Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />
Versicherungsunternehmen und ohne Wohnungsvermietung<br />
- ist auf gut 5V2 vH gestiegen; sie liegt damit<br />
um rund einen Prozentpunkt über dem höchsten Wert,<br />
den sie im letzten Aufschwung erreichte (Ziffern<br />
171ft.). Ausschlaggebend für die Verbesserung<br />
in diesem Jahr war, daß die Verbilligung wichtiger<br />
Rohstoffe his weit ins Jahr hinein nachgewirkt hat. Die<br />
Ausgaben für importierte Vorleistungen waren noch<br />
einmal um gut 3 vH niedriger als 1986. Das hat dem<br />
Betrage nach etwd zwei Fünftel der Mehrkosten für<br />
Löhne und Sozialversicherungsbeiträge aufgewogen.<br />
In der Summe sind diese mit 3V2 vH zwar etwas<br />
schwächer als 1986 gestiegen; je Produkteinheit ergab<br />
sich mit knapp 21'2 vH jedoch ein etwas stärkerer<br />
Anstieg als im letzten Jahr, weil die Produktion im<br />
Verhältnis zum Beschäftigtenstand erheblich weniger<br />
zugenommen hat, der Zuwachs der durchschnitlliehen<br />
Arbeitsproduktivität also entsprechend niedriger<br />
ausfiel. Die Stückkosten stiegenim Ergebnis somit<br />
weniger als die Preise. Mit dem nochmaligen Anstieg<br />
der Gewinnmarge hat sich auch der Abstand <strong>zur</strong> Verzinsung<br />
von Anlagen mit geringerem Risiko verbessert.<br />
Das wird auch aus dem Vergleich der Gewinnmarge<br />
mit dem Anteil der kalkulatorischen Zinsen an<br />
den Erlösen deullich.<br />
Bei den kalkulatorischen Zinskosten. wie wir sie in unseren<br />
Rechnungen <strong>zur</strong> Kosten-Erlös-Relation ausweisen, handelt es<br />
sich nicht um die gezahlten Fremdkapitalzinsen, sondern <br />
dem Vorgehen in Investitionsrechnungen entsprechend - um<br />
den beiAnlage des Investitionsbetrages am Kapitalmarkt erzielbaren<br />
Ertrag. Kurzfristige Zinsänderungen infolge der konjunkturellen<br />
Entwicklung oder au/grund einer zeitweilig expansiven<br />
oder kontraktiven Geldpolitik werden bei der empirischen Bestimmung<br />
der Zinsrate ausgeschaltet.<br />
<strong>88</strong>. Trotz der giinstigen Entwicklung der Rendite auf<br />
vorhandenes Sachkapital sind die Investitionsbedingungen<br />
zunehmend skeptisch beurteilt und die Attraktivität<br />
des Standortes Bundesrepuhlik ist erneut in<br />
Frage gestellt worden. Genährt werden solche Zweifel<br />
aus der Zahlungsbilanzstatistik über die Direktinvestitionen.<br />
Danach wurden von Inländern 1986 Investitionen<br />
in Höhe von 19,5 Mrd DM jenseits der deutschen<br />
Grenzen vorgenommen, in den ersten neun<br />
Monaten dieses Jahres für 11,4 Mrd DM. Umgekehrt<br />
haben ausländische Investoren 1986 nur 3,0 Mrd DM<br />
in der Bundesrepublik angelegt und in der Zeit von<br />
Januar bis September lediglich 0, I Mrd DM investiert,<br />
so daß sich der Saldo weiter zuungunsten der<br />
Bundesrepublik verändert hat. Bedient man sich der<br />
Transferstatistik, aus der keine Angaben für das laufende<br />
Jahr verfügbar sind, sieht das Bild günstiger,<br />
aber nicht grundlegend anders aus. Danach sind die<br />
deutschen Direktinvestitionen im Ausland nach Abzug<br />
der Rück!lüsse 1986 um 2,4 Mrd DM auf<br />
11,2 Mrd DM <strong>zur</strong>ückgegangen, die ausländischen Direktinvestitionen<br />
erhöhten sich dagegen um<br />
2,3 Mrd DM auf 5,8 Mrd DM, bleiben aber immer<br />
noch um 5,4 Mrd DM hinter den deutschen Auslandsinvestitionen<br />
<strong>zur</strong>ück.<br />
Bei der Zahlungsbilanzstatistik wird im Gegensatz zum Vorgehen<br />
bei der Transferstatistik eine Mindestbeteiligung von 25 vH<br />
bei Aktiengesellschaften und von 10 vH bei größeren Beteiligungen<br />
im Umfang von ..mehreren" 100 Mio DM vorausge-<br />
setzt. um eine Kapitaltransuktion als Direktinvestition einzustufen.<br />
Das führt tendenziell dazu, daß Direktinvestitionen des Auslands<br />
im Inland relativ niedrig ausgewiesen werden, da es in der<br />
Bundesrepublik vergleich~eise wenige Aktiengesellschaften<br />
gibt. Außerdem werden im Konzept der Zahlungsbilanzstatistik<br />
Darlehen an verbundene Unternehmen und Zuschüsse nicht<br />
einbezogen. Dafür werden Zuschätzungen fü"im Ausland reinvestierte<br />
Gewinne vorgenommen, die dem Betrage nach allerdings<br />
gering sind.<br />
Eine Ursache für die Entwicklung ist die zunehmende<br />
Internationalisierung der Produktion. Investitionen an<br />
Standorten im Ausland ·helfen, die Beschaffung von<br />
Vorprodukten zu sichern und Kostenvorteile in der<br />
Produktion zu realisieren; auf der Absatzseite können<br />
Fühlungsvorteile bei der Markterschließung genutzt<br />
und kann protektionistischen Maßnahmen leichter<br />
ausgewichen werden. Wer an vielen Orten der Welt<br />
präsent ist, kann auch von Wechselkursschwankungen<br />
weniger betroffen werden - im Gegenteil, in<br />
gewissem Ausmaß lassen sich Produktionsströme gemäß<br />
den Paritätenänderungen mit Gewinn umleiten.<br />
Im Zuge der Globalisierung ihrer Aktivitäten haben<br />
die Unternehmen aller großen Industriestaaten in<br />
jüngster Zeit ihre Direktinvestitionen im Ausland verstärkt<br />
und dabei vornehmlich die Wirtschaftszonen<br />
Nordamerika, Japan-Südostasien soWie die Europäische<br />
Gemeinschaft gewählt.<br />
D~aus erklärt sich zwar, warum deutsche Unternehmen<br />
verstärkt ins Ausland gehen, nicht jedoch,<br />
warum die Bundesrepublik vergleichsweise wenig<br />
Anziehungskraft auf ausländische Investoren ausübt.<br />
Zum Teil kann der stark negative Investitionssaldo<br />
geschichllieh hegründet werden. Deutsche Firmen<br />
haben nach dem Weltkrieg ihr Auslandsvermögen<br />
verloren und erst später damit begonnen, wieder in<br />
größerem Umfang Auslandsstandorte aufzubauen.<br />
Von daher kann über die allgemeine Tendenz <strong>zur</strong><br />
Globalisierung hinaus noch ein Nachholbedarl bestehen,<br />
den ausländische Firmen in der Bundesrepublik<br />
wemgerverspüren. Diese hatten bereits in den fünfziger<br />
und sechziger Jahren die Bundesrepublik als<br />
Standort gewählt. Dafür sprechen neben den Statistiken<br />
über Direktinvestitionen auch die Zeitreihen für<br />
die grenzüberschreitenden Ströme der Vermögenseinkommen<br />
der Unternehmen. Beide weisen erst gegen<br />
Mitte der siebziger Jahre auf ein verstärktes Engagement<br />
deutscher Unternehmen im Ausland hin.<br />
Zum Teil mag die Entwicklung auch auf eine verminderte<br />
Attraktivität des Standorts Bundesrepublik <strong>zur</strong>ückgeführt<br />
werden - vermindert dadurch, daß sich<br />
die Investitionsbedingungen in anderen Ländern verbessert<br />
haben. In der Europäischen Gemeinschaft<br />
sind durch die Süderweiterung Standorte mit niedrigen<br />
Lohnkosten hinzugekommen, von denen aus der<br />
gemeinsame Binnenmarkt kostengünstiger versorgt<br />
werden kann als aus der Bundesrepublik. Ferner<br />
schlägt zu Buche, daß in einigen Ländern die Unternehmensbesteuerung<br />
verringertworden ist. Vor allem<br />
ist es aber die Attraktivität der Märkte selbst, die<br />
zählt. Sie ist in einigen Ländern dadurch erhöht worden,<br />
daß die Marktöffnung entschiedener als in der<br />
Bundesrepublik vorangebracht worden ist.<br />
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