Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />
zu Beginn dieses Jahrzehnts in einer Stabilisierungskrise<br />
geendet hat.<br />
Eine dem Wachstumspfad angepaßte Ausgabendisziplin<br />
ist deshalb die unerläßliche Voraussetzung dafür,<br />
daß die Erfolge eintreten können, die man sich<br />
von der Steuerentiastung erhollt. Sollte es nicht gelingen,<br />
die Staatsquote so stark zu senken, daß der Pfad<br />
der Normalverschuldung bis 1992, allenfalls 1993 wieder<br />
erreicht werden kann, wäre es besser, die durch<br />
die Steuerrefonn entstehende Finanzierungslücke<br />
durch eine maßvolle Anhebung von Verbrauchsteuern,<br />
notfalls auch der Umsatzsteuer - so bedenklich<br />
dies aus mancherlei Gründen auch sein mag - zu<br />
kompensieren, als einen dauerhaften Anstieg der Kreditfinanzierungsquote<br />
in Kauf zu nehmen. Da die Nettosteuerentlastung<br />
in diesem Falle insgesamt geringer,<br />
für die Investitionen allerdings unverändert wäre,<br />
dürften dann auch die Wachstumsimpulse entsprechend<br />
kleiner ausfallen.<br />
Wir wollen nicht mißverstanden werden: Wir halten<br />
die für 1990 anvisierte Nettoentlastung der Steuerpflichtigen<br />
für dringend erforderlicb und meinen, daß<br />
sie durch eine der Größe dieses Schrittes angemessene<br />
Senkung der Staatsquote finanziert werden muß.<br />
Da der zögerliche Abbau der Finanzhilfen jedoch belegt,<br />
daß die Wahrung der Ausgabendisziplin schwierig<br />
und rationale Wirtschaftspolitik schwer umzusetzen<br />
sind, halten wir es für notwendig, vorsorglich aufzuzeigen,<br />
welche der Alternativen zu einer entsc~ossenen<br />
Senkung der Staatsquote das kleinere Ubel<br />
wäre.<br />
Angesichts der ohnehin bestehenden Finanzierungsprobleme,<br />
die die projektierte Steuerreform aufwirft,<br />
erscheint es uns aus heutiger Sicht auch nicht ratsam,<br />
einen Teil der für 1990 vorgesehenen Maßnahmen aul<br />
das Jahr 1989 vorzuziehen, weil ein solcher Schritt die<br />
Haushaltsbelastungen nicht unbeträchtlich verschärfen<br />
würde. Von einer Änderung des Terminplans für<br />
die anvisierten Entlastungen kann keine nachhaltige<br />
Stärkung der Wachstumskrälte erwartet werden.<br />
Wenn die Chance für ein kräftiges Wirtschaftswachstum<br />
eröffnet werden soll, müssen die für die Steuerreform<br />
geplanten Regeländerungen unter dem Blickwinkel<br />
dieser Zielsetzung verbessert und die Steuerpolitik<br />
durcb den Vorrang für die Wacbstumspolitik<br />
auch auf den anderen Gebieten der Wirtschaftspolitik<br />
flankiert werden.<br />
Steuerreformpaket 1990 nachbessem -<br />
kräftigen<br />
Wachstum<br />
289. Seit Jahren hat der Sacbverständigenrat dafür<br />
geworben, die Chancen für eine Kräftigung des Wirtschaftswachstums<br />
auch durch eine große Steuerreform<br />
zu erhöhen. Inzwischen ist es noch dringlicher<br />
geworden, die Rahmenbedingungen für Innovationen<br />
und Investitionen nicht nur durch spürbare Steuerentlastungen,<br />
sondern auch durch Änderungen der Steuerstruktur<br />
zu verbessern. Es muß zu denken geben,<br />
daß internationale Konzerne nicht bei ihren deutschen<br />
Töchtern und Niederlassungen investieren, sondern<br />
einen Ausbau ihrer Produktionsstätten im Ausland<br />
den Vorzug geben, daß deutsche Unternehmen, nicht<br />
zuletzt auch mittelständische, ihre Kapazität nicht<br />
hier, sondern außerhalb der Grenzen erweitern oder<br />
ihre Fertigung und sogar ihre Forschung ins Ausland<br />
verlagern. Das alles hat nicht nur steuerliche Gründe;<br />
aber angesichts der Höhe der Arbeitskosten in der<br />
Bundesrepublik, insbesondere der Personalnebenkosten,<br />
angesichts der zunehmenden Risiken durch Sozialplanverpflichtungen,<br />
angesichts .?-er begrenzten<br />
Entfaltungsmöglichkeiten durch ein Ubermaß an Regulierungen<br />
auf allen Gebieten dürften die hohen<br />
Steuerlasten in zahlreichen Fällen letztendlich den<br />
Ausschlag dafür geben, daß fnnovationen und fnvestitionen<br />
im Ausland durchgeführt werden. Das gilt, zumal<br />
in wichtigen anderen Ländern, vor allem in den<br />
Vereinigten Staaten, aber beispielsweise auch in<br />
Großbritannien und in Japan, die Körperschaftsteuersätze<br />
sowie namentlich die Spitzenbelastungen bei<br />
der Einkommensbesteuerung bereits deutlich niedriger<br />
sind als in der Bundesrepublik oder durch Steuerreformen<br />
unter das deutsche Niveau gesenkt werden<br />
sollen.<br />
"Nach unserer Vorstellung gilt es, Leistungsbereitschaft<br />
und Innovationen, mittelbar auch die Investitionen,<br />
dadurch an<strong>zur</strong>egen, daß Anstieg und absolute<br />
Höhe der Grenzsteuersätze bei der Einkommensteuer<br />
und der Körperschaftsteuer deutlich gesenkt werden.<br />
Um ergänzend die Investitionen unmittelbar von einem<br />
Teil der Steuern zu entlasten, sollen außerdem<br />
das Gewicht der Einkommensbesteuerung im Steuersystem<br />
vermindert und das der Verbrauchsbesteuerung<br />
erhöht werden. Auf diese Weise wird zugleich<br />
zusätzlicher Spielraum für die Senkung der Steuersätze<br />
über die echte Steuerentlastung (Nettoentlastung)<br />
hinaus gewonnen. Das gleiche gilt, wenn die<br />
Bemessungsgrundlagen der Steuern insgesamt durch<br />
den Abbau von Steuervergiinstigungen verbreitert<br />
werden.· (JG 86 Ziller 280). fn unseren früheren Gutachten<br />
haben wir diese Leitlinien ausführlich begründet<br />
(zuletzt JG 86 Zillern 280ll.) und für ihre Umsetzung<br />
zahlreiche Vorschläge unterbreitet, zum Teil<br />
auch detaillierte Anregungen gegeben (vor allem<br />
JG 85 Zillern 269ll.).<br />
Der Bundesregierung schwebt ebenfalls vor, durch<br />
ihre Steuerpolitik das Wirtschaftswachstum an<strong>zur</strong>egen.<br />
Die SenkWlgen und Umschichtungen der Steuerbetastung,<br />
die im Jahre 1986 bereits erfolgt sind, für<br />
das Jahr 19<strong>88</strong> inzwischen beschlossen wurden und für<br />
das Jahr 1990 anvisiert werden, sollen offenbar als<br />
drei Etappen interpretiert werden. Im Mittelpunkt<br />
dieser Reform stehen die linear~progressiveGestaltung<br />
des direktprogressiven Bereichs im Einkommensteuertarif<br />
sowie die Kompensation eines Teils der<br />
dadurch entstehenden Steuerausfälle durch die Verbreiterung<br />
von Steuerbemessungsgrundlagen, insbesondere<br />
den Abbau von Steuervergünstigungen. Die<br />
größten Schritte auf diesem Wege stehen noch aus; sie<br />
sind für 1990 vorgesehen (Tabelle 30).<br />
Die Grundstruktur der projektierten Steuerreform, die<br />
im folgenden als Gesamtpaket und ohne Rücksicht<br />
auf die einzelnen Etappen gewürdigt werden soll, entspricht<br />
durchaus der Perspektive, die der Sachverständigenrat<br />
in seinen beiden letzten <strong>Jahresgutachten</strong><br />
für einen solchen Schritt favorisiert hat, nämlich<br />
durch eine kräftige Senkung des Anstiegs und der<br />
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