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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />

den, wenn sich Kosten und Nutzen zwar nicht individuell,<br />

aber doch einer bestimmten Gruppe - etwa<br />

den Einwohnern oder den Produktionsstätten - zuordnen<br />

lassen.<br />

Geschieht das nicht, können sich Wanderungsimpulse<br />

ergeben, die volkswirtschaftlich ineffizient sind.<br />

So kann das Angebot kommunaler Leistungen zum<br />

"Quasi-Nulltarif" die weitere Verdichtung in Baflungsräumen<br />

noch begünstigen.<br />

300. Wo das Prinzip der Gruppenäquivalenz verwirklichtwerden<br />

soll, mußin der Regeldas Instrument<br />

der Besteuerung eingesetzt werden. Auf die Steuerfinanzierung<br />

muß man im übrigen auch in den Fällen<br />

<strong>zur</strong>ückgreifen, in denen das Äquivalenzprinzip in den<br />

heiden erwähnten Versionen versagt. Das kommunale<br />

Steuersystem muß bestimmten Anforderungen<br />

Rechnung tragen, wenn der Wettbewerb zwischen<br />

den Gemeinden nicht verzerrt werden soll. In erster<br />

Unie muß es den Kommunen Anreize und Möglichkeiten<br />

bieten, ihre wirtschaftliche Grundlage aus eigener<br />

Kraft zu stärken. Nur auf diese Weise läßt sich<br />

vermeiden, daß diejenigen durch nivellierende Finanzausgleichsleistungen<br />

belohnt werden, die es an<br />

eigenen Anstrengungen fehlen lassen.<br />

Unter diesem Gesichtspunkt ist es unerläßlich, daß die<br />

Gemeinden bei den großen Kommunalsteuern ein<br />

Hebesatzrecht behalten. Den beiden oben erwähnten<br />

Ansätzen für die Verwirklichung des Grundsatzes der<br />

Gruppenäquivalenz entsprechend sollte jeweils wenigstens<br />

eine Steuer darauf gerichtet sein, den Produktionsstätten<br />

und den Einwohnern als Nutzern die<br />

Kosten derjenigen kommunalen Leistungen anzulasten,<br />

die ihrer Natur nach nicht durch Gebühren oder<br />

Beiträge finanziert werden können.<br />

Eine Abgabe, die beiden Zielvorstellungen der Gruppenäquivafenz<br />

gerecht wird, ist die Wertschöpfungsteuer<br />

(JG 86 Ziffern 287fl.). Das gilt aflerdings nur<br />

dann, wenn sie konsequent verwirklicht wird. In diesem<br />

Falle werden nicht nur die Betriebsstätten der<br />

Gewerbetreibenden und der Freiberufler, sondern<br />

ebenso die land- und forslwirtschaftlichen Betriebe<br />

sowie die Mietwohngrundstücke als Steuerobjekte<br />

nach dem Maßstab ihrer Wertschöpfung afs dem Beitrag<br />

<strong>zur</strong> örtlichen Einkommenserzeugung belastet.<br />

Als Entgelt für die kommunafen Vorleistungen soll<br />

diese "Kostensteuer" auf die Endverbraucher der in<br />

den Gemeinden erzeugten (Teil-)Leistungen überwälzt<br />

werden, wofür in der Regel gute Voraussetzungen<br />

bestehen dürften. Neben den auswärtigen Käufern<br />

der in den Gemeinden erzeugten Produkte würden<br />

die Gemeindebürger durch die Wertschöpfungsteuervor<br />

allem dadurch getroffen, daß sie Wohnraum<br />

in der Gemeinde nutzen.<br />

301. Wird die Wertschöpfungsteuer dagegen in der<br />

Weise eingeschränkt verwirklicht, daß nur die Wertschöpfung<br />

der Gewerbetreibenden und der freiberuflich<br />

Tätigen belastet wird, so kann sie afs eine Art<br />

"reformierte Gewerbesteuer" aufgefaßt werden. In<br />

diesem Falle werden wichtige Teile der örtlichen Produktion<br />

getroffen, und zwar vornehmlich diejenigen,<br />

die die Ballungsgebiete besonders belasten. Die Wertschöpfungsteuer<br />

ist eine ergiebige Gemeindesteuer,<br />

die das Interesse der Kommunen am ortsansässigen<br />

und ansiedlungswilligen Gewerbe sichert und damit<br />

auch regionalpolitisch positive Anreize setzt.<br />

Dies ist bei der heutigen Gewerbesteuer kaum noch<br />

der Fall. Vorliegende Rechnungen zeigen zudem, daß<br />

diese Steuer für altindustrielle VerdichtUngsräume<br />

eine denkbar ungünstige Lösung darstellt. Wir haben<br />

im vorigen Jahr ausführlich dargelegt, daß wir die<br />

Reform dieser Abgabe au! der Basis der Grundgedanken<br />

einer Wertschöpfungsteuer für unumgänglich<br />

halten, wenn sich die konsequente Konzeption dieser<br />

Abgabe politisch nicht umsetzen lassen sollte (JG 86<br />

Ziffern 2901.).<br />

Die in der Öffentlichkeit als Ersatz für die Gewerbebesteuerung<br />

diskutierten Vorschläge sind entweder<br />

kommunafpolitisch oder finanzpolitisch bedenklich:<br />

Bei einigen der erwogenen Möglichkeiten müßte auf<br />

ein kommunales Hebesatzrecht verzichtet werden;<br />

bei anderen könnten die Gemeinden in einem mehr<br />

oder weniger großen Umfang eine Trittbrettfahrerposition<br />

gegenüber anderen Gebietskörperschaften einnehmen;<br />

wieder andere verstoßen - von weiteren<br />

Nachteilen abgesehen - gegen grundlegende Prinzipien<br />

der Steuersystematik. Die ökonomis.ch trotz einiger<br />

Bedenken nicht uninteressante Alternative, die<br />

Einführung einer kommunalen Verbrauchsteuer, ist<br />

nach herrschender Auffassung - aus rein formalen<br />

Gründen - mit den Harmonisierungsrichtlinien der<br />

Europäischen Gemeinschaften für die Umsatzbesteuenmg<br />

nicht zu vereinbaren.<br />

302. Wird die Gewerbesteuer im Sinne des oben erwähnten<br />

Vorschlages reformiert, wird also nurein Teil<br />

der in der Gemeinde erzeugten Wertschöpfung belastet,<br />

bliebe es nach den Grundsätzen der Gruppenäquivalenz<br />

notwendig, die Vorleistungen der Gemeinden<br />

für ihre Einwohner durch eine andere Abgabe<br />

zu finanzieren, die auch die Landwirtschaft einscbließt.<br />

Eine Möglichkeit dazu bietet die Grundsteuer, die<br />

derzeit allerdings nur unzulänglich ausgeschöpft<br />

wird. Das beruht auf zwei Gründen, die in einer inneren<br />

Beziehung stehen. Da eine Erhöhung der Hebesätze<br />

bei dieser Abgabe unmittelbar oder über Mieterhöhungen<br />

die meisten Bürger belastet, scheuen die<br />

Gemeinderäte im allgemeinen vor diesem Schritt <strong>zur</strong>ück.<br />

Eine Anhebung der Gewerbesteuer ist dagegen<br />

weniger unpopulär, weil bei der heutigen Form der<br />

Gewerbebesteuerung nur wenige Gewerbetreibende<br />

belastet werden, die teilweise in der Gemeinde nicht<br />

einmaf Wohnsitz (und Wahlrecht) haben. Auch aus<br />

diesem Grunde ist es notwendig, die Gewerbesteuer<br />

durch Verbreitenmg ihrer Bemessungsgrundlage<br />

(unter gleichzeitiger Aufhebung der Gewerbekapitafsteuer)<br />

und durch Erweiterung des Kreises der Steuerpflichtigen<br />

auf eine neue Basis zu stellen.<br />

Geboten ist aber auch eine Reform der Grundsteuer;<br />

denn die Einheitswerte für den Grundbesitz sind so<br />

stark verzerrt, daß es problematisch erscheint, die<br />

Steuerlastverteilung auf sie zu gründen. Im übrigen<br />

muß bezweifelt werden, daß die Werte der Grundstücke<br />

überhaupt eine sinnvolle Basis für eine den<br />

Prinzipien der Gruppenäquivalenz gerecht werdende<br />

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