bereichen erneut weniger investiert<br />
worden ist. Zuversicht kommt auch darin zum<br />
Ausdruck, daß die Läger von Jahresmitte an wieder<br />
stärker auigestockl worden sind und die InMustrie im<br />
dritten Vierteljahr erstmals wieder spürbar mehr produziert<br />
hat als vor Jahresfrist. Mitgespielt hat dabei<br />
auch, daß die Preise nicht mehr weiter gefallen sind,<br />
was eine fortlaufende Entwertung der Lagerbestände<br />
mit sich gebracht hätte.<br />
Die Konsumkonjunktur hat ebenIalls wieder an<br />
Schwung gewonnen. Die Verbrauchsausgaben der<br />
Haushalte nahmen in realer Rechnung um knapp<br />
3V, vH zu. Die Lebenshaltung hat sich im Veriaul des<br />
Jahres zwar verteuert, das Preisniveau ist aberimJahresdurchschnitt<br />
unverändert geblieben. Preisstabilität<br />
hat nicht allein die Importkonkurrenz bewirkt, auch<br />
der Kapazitätsausbau hat im ganzen mit der Nachfrageexpansion<br />
Schritt gehalten, und die Lohnstückkosten<br />
haben sich - vor allem in den Bereichen außer·<br />
halb des Verarbeitenden Gewerbes - kaum erhöht.<br />
Der Impuls, den die Geldpolitik mit einer über das<br />
Sozialproduktswachstum hinausgehenden Expansion<br />
der Geldmenge gegeben hat, begann aber zu wirken.<br />
Das zusätzliche Geld wurde nicht mehr nur zum Kauf<br />
von Vermögenstiteln wie Anfeihen und Aktien genutzt,<br />
sondern - zusätzlich begünstigt durch steuerliche<br />
Änderungen - auch zunehmend für den Wohnungsbau<br />
verwendet, wo real fast 15 vH mehr investiert<br />
worden sind. Daraus resultierte ein boomartiger<br />
Anstieg der Baulandpreise und eine rasche Verteuerung<br />
des Baumaterials.<br />
35. überlegungen der Bank von Japan, der Geldmengenexpansion<br />
durch eine Anbebung des Diskontsatzes<br />
entgegenzuwirken, sind mit Beginn der Aktienbaisse<br />
auigegeben worden. Die Notenbank ist zu<br />
ihrer wechselkursorientierten Geldpolitik <strong>zur</strong>ückgekehrt,<br />
um den Aulwertungsdruck mit seinen für die<br />
japanischen Unternehmen noch gravierenderen Konsequenzen<br />
zu mindern.<br />
Die Finanzpolitik hat die Konsolidierung des Budgets<br />
in diesem Jahr zunächst <strong>zur</strong>ückgestellt. Der Erlös aus<br />
dem Verkaul der Anteile an der Telefongesellschalt<br />
NTI wurde nicht eingesetzt, um das Defizit <strong>zur</strong>ückzuführen.<br />
Vielmehr wurde damit ein Programm <strong>zur</strong> Verbesserung<br />
der baulichen InIrastruktur finanziert. Dessen<br />
Primärwirkungen sind zum Teil in den gestiegenen<br />
Baulandpreisen verpufft. Eine Rückkehr zum<br />
Konsolidierungspfad der mittelfristigen Budgetprojektionen<br />
im Jahr 19<strong>88</strong> ist angelegt, wenn die beschlossene<br />
Steuerrefonn tatsächlich aufkommensneutral<br />
bleibt und die Budgetbelastungen aus dem<br />
Infrastruklurprogramm, die bis ins kommende Jahr<br />
hineinreichen, <strong>zur</strong>ückgehen.<br />
Gedämpftes Wachstum In Europa<br />
36. In den meisten europäischen Ländern fiel die<br />
gesamtwirtschallliche Entwicklung in diesem Jahr<br />
enttäuschend aus. Nach einem schwachen Start<br />
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