Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag -<br />
11. Wahlperiode<br />
Drucksache 11/1317<br />
Eine kürzere Fassung<br />
Der internationale Rahmen<br />
(Ziffern 1ff.)<br />
1*. Die gesamtwlrtschaftliche Leistung hat in den<br />
westlichen Industrieländern im Jahre <strong>1987</strong> mit 2V2 vH<br />
fast ebenso stark zugenommen wie im Vorjahr. Dabei<br />
ergab sich ein deutliches konjunkturelles Gefälle zwischen<br />
Japan und den Vereinigten Staaten einerseits<br />
und Europa andererseits.<br />
Begünstig1 durch einen kräftigen Anstieg der Exporte<br />
setzte sich der Aufschwung in den Vereinigten Staaten<br />
im fünften Jahrfort. Erstmals stieg die gesamtwirtschaftliehe<br />
Produktion rascher als die inländische<br />
Nachfrage, die den wirtschaftlichen Aufschwung hislang<br />
stärker angetrieben hatte. Der niedrige Außenwert<br />
des Dollar stimulierte den Export amerikanischer<br />
Güter; das Ausfuhrvolumen stieg gegenüber dem<br />
Vorjahr um rund 9 vH und damit wesentlich schneller<br />
als die Gütereinfuhr, die mit einer Rate von 2V2 vH<br />
wuchs.<br />
Die japanische Wirtschaft hat <strong>1987</strong> wieder mehr Dynamik<br />
entwickelt als die anderen großen Volkswirtschaften.<br />
Das Tempo der wirtschaftlichen Expansion<br />
hat sich zum Jahresende hin merklich erhöht, nachdem<br />
es vor Jahresfrist zu einer Abschwächung gekommen<br />
war, die his ins zweite Vierteljahr <strong>1987</strong> anhielt.<br />
Die Inlandsnachfrage nahm <strong>1987</strong> mit knapp<br />
41J2 vH schneller zu als die gesamtwirtschaftliche Produktion.<br />
Die Ausfuhr hat insgesamt stagniert, die Einfuhr<br />
mit knapp 5'12 vH dagegen kräftig zugenommen,<br />
so daß sich der Außenbeitrag um etwa ein Drittel <strong>zur</strong>ückbildete.<br />
In den meisten europäischen Ländern fiel die gesamtwirtschaftliche<br />
Entwicklung in diesem Jahr enttäuschend<br />
aus. Nach einem schwachen Start wuchs das<br />
Bruttoinlandsprodukt in Europa preishereinigt mit<br />
reichlich 2 vH um einen halhen Prozentpunktweniger<br />
als im Vorjahr. Der Anstieg der Binnennachfrage<br />
flachte sich von 4 vH im letzten Jahr auf etwa 3V. vH<br />
ab. Dabei stieg die Nachfrage nachWarenund Dienstleistungen<br />
der außereuropäischen Länder um reichlich<br />
41/2 vH. Die Exporte nahmen in etwa ebenso<br />
schwach zu wie im Vorjahr, nämlich nur um etwa<br />
11/2 vH. Der Außenbeitrag verringerte sich nochmals,<br />
und die Produktion expandierte in Europa wiederum<br />
langsamer als die Nachfrage.<br />
2*. Der Abhau der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte<br />
ist eingeleitet. Die starken Wechselkursverschiebungen<br />
haben in den internationalen Handelsströmen<br />
deutliche Spuren hinterlassen; zu konstanten<br />
Preisen gerechnet haben sich die Salden im Außenhandel<br />
der großen Länder stark <strong>zur</strong>ückgehildet. In<br />
den Leistungsbilanzen, in denen sich Mengenänderungen<br />
und Preisänderungen niederschlagen, zeigen<br />
sich dagegen noch keine Anpassungserfolge, da sich<br />
in den Überschußländern die Importgüter sehr stark<br />
verbilligt hahen, während die Defizitländer infolge<br />
der niedrigeren Bewertung ihrer Währungen mehr für<br />
Waren und Dienstleistungen aus dem Ausland zahlen<br />
mußten.<br />
Auch wenn eine weitere Aufwärtsbewe'gung in der<br />
Weltwlrtschaft für die nächste Zeit als wahrscheinlich<br />
gelten darf, ist das Entwicklungstempo doch unbefriedigend.<br />
In vielen Ländern verharrt die Arbeitslosigkeit<br />
auf hohem Niveau. Das unbefriedigende Wachstum<br />
erschwert die Lösung internationaler Interessenkonflikte.<br />
3*, In den letzten Jahren haben sich die protektionistischen<br />
Tendenzen in nahezu allen Ländern verstärkt.<br />
Ein wesentlicher Grund für den Aufbau von<br />
Handelsbeschränkungen ist in den gravierenden<br />
Handelsbilanzungleichgewichten der großen Welthandelsnationen<br />
und in der Verschuldungskrise zahlreicher<br />
Entwicklungsländer zu sehen. Protektionistische<br />
Gefahren gehen von Europa und Japan ebenso<br />
aus wie von den Vereinigten Staaten.<br />
Dabei ist die Entwicklung in den Vereinigten Staaten<br />
besonders deshalb besorgniserregend, weil diese in<br />
der Nachkriegszeit lange Zeit auf eine forllaufende<br />
Liberalisierung des Welthandels hingewirkt und die<br />
Einhaltung der GATT-Regeln garantiert haben.<br />
Die internationale Handelspolitikhat nehen der Regelung<br />
des Zutritts zu den nationalen Märkten eine neue<br />
schwierige Aufgabe erhalten: die Neuregelung des<br />
Wettbewerbs auf den Weltmärkten überhaupt. Wie<br />
sehr dabei die Vorstellungen der Regierungen divergieren,<br />
zeig1 sich an den zahlreichen handelspolitischen<br />
Konflikten der vergangenen Jahre.<br />
Große Hoffnungen werden an die laufende Uruguay<br />
Runde im Rahmen des GATT geknüpft. Auf der Tagesordnung<br />
stehen alle wesentlichen Probleme, vor<br />
die sich die internationale Handelspolitik derzeit gestellt<br />
sieht. Die Aussichten auf ein neues, auch die<br />
Dienstleistungen umfassendes Regelwerk, das den<br />
Prinzipien der Multi1ateralität und der unbedingten<br />
Meistbegünstigung verstärkt Rechnung trägt, müssen<br />
jedoch angesichts der Verz,errungen im internationalen<br />
Handelsgefüge und wegen des nur schwachen<br />
Wachstums der Weltwlrtschaft als gering eingeschätzt<br />
werden. Diese Skepsisist angebracht, obwohl von den<br />
meisten Regierungen anerkannt wird, daß ohne das<br />
Zurückdrängen des Bilaterialismus und der quantitativen<br />
Handelsbeschränkungen und ohne eine Entpolitisierung<br />
des Welthandels eine wieder schnellere<br />
Expansion der Weltwirtschaft schwerlich erreicht<br />
werden kann.<br />
4*. Die Schuldenkrise, in der sich zahlreiche Entwicklungsländer<br />
befinden, gibt nach wie vor Anlaß zu<br />
ernster Sorge. Nur wenige Länder, zu denen insbesondere<br />
die exportorientierten Staaten des südostasia-<br />
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