Jahresgutachten 1987/88 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 11/1317 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />
währleistet ist, daß die überhöhte Kreditfinanzierungsquote<br />
durch eine <strong>zur</strong>ückhaltende Ausgabenpolitik<br />
rasch wieder auf den Pfad der potentialorientierten<br />
Verschuldung <strong>zur</strong>ückgeführt wird.<br />
Gerade diese Voraussetzungen sind indessen offensichtlich<br />
nicht erfüllt, denn die Steuersenkung 19<strong>88</strong> ist<br />
nicht durch Konsolidierungsfortschritte in den vorangegangenen<br />
Haushaltsjahren vorbereitet worden, im<br />
Gegenteil: Im Jahre <strong>1987</strong> ist die Kreditfinanzierungsquote<br />
wieder sprunghaft angestiegen (Tabelle 26,<br />
S. 143). Dies kann nicht den auslastungsbedingten<br />
Steuermindereinnahmen in Höhe von 3 Mrd DM zugeschrieben<br />
werden, weil der tatsächliche Fehlbetrag<br />
in Höhe von 44 Mrd DM den konjunkturneutralen Finanzierungssaldo<br />
(33 V, MrdDM) um 10V,MrdDM<br />
übersteigt (Tabelle 27). Wegen der Unterauslastung<br />
des Produktionspotentials mag man das konjunkturpolitisch<br />
für tolerabel halten. Bedenklich erscheint die<br />
Entwicklung jedoch im Uchte der Steuersenkungsstrategie:<br />
Die Kreditlinanzierungsquote ist im Jahre<br />
<strong>1987</strong> deutlich angestiegen, obwohl sie im Jahre nacb<br />
der Steuerentiastung 1986 wieder hätte <strong>zur</strong>ückgeführt<br />
werden müssen. Dies läßt die Hoffnung wenig<br />
begründet erscheinen, daß es im Jahre 1989 gelingen<br />
wird, die Nettokreditaufnahme potentialgerecht zu<br />
gestalten.<br />
Die Ursache dieser Kalamität liegt in der Haushaltsentwicklung<br />
der vergangeneri Jahre. Eine lineare Besoldungserhöhung<br />
um 3,4 vH in zwei aufeinanderfolgenden<br />
Jahren ist bei annähernder Preisniveaustabilität<br />
und einem gesamtwirtschaftlichen Produktivitätszuwachs<br />
von unter 2 vH mit den von der Finanzplanung<br />
gesteckten Zielsetzungen nicht zu vereinbaren.<br />
Den Gemeinden und insbesondere den Ländern<br />
ist es nicht gelungen, ihren Ausgabenanstieg im<br />
Durchschnitt in den Grenzen zu halten, die der Finanzplanungsrat<br />
abgesteckt hatte. Obwohl sich die<br />
Zuwachsraten der Ausgaben beim Bund in diesem<br />
Rahmen hielten, hätte die Ausgabendisziplin auch bei<br />
ihm größer sein können: Entgegen dem immer wieder<br />
erklärten Ziel, die Subventionen abzubauen, wurden<br />
neue Finanzhilfen bewilligt. Da das Ausgangsniveau<br />
der Staatsausgaben aus diesen Gründen insgesamt<br />
überhöht ist, wird es in den nächsten Jahren nicht<br />
genügen, die Ausgabenzuwächse auf 3 vH zu beschränken,<br />
wenn der Konsolidierungsstand des Jahres<br />
1985 wieder erreicht werden soll.<br />
282. Die Defizite der Jahre <strong>1987</strong> und 19<strong>88</strong> unterzeichnen<br />
den Trend der Haushaltsentwicklung insofern<br />
noch etwas, als aus der Privatisierung von Bundesunternehmen<br />
in diesem Jahr Einnahmen in Höhe<br />
von 2,4 Mrd DM erzielt wurden und für das nächste<br />
Jahr 1,8 Mrd DM eingeplant sind. Erlöse dieser Art<br />
werden auf die Dauer nicht <strong>zur</strong> Verfügung stehen.<br />
Das gilt selbst dann, wenn die Privatisierung in einem<br />
größeren Umfang fortgesetzt würde, als es bisher vorgesehen<br />
zu sein scheint, was ordnungspolitisch erwünscht<br />
ist.<br />
283. Die Haushaltsentwicklung ist jedoch vor allem<br />
auf mittlere und längere Sicht besorgniserregend;<br />
denn es genügt vom Jahre 1989 an nicht, die Defizite<br />
wieder dem Pfad der potentialorientierten Verschul-<br />
dung anzunähern, weil dann die für 1990 im Rahmen<br />
der Steuerrefonn vorgesehene Nettoentlastung in<br />
Höhe von 20 Mrd DM haushaltswirtschaftlich zunächst<br />
vorbereitet und später verkraftet werden muß.<br />
Die Staatsquote müßte also weiterhin <strong>zur</strong>ückgeführt<br />
werden, wenn die Kreditfinanzierung nicht wieder<br />
dauerhaft ansteigen soll. Das kann nur gelingen,<br />
wenn die Zuwachsraten der öffentlichen Ausgaben in<br />
den nächsten Jahren deutlich·unter denen des nominalen<br />
Bruttosozialprodukts liegen.<br />
Das ist zwar nach der Finanzplanung vorgesehen,<br />
doch basiert diese auf der problematischen Annahme,<br />
daß in der fünfjährigen Planungsperiode durchschnittlich<br />
ein nominales gesamtwirtschaftliches<br />
Wachstum von etwa 4 112 vH erreicht werden kann. Es<br />
erscheint nämlich durchaus plausibel, daß der tatsächliche<br />
Expansionspfad flacher verlaufen könnte.<br />
Sollten sich diese Zweüel als berechtigt erweisen,<br />
hängt es vom Ausmaß der Abweichung ab, wie lange<br />
sich die Rückführung der Kreditfinanzierungsquoten<br />
auf die Normalverschuldung verzögert und ob überhaupt<br />
noch mit nennenswerten Konsolidierungsbeiträgen<br />
gerechnet werden darf, wenn der für die Gebietskörperschaften<br />
anvisierte durchschnittliche Ausgabenzuwachs<br />
von 3 vH beibehalten wird; oder anders<br />
gewendet: Sollte das nominale Bruttosozialprodukt<br />
von 1989 an jährlich nur mit Raten zunehmen,<br />
die im Durchschnitt unter 4 1/2 vH liegen, stellt sich die<br />
Frage, wie stark die Zuwachsraten der Staatsausgaben<br />
geseqkt werden müssen, wenn die durch die<br />
Steuerreform 1990 bedingte Ausdehnung der Kreditfinanzierung<br />
in zwei, allenfalls drei Jahren wieder an<br />
den Umfang der potentialorientierten Kreditaufnahme<br />
angenähert werden soll.<br />
Die Finanzplanung baut auf der Projektion der gesamtwirtschaftlichen<br />
Entwicklung in der Bundesrepublik<br />
Deutschland bis zum Jahre 1991 auf. In dieser<br />
geht die Bundesregierung von "einem realen gesamtwirtschaftlichen<br />
Wachstum von rund 2 1 /2 vH im<br />
Durchschnitt der Jahre <strong>1987</strong> bis 1991 sowie einer Begrenzung<br />
des jahresdurchschnittlichen gesamtwirtschaftliehen<br />
Preisanstiegs auf rund 2 vH" aus.<br />
Eine konsequent auf Vorrang für die WachstumspolItIk<br />
ausgerichtete Wirtschaftspolitik - einschließlich<br />
der Finanzpolilik sowie der Sozialpolitik - eröllnet<br />
zwar die Chance, den Pfad des realen Wirtschaftswachstums<br />
auf 2'12 vH bis 3 vH zu heben, doch muß<br />
damit gerechnet werden, daß im mittelfristigen<br />
Durchschnitt nur Zuwachsraten von 2 vH erreicht<br />
werden können, wenn der wachstumspolitische Kurs<br />
aus verteilungspolitischen Gründen weiterhin nicht<br />
entschieden genug verfolgt werden sollte. Geht man<br />
außerdem davon aus, daß Geldwerfstabilität weiterhin<br />
erhalten bleibt, darf im mittelfristigen Verlauf nur<br />
eine Geldentwertung von 1 vH unterstellt werden.<br />
Zwar liegt der Dellator des Sozialprodukts bislang<br />
deutlich über diesem Satz, doch müßte er sich bei fortdauernder<br />
Stabilität ebenfalls dieser Rate annähern.<br />
Im Uchte dieser Erwägungen und der sich für die<br />
nähere Zukunft abzeichnenden Wirtschaltspolitik<br />
wird mit der Basis der Finanzplanung für das reale<br />
Wirtschaltswachstum eine ehrgeizige, für die Geldwertstabilität<br />
dagegen eine unteroptimale Zielvorstel-<br />
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