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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />

111. Die Weltkonjunktur im Jahre 19<strong>88</strong><br />

198. -Die Weltwirtschaft wird auch im nächsten Jahr<br />

expandieren; das Tempo bleibt freilich, wie schon in<br />

diesem Jahr, verhalten.<br />

Die Unterschiede bei den Zuwachsraten der gesamtwirtschaftlichen<br />

Produktion, vor allem zwischen den<br />

Vereinigten Staaten und Japan auf der einen und den<br />

meisten westeuropäischen Ländern auf der anderen<br />

Seite, werden erhalten bleiben. DerAbbau der großen<br />

Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen, der<br />

durch den starken Dollarkursverfall eingeleitet<br />

wurde, kommt nur langsam voran.<br />

199. Selbst wenn sich, wie wir es angenommen haben,<br />

die Turbulenzen an den Finanzmärkten und Devisenmärkten<br />

nicht ins nächste Jahr fortsetzen, so belasten<br />

doch die internationale Verschuldungskrise<br />

und der zunehmende Protektionismus weiterhin die<br />

wirtschaftliche Entwicklung in der Welt. Man braucht<br />

zwar nicht damit zu rechnen, daß sich die Probleme im<br />

nächsten Jahr verschärfen, aber es ist auch keine Besserung<br />

in Sicht, von der insbesondere die Entwicklungsländer<br />

Vorteile hätten. Es ist daher für diese Länder<br />

insgesamt nur mit einer verhaltenen Aufwärtsentwicklung<br />

zu rechnen; bei einigen Ländern, die auf<br />

weitere Kredite angewiesen sind, ist auch das nicht<br />

einmal sicher.<br />

200. Bei Rohstoffpreisen, die sich inzwischen auf<br />

dem erhöhten Niveau von 1986 stabilisiert haben, und<br />

bei einer Rohstoffnachfrage in der Welt, die, nachdem<br />

die Lager aufgefüllt sind, nur noch mit dem Verbrauch<br />

ansteigt, nehmen die Exporterlöse der rohstoffproduzierenden<br />

Länder abennals leicht zu. Diese Länder<br />

werden, nachdem sie zwei Jahre hintereinander steigende<br />

Einnahmen erzielten, ihre Importe erhöhen.<br />

Insbesondere werden die Käufe der Staaten der OPEC<br />

nicht mehr wie in den letzten Jahren <strong>zur</strong>ückgehen,<br />

sondern wieder zunehmen; dies zeichnet sich bereits<br />

seit einigen Monaten ab. Im Gefolge von weiteren<br />

Uberalisierungsfortschritten, vor allem innerhalb der<br />

Europäischen Gemeinschalt, gewinnt der Handel in<br />

Europa weiter an Kralt. Gleichwohl wird der Welthandel<br />

das Expansionstempo, das er in der zweiten Hälfte<br />

dieses Jahres mit etwa 6lf2 vH vorlegte, im kommenden<br />

Jahr nicht halten können. Wir rechnen für den<br />

Verlauf im Jahre 19<strong>88</strong> nur noch mit einer Zuwachsrate<br />

von 3 vH bis 3V2 vH.<br />

201. Das Wachstumstempo in den westlichen Industrieländern<br />

insgesamt wird sich 19<strong>88</strong> gegenüber<br />

<strong>1987</strong> etwas verlangsamen. Wir veranschlagen den Zuwachs<br />

bei der gesamtwirtschaftlichen Produktion auf<br />

knapp 2 vH, etwa einen halben Prozentpunkt niedriger<br />

als im Jahre <strong>1987</strong> (Tabelle 23). Dieser Tempoverlust<br />

ist auch aul die in der Ziffer 23 beschriebenen<br />

Auswirkungen des Börsenkrachs, die dadurch ausgelösten<br />

Kapitalverlagerungen und Wechselkursbewegungen<br />

<strong>zur</strong>ückzuführen. Die Zunahme der Beschäftigung<br />

wird sich zwar fortsetzen, da aber auch das Arbeitsangebot<br />

erneut wächst, dürfte die Arbeitslosigkeit<br />

unverändert hoch bleiben. Der Preisauftrieb wird<br />

sich wieder beschleunigen; bei den Verbraucherpreisen<br />

rechnen wir für den Durchschnitt aller Industrieländer<br />

mit einer Jahresrate von 4 vH.<br />

202. In den Vereinigten Staaten kommen die Auftriebskräfte,<br />

wie schon in diesem Jahr, vor allem von<br />

einer bedeutenden Ausweitung der Exporte. Bei<br />

nochmals etwas niedrigerem Außenwert ~es Dollar<br />

wird die Nachfrage nach Einfuhrgütern dagegen nur<br />

leicht zunehmen. Das Defizit in d~r Leistungsbilanz<br />

wird sich etwas verringern, es bleibt gleichwohl unbefriedigend<br />

hoch. Allgemein wird wegen des Kurssturzes<br />

bei Aktien mit einem Ausfall von Nachfrage gerechnet.<br />

Sollten sich rezessive Tendenz~nergeben, so<br />

wird die Geldpolitik bestrebt seio, diesen entgegenzuwirken.<br />

Im ganzen dürfte sich die Expansion der<br />

Binnennachfrage weiter abschwächen; wir veranschlagen<br />

die Zuwachsrate nur noch auf 1lf2 vH. Höhere<br />

Steigerungsraten beim Export und geringere<br />

beim Import gleichen das aber wieder aus. Die Zunahme<br />

der gesamtwirtschaltlichen Produktion wird<br />

mit .2V2 vH nicht wesentlich geringer ausfallen als in<br />

diesem Jahr. Bei reichlicher uquiditätsversorgung,<br />

partiellen Verknappungen am Arbeitsmarkt und verteuerten<br />

Importen werden die Verbraucherpreise<br />

wieder etwas schneller steigen; wir rechnen mit einer<br />

Rate von 4V2 vH nach 4 vH in diesem Jabr.<br />

203. Obgleich das Expansionstempo etwas nachlassen<br />

wird, bleibt die Wirtschaft Japans auf einem vergleichsweise<br />

steilen Wachstumspfad. Die Binnennachfrage<br />

wird aber auch im kommenden Jahr das<br />

einzige dynamische Element sein. Eine erneute Steigerung<br />

der Warenexporte, wie sie noch vor kurzem zu<br />

erwarten war, ist bei der hohen Abhängigkeit von der<br />

amerikanischen Verbrauchskonjunktur eher unwahrscheinlich.<br />

Die Impulse werden vor allem von den<br />

Investitionen kommen, vom Wohnungsbau und vom<br />

gewerblichen Bau. Der private Verbrauch wird zwar<br />

etwas langsamer, aber gleichwohl kräftig zunehmen.<br />

Positiv wirkt, daß durch die Einkommensteuerreform<br />

die Belastung der Arbeitseinkommen gesenkt wird,<br />

während gleichzeitig Erträge aus Finanzanlagen der<br />

Besteuerung unterworfen werden, was das Sparen<br />

weniger attraktiv macht. Ein Abzugsposten ist dagegen<br />

die höhere Sparneigung aufgrund der Vennögensverluste<br />

der Aktienbesitzer. Verschiedene Untersuchungen,<br />

die noch vor den Kurseinbrüchen an den<br />

Finanzmärkten gemacht wurden, hatten ergeben, daß<br />

die Haushalte ihre Konsumneigung erhöhten, weil sie<br />

sich reicher fühlten und das Sparen an Dringlichkeit<br />

verlor. Konsumdämpfend wirkt schließlich auch, daß<br />

die Verbraucherpreise wieder stärker steigen werden,<br />

ein Teil des Einkommenszuwachses also davon aufgezehrt<br />

wird.<br />

204. In den westeuropäischen Ländern dürfte die<br />

Binnennachfrage abennals an Schwung verlieren, obwohl<br />

es hier im ganzen vergleichsweise geringe Verrnögensverluste<br />

durch den Aktienkurssturz gegeben<br />

hat. Impulse für die Konjunktur gehen in den meisten<br />

europäischen Ländern vor allem von der Finanzpolitik<br />

aus. Höhere Lohnsteigerungen stärken zwar den privaten<br />

Verbrauch, dämpfen aber die Investitionen,<br />

vor allem Erweiterungsinvestitionen. Rationalisierung<br />

und Modernisierung werden die dominanten Investitionsmotive<br />

bleiben. Der internationale Handel wird<br />

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