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Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />

potential und das Bruttoinlandsprodukt. Ein schnelleres<br />

reales Wachstum ist dadurch nicht erreicht worden.<br />

Weitere expansive geldpolitische Maßnahmen<br />

dOOten daran nichts ändern; im Gegenteil, indem sie<br />

die Inßationserwartungen stärken, wirken sie auf höhere<br />

Kapitalmarktzinsen hin. Zunehmende Inflationserwartungen<br />

haben höhere Preissteigerungen <strong>zur</strong><br />

Folge. Mit diesen würde zwar die Zuwachsrate des<br />

nominalen Bruttoinlandsprodukts steigen - unter<br />

Umständen würde sogar die festgesetzte Zielgröße<br />

schon bald erreicht -, aber dem liegt ein inflationärer<br />

Prozeß zugrunde. Ihn kann man auch dann nicht gutheißen,<br />

wenn er <strong>zur</strong> Beseitigung des Ungleichgewichts<br />

im internationalen Leistungsbilanzgefüge führen<br />

sollte, etwa weil inländische Güter im Vergleich<br />

zu ausländischen teurer werden und dadurch die Inlandsnachfrage<br />

teilweise von heimischen Produzenten<br />

auf Unternehmen im Auslandumgelenkt wird. Ein<br />

•internationaler Wachstumspakt" der sich zu einem<br />

.internationalen Inflationspakt" hin entwickelt, kann<br />

nicht Ausdruck einer gelungenen Kooperation sein.<br />

Zu den Rohstoffpreisen als Zielgrö8e<br />

der Geldpolillk<br />

334. Nach einem zweiten Vorschlag sollen die Notenbanken<br />

aller Länder in vorhersehbarer und abgestimmter<br />

Weise auf Veränderungen des Preisindex<br />

eines Rohstoffkorbes reagieren, in den auch Gold aufgenommen<br />

ist. Bei fallendem Index sollen die Zinsen<br />

gesenkt und die Geldmenge ausgeweitet werden, bei<br />

steigendem Index die Zinsen erhöht und die Geldversorgung<br />

verknappt werden. Auf diese Weise werde<br />

der Rohstoffpreisindex stabilisiert und dadurch eine<br />

verläßliche Orientierungsmarke geschaffen. Im Kern<br />

geht es bei diesem Vorschlag wiederum um eine regeigebundene<br />

international abgestimmte .Nachfragesteuerung".<br />

Man hofft dabei auch auf die Stabilisierung<br />

des allgemeinen Preisniveaus; zum einen stellen<br />

Rohstoffkosten ein wichtiges Element bei der Preiskalkulation<br />

der Unternehmen dar, zum anderen unterstellt<br />

man einen Gleichklang von Rohstoffpreisschwankungen<br />

und konjunkturellen Schwankungen.<br />

Eine Stabilisierung des Rohstoffpreisindex trüge dann<br />

<strong>zur</strong> Glättung der konjunkturellen Schwankungen bei<br />

und verhinderte einen konjunkturell bedingten Anstieg<br />

des allgemeinen Preisniveaus.<br />

335. Der Vorschlag ist aus einer Reihe von Gründen<br />

nicht überzeugend. Schwierig ist es bereits, Einigung<br />

darüber herbeizuführen, welches Niveau der Roh~<br />

stoffpreise die Basis bilden soll und wie dieses Niveau<br />

zu ändern ist, wenn sich die Preise allgemein erhöhen.<br />

Zahlreiche Entwicklungsländer weisen darauf hin,<br />

daß die Rohstoffpreise derzeit zu niedrig seien, um<br />

ihnen eine schnelle Überwindung der Schuldenkrise<br />

zu ermöglichen. In Erinnerung zu rufen sind auch die<br />

Forderungen der Dritten Welt nach •fairen" indexierten<br />

Preisen, das heißt nach Preisen für ihre Rohstoffe,<br />

die in "gerechter" Weise an die Preise der von ihnen<br />

importierten Industrieerzeugnisse gebunden sind.<br />

Schwierigkeiten bereitet auch die Einbeziehung von<br />

Gold in den Warenkorb. Gold wird nicht nur als Rohstoff,<br />

sondern auch als Wertaufbewahrungsmittel ge-<br />

172<br />

nutzt. Steigen die Goldpreise, weil sich Inflationserwa:tun~enausbreiten,<br />

müssen es nicht notwendigerwelse<br />

die Preise wichliger Rohstoffe tun.<br />

Gravierend ist schließlich ein systematischer Mangel.<br />

Die Rohstoffpreise schwanken nicht ny.r konjunkturell<br />

nut der Nachfrage auf den Weltmärkten, sondern<br />

auch - und dann vielfach besonders stark ­<br />

aus Gründen, die auf der Angebotsseite liegen.<br />

Witterungsbedingte Ernteausfälle, Beschlüsse internationaler<br />

Rohstoffkartelle, Kriege zwischen wichligen<br />

Rohstofflieferanten lind Angellpts<strong>zur</strong>ückhaltung<br />

Wlchtiger Goldproduzenten können einen Anstieg<br />

des Index mit sich bringen. Darauf weltweit mit einer<br />

knapperen Geldversorgung reagieren zu müssen, ist<br />

nicht annehmbar. Wenn etwa der Goldpreis steigt,<br />

weil die Produzenten - aus welchen Gründen auch<br />

immer - ihr Angebot einschränken, darl das nicht<br />

zum zwingenden Anlaß für eine knappere Geldversorgung<br />

werden, ebenfalls nicht ein erntebedingter<br />

Anstieg der Kaffee-, Tee- und Kakaopreise. Auch<br />

müssen die Träger der Wirtschaftspolitik frei sein, in<br />

angemessener Weise auf Kartellpreiserhöhungen zu<br />

reagieren; eine regelbestimmte automatische Uquiditätsverknappung<br />

würde eingetretene .Angebotsschocks"<br />

in ihrer Wirkung nur vervielfachen, ganz<br />

abgesehen davon, daß die Rohstoffpreise nicht innerhalb.<br />

absehbarer Frist auf das Zielniveau herabgedrückt<br />

werden könnten.<br />

336. Die Einbeziehung der Rohstoffpreisindizes in<br />

die internationale Kooperation <strong>zur</strong> Überwindung der<br />

Ungleichgewichte im internationalen Leistungsbilanzgefüge<br />

soll offensichtlich - klar formuliert worden<br />

ist das nicht - dadurch vorgenonunen werden,<br />

daß jede Notenbank auf Veränderungen des Index<br />

der in nationale Währung umgerechneten Rohstoffpreise<br />

so wie vorgeschrieben reagieren muß. Da zahlreiche<br />

Rohstoffpreise auf den Weltmärkten in Dollar<br />

ausgedrücktwerden, ergibt sich dann ein Dollar-Rohstoffpreis-Standard.<br />

Damit wird die Anpassungslast<br />

bei Dollarkursänderungen den anderen Währungen<br />

auferlegt. Steigt bei unveränderten Dollarpreisen der<br />

Rohstoffe der Dollarkurs, würden sich die Rohstoffpreise<br />

in Inlandswährung erhöhen, und die Geldpolitik<br />

müßte straffer als bisher geführt werden. Umgekehrt<br />

müßten expansive Maßnahmen ergriffen werden,<br />

wenn der Dollarkurs sinkt - etwa, weil es den<br />

Vereinigten Staaten nicht gelingt, ihr großes Budgetdefizit<br />

abzubauen. Gegenwärtig müßten unter dem<br />

Diktat eines Dollar-Rohstoffpreis-Standards Bundesbank<br />

und Bundesregierung die gesarntwirtschaftliche<br />

Nachfrage genau so anregen, wie sie es bei einer<br />

regelhaftam Bruttoinlandsprodukt orientierten Politik<br />

tun müßten. Den Vereinigten Staaten blieben dann<br />

Anpassungslasten <strong>zur</strong> Beseitigung ihres Handelsbilanzdefizits<br />

erspart; die Bundesrepublik müßte dagegen<br />

diese Anpassungslast zu einem guten Stück tragen.<br />

Einem solchen asymmetrischen Anpassungszwang<br />

wird sich kein Land unterwerfen.<br />

Zu den Wech&elkursen als Zielgrö8e der GeldpolItik<br />

337. Nach einem dritten Vorschlag soll die notwendige<br />

feste Orientierungsmarke aus Wechselkursen

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