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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />

bracht, lautet: von geschickter Handarbeit zu überlegter<br />

Handhabung.<br />

370. Der Einsatz flexibler Produktionssysteme führt<br />

zu einer Neuorientierung des Produktionsablaufs und<br />

des Produklkonzepts; dadurch rückt die Produktion<br />

näher an den Absatz, die Nachfrage ist schneller, differenzierter<br />

und besser zu bedienen. Darin stecken<br />

neue Marktehancen, nach denen sich die spezifischen<br />

Qualifikationsedordernisse richten müssen, damit<br />

eine höhere Beschäftigung erreicht werden kann.<br />

Die Produktionsplanung zielt heute nicht mehr in erster<br />

Linie darauf ab, bei Inkaufnahme langer Rüstund<br />

Lagerzeiten den maximalen Ausstoß von Einzelteilen<br />

aus den Maschinen herauszuholen. vielmehr<br />

wird versucht, komplexe Produktionspläne kurzfristig<br />

im ganzen zu erfüllen. Durch laufende Messungen<br />

und entsprechende Steuerung wird die Qualität der<br />

Erzeugnisse garantiert. Zeit und Material für Nacharbeiten<br />

und Teileaustausch werden eingespart. Auch<br />

die UmfÜStzeit wird verkürzt. Statt des Austauschs<br />

von Werkzeugen, der früher erforderlich war, genügt<br />

es, ein neues Programm ab<strong>zur</strong>ufen, wenn eine andere<br />

Produktvariante in Bearbeitung genommen wird.<br />

Die erzeugten Produkte zeichnen sich durch hohe<br />

Qualität und Mallgenauigkeit und zugleich durch<br />

Vielfalt aus. Auch kleine Serien und Losgrößen lassen<br />

sich kostengünstig und in unterschiedlichen Varianten<br />

fertigen. Eine modeme Fabrik stellt sich nicht<br />

mehr wie früher als eine Ansammlung unterschiedlicher<br />

Produktionsabteilungen dar I sie wird zu einem<br />

integrierten Produktionssystem. Alle Aktivitäten sind<br />

über eine Hierarchie von elektronischen Rechnern<br />

miteinander verbunden. Produzieren heißt somit, einen<br />

komplexen Steuerungsvorganghoher Variabilität<br />

zu beherrschen.<br />

371. Die Nutzung solcher Produktionssysteme setzt<br />

ein entsprechendes Qualifikationsprofil der Bedienungsmannschaft<br />

voraus. Die überkommenen Berufs~<br />

bilder entsprechen den neuen Anforderungen immer<br />

weniger. Früher unterschiedene Tätigkeiten werden<br />

heute zusarnmengefaßt. Statt des Drehers, Fräsers<br />

und Schleifers benötigt man den Zerspanungsmechaniker,<br />

der die in den alten Berufen verlangten Arbeitsvorgänge<br />

sämtlich beherrscht und sich dazu noch in<br />

rechnergestützter Fertigung auskennt. Es werden<br />

Fertigungsmechaniker gebraucht, die mit jenen Arbeitstechniken<br />

vertraut sind, die früher von Werkzeugmachern,<br />

Maschinenschlossern und Elektrikern<br />

beherrscht wurden. Ein Werkzeugmacher macht<br />

heute das Werkzeug nicht eigenhändig, er bedient<br />

und überwacht vielmehr Werkzeugautomaten, stellt<br />

sie ein, programmiert und wartet sie. Am Beruf des<br />

Werkzeugmachers zeigt sich besonders anschaulich<br />

der Entwicklungstrend der beruflichen Qualifikation,<br />

der von geschickter Handarbeit zu überlegter Handhabung<br />

führt.<br />

372. Die Computertechnologie prägt auch die Entwicklung<br />

im Dienstleistungsbereich. Dort geht es um<br />

rasche und umfassende Informations- und Datenver~<br />

arbeitung. Als Anschauungsbeispiel mag der Arbeitsplatz<br />

in der Wertpapier- oder Devisenabteilung einer<br />

Bank gelten. Dort werden heute Fachleute benötigt,<br />

die mit den neuen Geräten umgehen können oder<br />

dies zu lernen bereit sind. In ähnlicher Weise gilt dies<br />

für den Handel und für den Fremdenverkehr und<br />

selbstverständlich auch für die produktionsnahen<br />

Dienstleistungen wie Anlagenplanung oder Wirtschaftsberatung.<br />

Auch die Wirtschaflsprüfung kommt<br />

heute ohne Verwendung von Computern nicht aus.<br />

373. Die Computertechnologie wird wie elektrischer<br />

Strom auch in allen Wirtsch~tsbereicheneingesetzt.<br />

Ihr produktiver Beitrag liegt in der lnf..rmations- und<br />

Datenverarbeitung, und dies auch per Telekommunikation.<br />

Eine für das Verarbeitende Gewerbe spezifische<br />

Anwendung dieser Technologie richtet sich auf<br />

Messung und Prozeßsteuerung. Die Bedienung und<br />

die Nutzung der Geräte, wo immer und wozu immer<br />

sie eingesetzt werden, verlangen die gleiche oder zumindest<br />

eine vergleichbare Qualifikation der Arbeitskräfte.<br />

374. Die neue Produktionstechnik benötigt einen<br />

höheren Anteil an qualifizierten Arbeitskräften; eine<br />

größere Vielfalt von Tätigkeiten wird von ihnen abverlangt.<br />

Die traditionellen Berufsbilder überschneiden<br />

sich, Mehrfachqualifikation ist gefragt. Frühere<br />

Thesen, wonach sich infolge der technischen Entwickhmg<br />

eine Polarisierung der Qualifikationserfordernisse<br />

am Arbeitsplatz ergeben sollte - auf der einen<br />

Seite Arbeitsplätze für Hochqualifizierte, auf der<br />

anderen Seite Arbeitsplätze, die an Wissen und Fähigkeiten<br />

der dort Tätigen einfache Ansprüche stellen,<br />

unter Wegfall zugleicb der Arbeitsplätze für mittlere<br />

Qualifikationen -, haben sich nicht bestätigt. Nach<br />

heutiger Erfahrung ist vielmehr zu erwarten, daß mit<br />

der verstärkten Anwendung der rvtikroelektronik in<br />

Planung und Steuerung der Einsatz einfach qualifizierter<br />

Arbeitskräfte <strong>zur</strong>ückgehen wird, und generell<br />

das Anforderungsprofil in Richtung höherer Qualifikation<br />

und Mehrfachqualifikation zunimmt. Die dafür<br />

erforderliche qualilikatorische Beweglichkeit zu ver~<br />

mitteln, ist Aufgabe der Unternehmen wie des gegliederten<br />

Ausbildungssystems.<br />

375. Die Entwicklung der Qualifikation von Arbeitskräften<br />

<strong>zur</strong> Handhabung der Computertechnologie ist<br />

in vollem Gange, aber noch längst nicht am Ziel. Noch<br />

mehr Wert muß auf die betriebliche Fortbildung gelegt<br />

werden. Die Erfahrung lehrt, daß der Arbeitsmarkt<br />

die qualifizierten Arbeitskräfte in dem benötigten<br />

Umfang nicht bereitstellen kann, so daß Fortbildungsmaßnahmen<br />

aufgenommen oder ausgebaut<br />

werden müssen.<br />

Fortbildung ist eine Daueraufgabe. Das Interesse der<br />

Unternehmen wie das der Arbeitskräfte erfordert dafür<br />

eine langfristig angelegte betriebliche Personalund<br />

Fortbildungsplanung. An einer solchen langfristigen<br />

Planung fehlt es heute noch in vielen Fällen. Sie<br />

wird in den nächsten Jahren noch dringlicher werden,<br />

weil in absehbarer Zeit die Anzahl der das Bildungssystem<br />

verlassenden jungen Arbeitskräfte <strong>zur</strong>ückgehen<br />

wird.<br />

376. Daß den nachrückenden Arbeitskräften die geforderte<br />

Qualifikation in der heutigen Ausbildung<br />

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