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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />

ben der Kooperation im währungspolitischen Bereich,<br />

in dem konkrete konzertierte Aktivitäten vorzunehmen<br />

sind (Interventionen an den Bandgrenzeo, Abstimmung<br />

intramarginaler Interventionen, Änderung<br />

der Wechselkursrelationen), die Kooperation im Bereich<br />

der nationalen Geldpolitik (Geldmengensteuerung,<br />

Zinspolitik) auf zunächst pragmatische Weise zu<br />

verstärken. Wenn auf lange Sicht die ökonomischen<br />

Vorbedingungen und institutionellen Voraussetzungen<br />

stärker aneinander angepaßt sein werden, wird es<br />

auch eher möglich sein, den Vollzug der Geldpolitik<br />

stärker an einheitlichen Indikatoren aus<strong>zur</strong>ichten.<br />

In einer pragmatischen Kooperation liegt freilich auch<br />

eine Gefahr, daß nämlich im vermeintlichen Interesse<br />

für das Ganze die Elemente des Systems in der Anwendung<br />

aufgeweicht werden, weil überhaupt nur so<br />

Beschlüsse erzielt werden können. Wenn diese Gefahren<br />

auch nicht gänzlich zu vermeiden sind, müssen<br />

sie doch so klein wie möglich gehalten werden. Daher<br />

ist es notwendig, daß die Kooperation im EWS hauptsächlich<br />

von den Notenbanken durchgeführt wird,<br />

und dies bei weitgehender Unabhängigkeit ihres<br />

Handeins von der übrigen Politik. Die Autonomie der<br />

Notenbank von unmittelbaren staatlichen Weisungen<br />

ist ein bewährter Grundsatz, der auch in das EWS Einzug<br />

halten sollte.<br />

Erleichterung intramarginaler Interventionen<br />

354. Auf der Konferenz der Finanzminister und Zentralbankpräsidenten<br />

am 12. September <strong>1987</strong> in Nyborg<br />

sind - auf der Basis von Beschlüssen der Notenbankpräsidenten<br />

der Mitgliedsländer der Europäischen<br />

Gemeinschaft - Erleichterungen für intramarginale<br />

Interventionen beschlossen worden. Diese Interventionen<br />

können durch Rückgriff auf die "sehr<br />

kurzfristige Finanzierung" über den Europäischen<br />

Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit<br />

(EFWZ) finanziert werden. Zwar war das mit Zustimmung<br />

der betroffenen Zentralbanken schon bisher<br />

möglich; auch ist kein automatischer Rückgriff auf<br />

diese Finanzierung eingeräumt worden. Aber es wird<br />

von der Vennutung ausgegangen, daß intramarginale<br />

Interventionen, die mit Zustimmung der die Interventionswährung<br />

emittierenden Notenbank vorgenommen<br />

werden, über den EFWZ finanziert werden können.<br />

Dabei sind bestimmte Obergrenzen vorgesehen,<br />

überdies muß die Schuldnerzentralbank auch Eigenbestände<br />

der Währung, die für die Interventionen verkauft<br />

werden soll, bereitstellen.<br />

Intramarginale Interventionen beruhen anders als die<br />

Pflichtinterventionen an den Bandgrenzen auf dem<br />

freien Ermessen der Notenbanken. Das Ziel besteht<br />

im allgemeinen darin, einem erkennbaren Kursdruck<br />

auf eine Währung entgegenzuwirken und auf diese<br />

Weise zu verhindern, daß die Währung auf den unteren<br />

Interventionspunkt fällt, bei dem kursstabilisierende<br />

Pflichtinterventionen in unbegrenztem Umfang<br />

oder sogar Wechselkursanpassungen fällig werden.<br />

Intramarginale Interventionen sind zweckmäßig,<br />

wenn sie einer von den fundamentalen Faktoren her<br />

nicht gerechtfertigten Abweichung einer Währung<br />

entgegenwirken. Wird auf diese Weise verhindert,<br />

daß die Währung ihren unteren Interventionspunkt<br />

erreicht, bei dem unter Umständen größere Stützungskäufe<br />

notwendig werden, kann gegebenenfalls<br />

das Volumen an Interventionen insgesamt verringert<br />

werden. Andererseits sind Fälle denkbdJ, in denen die<br />

intramarginalen Interventionen selbst destabilisierenden<br />

Kapitalverkehrund dann Pflichtinterventionen an<br />

der Bandgrenze auslösen, weminämlich Kapitalanleger<br />

aus der Tatsache intramarginaler Interventionen<br />

schließen, daß sich eine. Notenbank einer fälligen<br />

Wechselkursanpassung ihrer Währung entgegenzustellen<br />

versucht.<br />

Intramarginale Interventionen sind grundsätzlich<br />

ökonomisch nicht anders als Pflichtinterventionen zu<br />

beurteilen. In einem Festkurssystem können Interventionen<br />

am Devisenmarkt sinnvoll sein, um vorübergehendem<br />

Druck auf eine Währung entgegenzuwirken.<br />

Sollen feste Wechselkurse ohne Interventionen verteidigt<br />

werden, müßten die Notenbanken häufiger und<br />

in verstärktem Maße Zinsänderungen vornehmen,<br />

was Unsicherheit und Instabilität erzeugt und daher<br />

realwirtschaltlich nachteilig ist. Problematisch sind<br />

Interventionen dann, wenn sie dazu dienen, Kursrelationen<br />

aufrecht zu erhalten, die den realwirtschaftlichen<br />

Gegebenheiten nicht entsprechen. Es wäre ein<br />

Mißbrauch des Instruments der Interventionen, wenn<br />

sie an die SteIle fälliger Wechselkursänderungen oder<br />

wirtschaftlicher Anpassungen treten würden. Wenn<br />

sich Interventionssalden in einer Währung über längere<br />

Zeit betrachtet nicht zu Null addieren, wäre dies<br />

ein Indiz für einen solchen Mißbrauch.<br />

Intramarginale Interventionen haben neben Wechselkurseffekten<br />

auch Uquiditätsellekte. Werden intramarginale<br />

Interventionen über die sehr kurzfristige<br />

Finanzierung des EFWZ abgewickelt, kommt es zu<br />

einer Uquiditätsausweitung in der Währung, die für<br />

Intervenöonszwecke verkauft werden soll. Dies kann<br />

der Geld- und Uquiditätspolitik der die Interventionswährung<br />

emittierenden Notenbank entgegenlaufen.<br />

Allerdings ist hierbei zu beachten, daß etwa die ZentraibankgeIdmengensteuerung<br />

durch die Bundesbank<br />

aus mehreren Quellen gespeist wird. Eine verstärkte<br />

Uquiditätsschöplung aus Interventionen<br />

könnte die Notenbank durch eine resbi·ktivere Handhabung<br />

anderer Instrumente, etwa Wertpapierpensionsgeschäfte,<br />

kompensieren. Gleichwohl sollte auch<br />

in Zukunft daran festgehalten werden, daß es bei intramarginalen<br />

Interventionen keinen automatischen<br />

Rückgrill auf die sehr kurzfristige Finanzierung gibt.<br />

Zu einer auf Konvergenz und Kooperation gerichteten<br />

Währungspolitik Europas würde es nicht passen,<br />

wenn die wünschenswerte Abstimmung zwischen<br />

den Notenbanken durch Automatismen ersetzt<br />

winde, die einzelne Notenbanken nachhaltig belasten<br />

könnten.<br />

355. Die Beschlüsse von Nyborg sehen vor, daß die<br />

im Rahmen der sehr kurzfristigen Finanzierung aufgenommenen<br />

Interventionskredite nun bis zu 100 vH<br />

(bisher 50 vH) in ECU <strong>zur</strong>ückgezahlt werden können.<br />

Voraussetzung hierfür ist, daß sich nicht eine unausgewogene<br />

Zusammensetzung der Währungsreserven<br />

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