Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />
löst: An fünf Tagen in der Woche sollen je zwei<br />
Schichten von 9 Stunden Dauer gefahren werden, die<br />
Anlagennutzung betrüge somit 90 Stunden und nicht<br />
nur 80 Stunden je Woche, wenn die wöchentliche Maximalarbeitszeit<br />
von 40 Stunden je Schicht zugrunde<br />
gelegt wird. Betriebsrat und Unternehmen waren sich<br />
einig, dieses Modell wegen bestehender Engpässe<br />
und erforderlicher MehreinsteIlungen von 400 Beschäftigten<br />
anzuwenden, zumal das Unternehmen in<br />
einem anderen Bundesland damit bereits arbeitet und<br />
über entsprechende Erfahrungen verfügt. Die Gewerkschalt<br />
hat sich dagegen gewandt, vor der Einigungsstelle<br />
kam keine Betriebsvereinbarung zustande.<br />
367. Zunehmend wichtiger wird es schließlich, tarifvertraglich<br />
auch Modelle zu vereinbaren und zu erproben,<br />
die eine Verkürzung und Flexibilisierung der<br />
Arbeitszeit mit beruflicher Weiterbildung verbitlden.<br />
Nicht nur der notwendige sektorale Strukturwandel,<br />
sondern auch die mit dem Fortschritt der Technik einhergehenden<br />
Veränderungen in den Tätigkeitsinhalten<br />
stellen neue und im ganzen gesehen erhöhte Anforderungen<br />
an die berufliche Qualifikation der Arbeitnehmer.<br />
Schon heute sind in vielen Fällen Arbeitskräfte<br />
knapp, die mit den nenen Techniken vertraut<br />
sind, und es ist abzusehen, daß sich die daraus resultierenden<br />
Probleme für die Anpassungsfähigkeit der<br />
Wirtschaft an die Veränderung der Märkte in den<br />
kommenden Jahren verschärfen werden, zumal dann<br />
längst nicht mehr so viele neu Ausgebildete nachrükken.<br />
Die Weiterbildung möglichst breit zu fördern,<br />
sollte daher im Interesse beider Tarifparteien liegen<br />
(Ziffern 369ff.).<br />
politischer Orientierungskralt. Das die Präferenzen<br />
des einzelnen berücksichtigende Arbeitsverhältnis<br />
gewinnt an Boden.<br />
Mehr Beweglichkeit der Arbeitsmärkte im Zusammenspiel<br />
mit den neuen Techniken zu verwirklichen,<br />
heißt nicht, sich blind einem Diktat d'ls technischen<br />
Fortschritts zu unterwerfen. Es geht um eine aktive<br />
Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der<br />
Technik zum Nutzen aller. -<br />
Das Schutz- und Sicherheitsinteresse des einzelnen<br />
setzt der BeweglichkeitaUf den Arbeitsmärkten Grenzen,<br />
durchaus zu Recht. Niemand wird den Kündigungsschutz<br />
beseitigen wollen, um so die Beweglichkeit<br />
zu steigern. Doch mancher im Arbeitsrecht festgeschriebene<br />
Schutz für den einen benachteiligt den<br />
anderen. Die Erhaltung eines alten Arbeitsplatzes<br />
kann der Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes im<br />
Wege stehen. Auch hier gehtes um die Abwägung der<br />
Vorteile, die ein Schutzrecht den Begiinstigten gewährt,<br />
gegen die Nachteile, die anderen daraus erwachsen.<br />
Die Lockerung der Bedingungen, die die Entlassung<br />
heute erschweren, bringen den Arbeitnehmern insgesamt<br />
keineswegs nur Nachteile. Dem Nachteil aus<br />
erleichterter Entlassung steht der Vorteil höherer Beschäftigung<br />
gegenüber. Höhere Sicherheit des Arbeitsplatzes<br />
ist nicht aus der Erschwerung der Entlassung<br />
zu ziehen, weil ein Unternehmen, das nur<br />
schwerjemand entlassen kann, auf die Dauerweniger<br />
Einstellungen vornimmt. Es geht also hier um mehr<br />
Beweglichkeit im Interesse einer höheren Beschäftigung,<br />
um die Steigerung der Beschäftigungschancen<br />
auch von Arbeitslosen.<br />
v. Für mehr Beweglichkeit<br />
auf den Arbeitsmärkten<br />
368. Den Wettbewerb auf den Absatzmärkten erfolgreich<br />
zu bestehen, verlangt von den Anbietem<br />
den Einsatz moderner Technik, und deren Nutzung<br />
setzt mehr Beweglichkeit auf den Arbeitsmärkten voraus.<br />
In Aussicht stehen dafür mehr, bessere und sicherere<br />
Arbeitsplätze. Auf diesem Wege zügiger voranzukonunen,<br />
bedarf es zusätzlicher Anstrengungen <strong>zur</strong><br />
beruflichen Qualifikation, weitergehender Ausschöpfung<br />
der Möglichkeiten flexibler Arbeitszeiten und<br />
eines besseren Regelwerks für den Arbeitsmarkt.<br />
Dazu haben die Unternehmen, das Bildungswesen,<br />
die Tarifparteien ebenso wie der Gesetzgeber und<br />
teilweise auch die Arbeitsgerichte ihren Beitrag zu leisten.<br />
Die Formen erhöhter Beweglichkeit auf den Arbeitsmärkten<br />
sind vieUältig. Sie betreffen sowohl die flexiblere<br />
Gestaltung der Arbeitszeit wie auch die Fähigkeit<br />
und Bereitschalt der Arbeitnehmer, neue Tätigkeiten<br />
zu übernehmen, höhere oder breitere Qualifikationen<br />
zu erwerben, den Arbeitsort zu wechseln,<br />
sich selbständig zu machen. Mehr Beweglichkeit verlangen<br />
die Beschäftigten auch aus eigenem Interesse.<br />
Sie wollen ihre berufliche Tätigkeit ihrer Fähigkeit<br />
und Neigung entsprechend freier gestalten können.<br />
Das Normalarbeitsverhältnis verliert insoweit an tarif-<br />
Neue Techniken -<br />
neue Quallflkationsanforderungen<br />
369. Mit dem Wandel der Technik verändern sich<br />
die Tätigkeiten der Beschäftigten und mit diesen die<br />
geforderten Qualifikationen. Das zeigt die Geschichte<br />
des technischen Fortschritts ebenso wie die tägliche<br />
Erfahrung. Ob neue Produktionsverfahren angewendet<br />
und neue Produkte hergestellt werden, neue Materialien<br />
eingesetzt oder herkömmliche auf neue<br />
Weise bearbeitet und verarbeitet werden, Informationen<br />
besser und in größerer Zahl erfaßt, weitergeleitet<br />
und gespeichert werden, neue Arbeitsabläufe möglich<br />
gemacht und genutzt werden - in allen diesen<br />
Fällen sind Umstellungen erforderlich, in der Industrie,<br />
im Handel, bei Versicherungen und Banken,<br />
kurz in allen Wirtschaltsbereichen. Solche Umstellungen<br />
werden nicht nur von den in der Produktion Beschäftigten<br />
abverlangt, sie betreffen auch die in der<br />
Produktionsvorbereitung, aber ebenso auch die im<br />
Vertrieb und in der Verwaltung beschäftigten Arbeitnehmer,<br />
schließlich auch die in der Kundenberatung<br />
und Kundenbetreuung Tätigen. Am augenfälligsten<br />
treten die geänderten Anforderungen indes beim Einsatz<br />
neuer Produktionssysteme in der Industrie in Erscheinung.<br />
Hier geht mit der Ausbreitung der neuen<br />
Technologien eine Entwicklung der Qualifikationserfordernisse<br />
einher, die auf einen kurzen Nenner ge-<br />
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