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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />

einem Anstieg der Ausgaben der Gebietskörperschaften<br />

von gut 4 vH kein Fortschritt erzielt worden. Insbesondere<br />

ist es nicht zu einem Abbau von Subventionen<br />

gekommen; die im Subventionsbericht ausgewiesenen<br />

Finanzhilfen und Steuervergünstigungen<br />

sind <strong>1987</strong> sogar nochmals um reichlich 3 vH gestiegen.<br />

16*. Die Abschwächung der Produktionsentwicklung<br />

hat auch am Arbeitsmarkt deutliche Spuren<br />

hinterlassen. Am Jahresende waren zwar etwa<br />

95000 Personen mehr beschäftigt als Ende 1986; da<br />

aber die Anzahl der Erwerbspersonen stärker zunahm,<br />

ist auch die Arbeitslosenzahl um 95 000 Personen<br />

angestiegen.<br />

Dies lag auch, aber nicht allein an der prekären Situation<br />

der Krisenbranchen, in denen es erneut zu beträchtlichen<br />

Beschäftigungsverlusten kam. Schrumpfende<br />

Branchen hat es in allen Phasen der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung in der Bundesrepublik gegeben,<br />

durchaus auch mit einem Beschäftigungsabbau in<br />

vergleichbarem Tempo und Ausmaß. Das Besondere<br />

ist hier gegenwärtig eher in der Konzentration auf<br />

wenige Standorte, in erster linie auf das Ruhrgebiet<br />

und die Küstenregionen, zu sehen. Gesamtwirtschaftlich<br />

stimmt aber vor allem bedenklich, daß es derzeit<br />

- anders als in früheren Jahren - nur noch wenige<br />

expandierende Bereiche gibt, die ein nachhaltiges<br />

Gegengewicht auf dem Arbeitsmarkt bilden können.<br />

Der Nettozuwachs der Beschäftigung ging in diesem<br />

Jahr fast ausschließlich auf das Konto von Bereichen,<br />

die nicht dem Unternehmenssektor zuzuordnen sind.<br />

Allein 90 000 Personen wurden vom Staat, von den<br />

Organisationen ohne Erwerbszweck und - in geringem<br />

Umfang - von den privaten Haushalten zusätzlich<br />

eingestellt. Im Unternehmenssektor reichte dagegen<br />

die Beschäftigungszunahme im Dienstleistungssektor<br />

nur noch aus, um den Beschäftigungsabbau im<br />

Produzierenden Gewerbe auszugleichen.<br />

Indessen weitete der Staat seine arbeitsmarktpolitischen<br />

Maßnahmen weiter aus. Die seit 1986 laufende<br />

Qualifizierungsoffensive der Bundesanstalt für Arbeit<br />

wurde mit einer gegenüber dem Vorjahr um fast ein<br />

Fünftel größeren Teilnehmerzahl fortgeführt. Auch<br />

wurde die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld für ältere<br />

Arbeitslose verlängert. Es sind zudem abennals<br />

hohe Subventionen für die von weiteren Beschäftigungsverlusten<br />

betroffenen Problembranchen bereitgestellt<br />

worden.<br />

Zur voraussichtlichen Entwicklung<br />

im Jahre 19<strong>88</strong><br />

Weltwirtschaft (Ziffern 183fl.)<br />

17*. Obwohl die Konjunktur seit dem Sommer <strong>1987</strong><br />

wieder an Fahrt gewonnen hat und die fundamentalen<br />

Daten auf keine Verlangsamung hindeuten,<br />

wachsen in der Öffentlichkeit die Sorgen. Die Turbulenzen<br />

an den internationalen Aktien- und Devisenmärkten<br />

haben allenthalben große Unsicherheit hervorgerufen,<br />

bei investierenden Unternehmen und bei<br />

den anlagesuchenden Sparern. Vielerorts wird befürchtet,<br />

daß sich die Situation weiter zuspitzen<br />

könnte - mit unübersehbaren Folgen für die Weltwirtschaft.<br />

So gibt es Stimmen, die eine Rezession für<br />

unausweichlich halten, teilweise werden sogar Parallelen<br />

<strong>zur</strong> Weltwirtschaftskrise von 1929 gezogen. Es<br />

wird auf die gegenwärtigen Risiken verwiesen. Die<br />

Nervosität an den Wertpapier- und Devisenmärkten<br />

sei groß, und mitunter genügten schon unbedeutende<br />

Anlässe, um panikartige Reaktionen au~zulösen.<br />

Unsere Einschätzung der Lage ist eine andere. Wir<br />

sehen keine überzeugenden Gründe, daß es zu einer<br />

Rezession kommen wird. Die Baisse an den Aktienmärkten<br />

ist keine Krise des Finanzsystems. Von den<br />

Kapitalumschichtungen der Finanzanleger profitierten<br />

die Anleihemärkte. Eine Flucht in Sachanlagen,<br />

die man als Indikator für Vertrauensverluste in die<br />

Stabilität des Finanzsystems hätte werten können,<br />

gab und gibt es nicht. Schließlich dar! auch nicht übersehen<br />

werden, daß der Kursverfall bei den Aktien<br />

- wie auch beim Dollar - schon reichlich weit gegangen<br />

ist. Die Wahrscheinlichkeit, daß sich die Kurse<br />

stabilisieren oder sogar wieder steigen werden, ist<br />

eher größer geworden.<br />

Zwar teilen wir die verbreitete Einschätzung, daß per<br />

saldo die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung in der<br />

Welt im kommenden Jahr gedämpft wird, aber wir<br />

haben keine Anhaltspunkte dafür, daß diese Effekte<br />

stark sein werden.<br />

Der Kursverfall an den Aktienmärkten berührt zunächst<br />

einmal die Dispositionen der privaten Haushalte.<br />

Nach Angaben der Bank für internationalen<br />

Zahlungsausgleich war im Jahre 1985 der Anteil der<br />

Aktien am Geldvermögen der privaten Haushalte, zu<br />

Tageskursen bewertet, in den Vereinigten Staaten mit<br />

18 vH dreimal so hoch wie in der Bundesrepublik;<br />

Japan nahm mit 12 vH eine t-..1:ittelposition ein. Ein<br />

Kursverfall bei Aktien bringt also den privaten Haushalten<br />

unmittelbar einen Vennögensverlust. Soweit<br />

sie ihren Vermögensstatus an den Höchstkursen bewertet<br />

haben, müssen sie sich nun ärmer fühlen. Ein<br />

Teil der privaten Haushalte ist aber noch auf andere<br />

Weise betroffen. In einigen Ländern, vor allem in den<br />

Vereinigten Staaten und in Japan, haben Pensionsfonds<br />

hohe Anlagen in Aktien. Den Versicherten<br />

könnte nun eine Abwertung ihrer PensionsanspfÜche<br />

drohen. Sie müßten dann entwederihre Einkommenserwartungen<br />

für das Alter reduzieren oder I wenn sie<br />

die Verluste wieder wettmachen wollen, in Zukunft<br />

mehr sparen. Alles in allem ist damit zu rechnen, daß<br />

es zu Einschränkungen bei den KOllSwnausgaben<br />

kommt, verglichen mit dem, was sonst zu erwarten<br />

gewesen wäre. Die Frage ist, wie hoch der Nachfrageausfall<br />

zu veranschlagen ist und ob er überhaupt<br />

groß ist.<br />

18*. Der Aktienkursverfall wirkt sich auch unmittelbar<br />

auf die Investitionsneigung der Unternehmen aus.<br />

Die Aktienmärkte sind nun weniger ergiebig. Damit<br />

haben sich die Bedingungen verschlechtert, zu denen<br />

sich Unternehmen an der Börse mit vollhaftendem<br />

Eigenkapital versorgen können; für börsennotierte<br />

Gesellschaften, die ihr Aktienkapital aufstocken wol-<br />

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