Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode Drucksache 11/1317<br />
gleich ihren Zahlungsverpllichtungen nachkommen<br />
und ein befriedigendes Wirtschaftswachstum verwirklichen<br />
können. Noch bleibt vielen SchuldnerländeIn<br />
nichts anderes übrig. als ihre Importe - darunter<br />
von entwicklungsnotwendigen Investitionsgütern <br />
zu drosseln, um Zins- und Tilgungszahlungen leisten<br />
zu können. Die Konsequenzen sind auch für andere<br />
Länder gravierend: Entwicklungsländer fallen als<br />
Nachfrager auf den Weltmärkten aus, was protektionistische<br />
Tendenzen in den davon betroffenen Ländern<br />
verstärkt; die Unsicherheit, die von der Gefährdung<br />
des Weltwährungssystems ausgeht, ist gleichermaßen<br />
ein Hindernis für eine wieder stärkere Expansion<br />
der Weltwirtschalt.<br />
15. Zur Überwindung der Verschuldungskrise sind<br />
sowohl die Schuldner- als auch die Gläubigerländer<br />
aufgerufen. Die Wiedererlangung ihrer zahlungsfähigkeit<br />
beziehungsweise ihrer Kreditwürdigkeit verlangt<br />
von den Schuldnerländem, daß sie trotz aller<br />
damit verbundenen innenpolitischen und sozialen<br />
Schwierigkeiten die Spar- und die Investitionsquote<br />
erhöhen, für eine höhere Produktivität der Investitionen<br />
sorgen und sich besser an die Bedingungen der<br />
Weltmärkte anpassen. Dabei erweisen sich der Abbau<br />
der hohen Budgetdefizite und die Bekämpfung der<br />
Inflation als unverzichtbar. Der Internationale Währungsfonds<br />
spielt bei dieser Strategie eine wichtige<br />
Rolle. Indem er zusammen mit der Weltbank die Stabilisierungsprogramme<br />
überwacht und die Anpassungsanstrengungen<br />
finanziell unterstützt, erhöht er<br />
die Kreditwürdigkeit der Länder, die dann auch von<br />
privaten Banken neue Kredite erhalten können.<br />
16. Die Gläubigerländer haben mit eigenem Wachstum<br />
und der Gewährung freien Zutritts zu ihren<br />
Märkten wichtige Voraussetzungen für eine Überwindung<br />
der Schuldenkrtse zu schaffen. Auch sollten sie<br />
- worauf der Sachverständigenrat schon früher aufmerksam<br />
gemacht hat - die Chancen <strong>zur</strong> Lösung der<br />
Schuldenkrtse nicht durch Vorbelastungen verbauen,<br />
die den Zustand der latenten Zahlungsunfähigkeit<br />
tendenziell verewigen (JG 83 Ziffer 300). Deshalb<br />
mag es in einzelnen Fällen förderlich sein, wenn Regierungen<br />
und Banken einen Teilerlaß ihrer Forderungen<br />
vornehmen. Dies kann allerdings nur unter<br />
restriktiven Bedingungen geschehen; insbesondere<br />
darf ein Teilerlaß ihrer Schulden nicht <strong>zur</strong> Folge haben,<br />
daß ein Schuldnerland dadurch gleichermaßen<br />
stigmatisiertwird und seine Kreditwürdigkeit verliert.<br />
Wenn der Schuldenerlaß mit der Einstellung weiterer<br />
Kreditgewährung verbunden wird, lassen sich dringende<br />
Anpassungsmaßnahmen unter Umständen<br />
nicht mehr in Angriff nehmen. Diese Gefahr ist dann<br />
nicht groß, wenn die Regierungen von Gläubigerländern<br />
den Schuldenerlaß im Rahmen der Entwicklungshilfe<br />
an die ärmsten Entwicklungsländer regeln.<br />
Sie ist auch nicht sehr groß, wenn Gläubigerbanken<br />
den Wert ihrer Forderungen berichtigen, sie gleichzeitig<br />
verbriefen und mit einem Abschlag auf Sekundärmärkten<br />
verkaufen, wie dies bereits einige amerikanische<br />
Banken getan haben. Von Investoren auf<br />
den Sekundärmärkten erworbene Forderungstitel<br />
können dann in Eigenkapitalanteile an Unternehmen<br />
in dem betroffenen Schuldnerland umgetauscht werden.<br />
Prinzipiell erfolgt die Umwandlung von Auslandsschulden in<br />
Eigenkapital in drei Schritten (Schaubild 3': Zunächst erwirbt<br />
ein ausländisches Unternehmen, das in dem betreffenden<br />
Schuldnerland eine Investition beabsichtigt, über eine zwischengeschaltete<br />
Bank mit einem Diskont verbriefte Forderun·<br />
gen einer Gläubigerbank gegenüber dem Schuldnerland. Anschließend<br />
muß ejne zwischengeschaltete Bank in dem Schuldnerland<br />
dafür sorgen, daß unter Zustimmung der ZJntralbank<br />
der Schuldner die auf Auslandswährung lautende Forderung<br />
gegen ihn in eine auf Inlandswährung ausgestellte umtauscht.<br />
Schließlich kauft die zwischengeschaltete Bank im Auftrag auf<br />
dem Finanzmarkt Eigenkapitalanteile im Schuldnerland.<br />
Trotz des Abschlags auf die ursprüngliche Forderung gegen·<br />
über dem Schuldnerland ist diesel Weg der Sclwldenkapitali.<br />
sierung für die Gläubigerbank profitabel, da anderenfalls damit<br />
zu rechnen ist, daß eine Abschreibung auf Null notwendig wird.<br />
Somit erhält die Gläubigerbank zumindest einen Teil ihrer Kredite<br />
<strong>zur</strong>ück. Für das Schuldnerland ergeben sich demgegenüber<br />
zwei Vorteile: Erstens werden die Auslandsverschuldung und<br />
dadurch die hiermit verbundenen Belastungen verringert, und<br />
zweitens werden ausländische Direktinvestitionen in diesem<br />
Land gefördert, da der Investor zu günstigeren Bedingungen,<br />
als dies sonst der Fall wäre, Eigenkapitalanteile erwerben<br />
kann.<br />
Ein weiteres marktwirtschaftliches Instrument <strong>zur</strong> Reduzierung<br />
der Auslandsverschuldung vieler Entwicklungsländer<br />
könnte in dem allmählich erfolgenden<br />
Umtausch der Forderungen der ausländischen Banken<br />
in Staatstitel bestehen. Auch hierbei werden die<br />
Erfolgsaussichten in hohem Maße von den gesetzten<br />
Rahmenbedingungen abhängen. Inwieweit der internationale<br />
Börsenkrach die Chancen für einen Abbau<br />
der Auslandsschulden der Entwicklungsländer durch<br />
eine Schuldenkapitalisierung oder einen Umtausch in<br />
Staatstitel schmälert, ist noch nicht abzusehen. Die<br />
starken Kursrückgänge, die auch die Gläubigerbanken<br />
getroffen haben, dürften den Spielraum für Wertberichtigungen<br />
einengen. Es ist damit zu rechnen, daß<br />
die Sekundärmärktevorübergehendangespannt bleiben.<br />
Doch auf Dauer gilt es, die sich bietenden Möglichkeiten<br />
zu nutzen, um mit Hilfe neuer Finanzierungsinstrumente<br />
Vorbelastungen auf dem Weg zu<br />
anhaltendem Wirtschaftswachstum weg<strong>zur</strong>äumen.<br />
Neue Kredite müssen in erfolgversprechende investitionen<br />
fließen. Kreditzusagen durch ausländische<br />
Banken würden erheblich erleichtert werden, wenn<br />
Vereinbarungen zwischen den Banken und einzelnen<br />
Unternehmen anstatt mit den Regierungen getroffen<br />
werden könnten. Die Möglichkeit, die voraussichtliche<br />
Rentabilität eines Projekts zu beurteilen, würde<br />
die ausländischen Banken sicherlich eher dazu veranlassen,<br />
neue Kredite an solche Länder zu vergeben,<br />
die sicb in der Vergangenheit als nicht kreditwürdig<br />
erwiesen haben.<br />
17. Obwohl das Verschuldungsproblem im Zusammenhang<br />
mit den außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten<br />
der großen Industrieländer steht, wäre es bedenklich,<br />
die beiden Komplexe - entsprechend einem<br />
japaniscben Vorschlag an die UNCTAD-Konferenz<br />
- miteinander zu verknüpfen. Nach dieser Vorstellung<br />
sollten die Länder mithohen Leistungsbilanzüberschüssen<br />
einen hohen Betrag als Entwicklungshilfe<br />
entrichten. Japan selbst hat angekündigt, seine<br />
Entwicklungshilfeleistungen deutlich zu erhöhen. Da<br />
die Vereinigten Staaten aufgrund ihres Leistungsbilanzdefizits<br />
von dem Vorschlag nicht betroffen sind,<br />
27