Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />
zogen die langfristigen Zinsen bereits ab Mai dieses<br />
Jahres kräftig an. Da die Aufwertungsspekulation zugunsten<br />
der D-Mark sichtlich nachließ und die Zinsen<br />
auf Dollaranlagen schon im zweiten Quartal schnell<br />
stiegen, nahm der Zustrom an langfristigen ausländischen<br />
Mitteln zusehends ab. Im Inland blieb die Neigung<br />
gering, verfügbare Mittel längerfristig anzulegen.<br />
In der Erwartung, daß die Zinsen weiter steigen<br />
und die Wertpapierkurse in Zukunft sinken könnten,<br />
war es für viele Anleger attraktiv, einen größeren Teil<br />
des Vennögens in Fonn von Geld zu halten.<br />
Nach dem weltweiten Sturz der Aktienkurse, der am<br />
19. Oktober dieses Jahres einsetzte, sind die Kapitalmarktzinsen<br />
erneut gesunken. Die Nachfrage nach<br />
festverzinslichen Wertpapieren, die mit einem vergleichsweise<br />
geringen Kursrisiko behaftet sind, belebte<br />
sich, und vor allem in den Vereinigten Staaten<br />
verlor die Sorge über eine mögliche Inflationsbeschleunigung<br />
und weitere Zinssteigerungen angesichts<br />
der konjunkturellen Risiken infolge des Kurssturzes<br />
zunehmend an Bedeutung.<br />
Abermals starke Expansion der<br />
Zentralbankgeldmenge<br />
130. Die Zentralbankgeldmenge zu konstanten Reservesätzen,<br />
auf die sich die jährliche Zielvorgabe der<br />
Bundesbankbezieht, lag im Oktober - auf Jahresrate<br />
umgerechnet - um 7,8 vH über dem Durchschnittsstand<br />
im letzten Vierteljahr 1986 (Scbaubild 21). Damitwurde<br />
das Ziel der Bundesbank, das imJahresverlauf<br />
eine Ausweitung der Zentralbankgeldmenge<br />
zwischen 3 vH und 6 vH vorsah, in diesem Jahr erneut<br />
deutlich überschritten.<br />
Bei der Festlegung des Geldmengenziels im Dezember<br />
1986 orientierte sich die Bundesbank an der erwarteten<br />
jahresdurchscbnittlichen Zunahme des Produktionspotentials<br />
in jeweiligen Preisen, die sie mit<br />
4 V2 vH veranschlagte. Allerdings erweiterte sie den<br />
Zieltrichter, dessen Bandbreite seit 1984 je zwei Prozentpunkte<br />
betragen halle, um jeweils einen halben<br />
Prozentpunkt nach oben und nach unten. Sie trug<br />
damit den Unsicherheiten Rechnung, welche die<br />
schon zum Zeitpunkt der Zielfestlegung angespannte<br />
währungspolitische Lage mit sich brachte und die<br />
auch in der Einschätzung darüber lagen, ob die ungewöbnlich<br />
hohe Geldhaltung Ausdruck einer dauerhaft<br />
veränderten liquiditätspräferenz sein könnte.<br />
Die für <strong>1987</strong> geplante Ausweitung des Geldangebots<br />
war im ganzen großzügig bemessen, denn aufgrund<br />
der schon im Vorjahr hingenommenen überschreitung<br />
des Geldmengenziels setzte der 'BeItrichter an<br />
einem hohen Niveau der Zentralbankgeldmenge im<br />
vierten Quartal des Jahres 1986 an. So wäre, worauf<br />
die Bundesbank ausdrücklich hinwies, selbst ein<br />
Geldmengenwachstum entlang der unteren Ziellinie<br />
noch potentialgerecht gewesen. Tatsächlich lag der<br />
Expansionspfad der Zentralbankgeldmenge dann seit<br />
Jahresbeginn ständig oberhalb des Zieltrichters.<br />
131. Die bereinigte Zentralbankgeldmenge, die der<br />
Sachverständigenrat als geldpolitiscben Indikator<br />
verwendet, wuchs in noch etwas stärkerem Maße als<br />
die Zentralbankgeldmenge zu konstanten Reservesätzen.<br />
Nach Ausschaltung von Saisoneinilüssen und<br />
auf Jahresrate umgerechnet lag die bereinigte Zentralbankgeldmenge<br />
im September um 8,1 vH über<br />
dem Stand im letzten Quartal des Vorjahres (Tabelle<br />
10).<br />
Die Differenz zwischen den Wachstumsraten der nach unterschiedlichen<br />
Konzeptionen berechneten Indikatoren, die im<br />
September 0,3 Prozentpunkte betrug, erklärt sich vor allem aus<br />
Unterschieden im Verfahren <strong>zur</strong> Bereinigung von Mindestreservesatzänderungen.<br />
Da die Bundesbank konstante Reservesätze<br />
vom Januar 1974 verwendet, die im Durchschnitt die heute gültigen<br />
Sätze um mehr als das Zweifache übersteigen, gehen mindestreservepflichtige<br />
Bankverbindlichkeiten mit einem höheren<br />
Gewicht in ihre Rechnung ein. In Zeiten, in denen der Bargeldumlauf<br />
rascher wächst als das reservepflichtige Einlagevolumen,<br />
nimmt die bereinigte Zentralbankgeldmenge deshalb<br />
schneller zu als die Zentralbankgeldmenge zu konstanten Reservesätzen.<br />
Von geringerer Bedeutung waren in diesem Jahr<br />
die Änderungen der Überschußreserven sowie der Mindestreserven<br />
auf Auslandsverbindlichkeiten, die - anders als nach<br />
der Konzeption der Bundesbank - in die Berechnung der bereinigten<br />
Zentra/bankgeldmenge eingehen (Anhang IV, Abschnitt<br />
C).<br />
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