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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 11, Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />

Die Erleichterung der Einstellung und Entlassung erhöht<br />

die Flexibilität des Arbeitseinsatzes und vermag<br />

so Produktivitäts- und Rentabilitätsvorteile zu erschließen,<br />

die sonst ungenutzt blieben. Ein Element<br />

flexibler Anwendung des Vertragstyps ist auch in der<br />

freien Wahl der Laufzeit von höchstens 18 Monaten zu<br />

sehen.<br />

Ein Vorteil des befristeten Arbeitsvertrages ohne Begründungserfordernis<br />

besteht auch in der Möglichkeit<br />

der problemlosen Ausdehnung der Probezeit. Der<br />

Vorteil brauchthierbei nichtnurauf Seiten des Arbeitgebers<br />

zu liegen. Eine nicht erfolgreich absolvierte<br />

Probezeit mag sich für den betroffenen Arbeitnehmer<br />

bei der weiteren Arbeitsuche nachteiliger auswirken<br />

als die Beendigung eines von vornherein befristeten<br />

Arbeitsverhältnisses,<br />

Schließlich ist auch an den Fall zu denken, in dem es<br />

um die befristete Beschäftigung einer Mehrzahl von<br />

Arbeitnehmerngeht. Eine solche Situationistetwa bei<br />

einem Auftragsstau odereinem Auftrag, der von vornherein<br />

nur unter der Bedingung einer vergleichsweise<br />

schnellenAbwicklung erfolgt, gegeben, In diesen Fällen<br />

muß das Unternehmen mit mehr Beschäftigung<br />

reagieren, sei es durch Überstunden, sei es durch<br />

Neueinstellungen. Der Zeitvertrag ermöglicht es hier,<br />

der von den Absatzmärkten verlangten Flexibilität<br />

durch Neueinstellungen gerecht zu werden. In einem<br />

solchen Fall konnten wohl auch nach bisherigem<br />

Recht Zeitverträge geschlossen werden, wenn sie hinreichend<br />

zu begründen waren. Die Begründung erscheint<br />

hier jedoch deswegen schwieriger, weil mit<br />

einer geringeren Zahl von Einstellungen eine längere<br />

Beschäftigungsdauer erreichbar wäre, der BefIistungsgrund<br />

somit abgeschwächt werden kann, Falls<br />

die Begründung für befristete Arbeitsverträge als<br />

nicht ausreichend angesehen würde, wäre ein Unternehmen,<br />

das <strong>zur</strong> Erledigung des Auftragsstaus unbefristet<br />

einstellen würde, bei der Kündigung einer<br />

Mehrzahl von Personen wesentlich ungünstiger gestellt<br />

als bei der Kündigung einzelner Beschäftigter,<br />

Es läge der Fall des sogenannten Personalabbaus vor,<br />

den die Rechtsprechung seit 1972 als sozialplanpflichtig<br />

ansieht.<br />

3<strong>88</strong>. In Kategorien des Arbeitsmarktes ausgedrückt,<br />

kann man sagen, daß der neue Typ des befIisteten<br />

Arbeitsvertrages nur unter bestimmten Marktbedingungen<br />

zum Zuge kommen und daß er Anpassungsreaktionen<br />

auslösen wird, Hoch qualifizierten Arbeitskräften<br />

wird ein befristeter Vertrag nicht genug<br />

bieten, und kein Arbeitgeber ist interessiert daran,<br />

solche Arbeitskräfte nur befristet beschäftigen zu<br />

können. Das beiderseitige Interesse wird unter der<br />

Bedingung der Knappheit den Einsatz des neuen Vertragsinstruments<br />

nicht vorteilhaft erscheinen lassen.<br />

Von vornherein war und ist zu erwarten, daß der Vertragstypus<br />

nur in den Fällen mit reichlichem Arbeitsangebot,<br />

und dies sind in der Regel die Märkte für<br />

wenig qualifizierte Arbeit, zum Zuge kommt.<br />

Wo er zum Zuge kommt, sind Anpassungsreaktionen<br />

zu erwarten. Die Arbeitsmotivation kann gesteigert<br />

werden durch eine in Aussicht stehende Umwandlung<br />

in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, sie kann<br />

<strong>zur</strong>ückgehen, wenn dies von vornherein ausgeschlossen<br />

ist. Gleiches gilt fiir die Motivation zum Erwi>rb<br />

höherer Qualifikation. Je nach den Marktbedingungen<br />

ist es auch denkbar, daß ein befristetes Arbeitsverhältnis<br />

einen höheren Lohn bedeutet, wenn etwa<br />

eine Arbeitskraft mit gesuchter beruflicher Qualifikation<br />

einen Nachteilsausgleich fiir den Fristvertrag verlangen<br />

kann, weil ein unbefristetes Arbe~tsverhältnis<br />

als Alternative verfügbar ist.<br />

389. Zur Anwendung des befristeten Arbeitsvertrages<br />

nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz liegt<br />

bisher eine Reihe von Behagungsergebnissen vor.<br />

Diese reichen jedoch nicht aus für einen empirischen<br />

Nachweis der Beschäftigungswirkung solcher Verträge;<br />

das Bundesarbeitsministerium hat eine Untersuchung<br />

in Auftrag gegeben, die hierüber Aufschluß<br />

bringen soll und die Ende 19<strong>88</strong> vorliegen dürfte,<br />

Befragungen von Unternehmen, die in der Zeit vom<br />

I. Januar 1985 bis zum 30, September 1986 Einstellungen<br />

vorgenommen haben, ergeben, daß der Anteil<br />

befristeter Arbeitsverträge bei NeueinsteIlungen<br />

etwa 40 vH bis 50 vH betragen hat. Rund die Hällte<br />

der befristeten NeueinsteIlungen dient der Personalaufstockung.<br />

Nach der Herbstumlrage des Deutschen<br />

Induslrie- und Handelstages hat im Jahre <strong>1987</strong> jedes<br />

vierte Unternehmen verstärkt befristete Arbeitsverträge<br />

abgeschlossen, nur 7 vH der Unternehmen berichteten,<br />

geringeren Gebrauch von diesem Arbeitsvertragstyp<br />

als im Vorjahr gemacht zu haben, Darin<br />

zeichnet sich eine deutliche Zunahme der Inanspruchnahme<br />

ab,<br />

Die Bundesanstalt fiir Arbeit kommt anhand einer<br />

Auswertung der ihr gemeldeten offenen Stellen zu<br />

einem etwas niedrigeren Anteil zusätzlicher befristeter<br />

Einstellungen. Dieser Anteil hat 1982 etwa 30 vH<br />

betragen. Er stieg bis 1985 auf knapp 39 vH an und<br />

ermäßigte sich bis 1986 auf 33\12 vH,<br />

Auch wenn ein quantitativer empirischer Nachweis<br />

für eine positive Beschäftigungswirkung letztendlich<br />

nicht zweifelsfrei zu führen sein sollte, so wäre damit<br />

nicht das letzte Wort über die beschäftigungspolitisehe<br />

Nützlichkeit dieses Vertragstyps gesagt. In jedem<br />

Fall zählt auch der qualitative Gesichtspunkt,<br />

daß der zusätzliche Vertragstyp die Wahlmöglichkeiten<br />

der Vertragspartner erweitert. Soweit sie davon<br />

Gebrauch machen, erweist dies jedenfalls seine<br />

Zweckmäßigkeit für den Abschluß von Arbeitsverträgen.<br />

Daß es giinstigere Verträge, nämlich unbefristete<br />

gibt, spricht nicht gegen den Fristvertrag, Eine beIristete<br />

Beschäftigung ist in jedem Fall besser als keine<br />

Beschäftigung,<br />

390. Die Anwendung von Fristverträgen ohne Begriindungserfordernis<br />

ist noch mit einem Risiko behaftet.<br />

Der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

ist es gelungen, für etwa 2 500 zunächst befristet<br />

beschäftigte Lehrer erfolgreich unbefristete Arbeitsverhältnisse<br />

vor Gericht einzuklagen.<br />

In einer Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts<br />

vom 25. September <strong>1987</strong> wird festgestellt,<br />

daß die in den "Sonderregelungen für Vertragsangestellte,<br />

Angestellte fiir Aufgaben von begrenzter<br />

Dauer und für Aushilfsangestellte" zum Bundesange-<br />

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