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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />

sich, Investitionsprojekte werden deshalb <strong>zur</strong>ückgestellt<br />

oder ganz aufgegeben.<br />

Die internationalen Kapitalanleger werden die<br />

Auswirkungen von zuvor eingetretenen Kursrückgängen<br />

auf die einzelnen Volkswirtschaften abschätzen<br />

und gegebenenfalls Kapitalverlagerungen<br />

von einem Land in ein anderes vornehmen.<br />

Damit beeinflussen sie die Entwicklung der Wechselkurse,<br />

von denen die internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Unternehmen oft entscheidend<br />

abhängt.<br />

24. Es ist äußerst schwierig, die realwirtschaftlichen<br />

Veränderungen, die aus dem Zusammenspiel dieser<br />

zum Teil konträren Faktoren für einzelne Länder und<br />

für die Welt als Ganzes resultieren, einigermaßen ver·<br />

läßlich anzugeben. Gegenwärtig sind noch keine produktionswirtschaftlichen<br />

Wirkungen erkennbar, auch<br />

in den für das Jahr <strong>1987</strong> ennittelten Gesamtausgaben<br />

der Haushalte und der Unternehmen wird sich die<br />

Börsenkrise kaum niederschlagen. Ihre Folgen werden<br />

sich erst im Jahre 19<strong>88</strong> zeigen; in den Ziffern<br />

187 ff. gehen wirdarauf ein. Eine Weltwirtschaftskrise<br />

ist nicht zu befürchten, erst recht nicht eine Große<br />

Depression, wie sie sich nach dem Börsenkrach des<br />

Jahres 1929 einstellte.<br />

Vereinigte Staaten: Anhaltender Aufschwung bei<br />

starkem Exportwachstum<br />

25. Begiinstigt durch einen kräftigen Anstieg der<br />

Exporte setzte sich der Aufschwung in den Vereinigten<br />

Staaten im fünften Jahr fort. Erstmals stieg die<br />

gesamtwirtschaftliche Produktion rascher als die inländische<br />

Nachfrage, die den wirtschaftlichen Aufschwung<br />

bislang stärker angetrieben hatte. Der niedrige<br />

Außenwert des Dollar stimulierte den Export<br />

amerikanischer Güter; das Ausfuhrvolumen stieg gegenüber<br />

dem Vorjahr um rund 9 vH und damit wesentlich<br />

schneller als die Gütereinfuhr, die mit einer<br />

Rate von 2V2 vH wuchs (Schaubild 6).<br />

Daß sich in der Leistungsbilanzentwicklungnoch kein<br />

Umschwung gezeigt hat, obwohl der reale Einfuhrüberschuß<br />

in diesem Jahr um rund 20 Mrd Dollar <strong>zur</strong>ückgegangen<br />

ist, liegt vor allem daran, daß die Importpreise<br />

im Laufe dieses Jahres kräftig anzogen.<br />

Dadurch wurde der Importwert, der in die Leistungsbilanz<br />

eingeht, nochmals deutlich erhöht. Der Preisanstieg<br />

war zum Teil die Folge wieder anziehender<br />

Ölpreise. Eine Rolle spielte aber auch, daß ausländische<br />

Anbieter aul die niedrigere Bewertung des Dollar<br />

nicht in dem Maße durch Preiszugeständnisse reagierten,<br />

wie sie es noch im Vorjahr, in dem die Importpreise<br />

rückläufig gewesen waren, getan hatten. Obwohl<br />

sich die Leistungsbilanz gegenüber 1986 noch<br />

einmal verschlechtern wird, dürfte der Höchststand<br />

des Defizits inzwischen erreicht worden sein und eine<br />

langsame Rückführung im nächsten Jahr einsetzen.<br />

26. Die konjunkturelle Entwicklung verlief besser,<br />

als es zu Jahresanfang allgemein erwartet worden<br />

war. Die gesamtwirtschaftliche Produktion lag um<br />

knapp 3 vH über dem Vorjahresstand, und dies, obwohl<br />

der Kurssturz an den Aktienmärkten den priva-<br />

ten Konsum und die Unternehmensinvestitionen im<br />

vierten Quartal gedämpft haben dürfte. In der ersten<br />

Jahreshälfte stieg das Sozialprodukt vor allem deswegen<br />

kräftig an, weil sich die Ausfuhren stark erhöhten<br />

und die Läger weiter aufgestockt wurden. Sehr<br />

schwach entwickelten sich dagegen die Nachfrage<br />

nach Konsumgütern und besonders di~ Anlageinvestitionen:<br />

Die privaten Konsumausgaben lagen nur<br />

geringfügig über dem Stand des vorangegangenen<br />

Halbjahres, die Anlageinvestitionen sogar erheblich<br />

darunter. Vorzieheffekte im Zusammenhang mit der<br />

diesjährigen Steuerrelortn dürften,hierbei eine Rolle<br />

gespielt haben. So ist die hohe Nachfrage nach dauerhaften<br />

Konsumgütern im zweiten Halbjahr 1986 zu<br />

einemgewissenTeil damit zu erklären, daß die Zinsen<br />

auf Konsumentenkredite seit Anfang dieses Jahres<br />

nicht mehr steuerlich absetzbar sind. Auch ist bei einer<br />

Beurteilung der Investitionsschwäche zu Anfang<br />

des Jahres in Rechnung zu stellen, daß geplante Investitionsgüterkäufe<br />

teilweise vorgezogen worden sein<br />

dürften, weil Abschreibungserleichterungen mit dem<br />

Inkrafttreten der Steuerreform wegfielen.<br />

Im weiteren Jahresverlauf belebte sich die Inlandsnachfrage.<br />

Die Investitionstätigkeit wurde durch eine<br />

im ganzen positive Gewinnentwicldung begünstigt<br />

und erholte sich von dem scharfen Einbruch zu Anfang<br />

des Jahres. Die Gewinnsteigerungen gingen im<br />

wesentlichen darauf <strong>zur</strong>ück, daß der Anstieg der<br />

Lohnstückkosten in diesem Jahr um etwa einen Prozentpunkt<br />

geringer ausfiel als der Anstieg der Absatzpreise.<br />

Steuerlich wurden die Unternehmen eher stärker<br />

belastet als im Vorjahr; zwar waren die Körperschaftsteuersätze<br />

mit der Steuerreform herabgesetzt<br />

worden, doch wurde dies durch den Wegfall von Abschreibungserleichterungen<br />

mehr als ausgeglichen.<br />

Der Anstieg des privaten Verbrauchs wurde im Jahresverlauf<br />

vor allem durch die weiterhin kräftige Zunahme<br />

der Beschäftigung getragen. Die durchschnittlichen<br />

Realeinkommen nahmen dagegen ab, weil die<br />

Lohnsteigerungen hinter dem Anstieg der Verbraucherpreise<br />

<strong>zur</strong>ückblieben, der im Jahresdurchschnitt<br />

rund 4 vH betrug.<br />

27. Von der niedrigen Bewertung des Dollar profitierte<br />

vor allem die amerikanische Industrie, da sie<br />

dem internationalen Wettbewerb stärker ausgesetzt<br />

ist als andere Bereiche der Wirtschaft. Nachdem die<br />

Industrieproduktion zwei Jahre lang nahezu stagniert<br />

hatte, stieg sie in diesem Jahr wieder an und lag im<br />

August um rund 4V2 vH höher als vor Jahresfrist. Etwas<br />

ungiinstiger verlief hier die Entwicklung der Beschäftigung,<br />

Es wurden nur rund 100 000 Personen<br />

mehr beschäftigt als im Vorjahr. Von den in diesem<br />

Jahr insgesamt fast 3 Millionen zusätzlich beschäftigten<br />

Personen fand der größte Teil im arbeitsintensiven<br />

Dienstleistungsgewerbe einen Arbeitsplatz. Die Arbeitslosenquote<br />

für die Gesamtwirtschaft ging aufgrund<br />

dieses starken Beschäftigungszuwachses erneut<br />

<strong>zur</strong>ück; sie hat sich seit Beginn des Aufschwungs<br />

im Jahre 1982 von 9'12 vH auf etwas über 6 vH vermindert.<br />

Regional entwickelte sich die Beschäftigung weiterhin<br />

sehr unterschiedlich. Während im Süden, in dem<br />

die Ölindustrie und die Landwirtschaft eine große<br />

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