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1.2 Monika Kastner - Vitale Teilhabe - Löcker Verlag

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tive der Differenz »zwischen Kursleitenden und Teilnehmenden, zwischen professionellem<br />

Handeln und subjektiver Aneignung, zwischen Lehren und Lernen«<br />

(Kade 2001: 20). »Aus dieser Perspektive stellt sich Erwachsenenbildung nicht als<br />

in sich geschlossene kompakte Einheit dar, die den Erwachsenen mit Bildungsansprüchen<br />

entgegentritt, sondern als eine komplexe soziale Realität, der gegenüber<br />

und innerhalb derer Teilnehmende ihre Autonomie durch Differenzbildungen behaupten<br />

können.« (ebd.) 71<br />

Diese Eigenaktivität, diese Subjektleistung, dass nämlich »die Initiative des Lernens<br />

vom Subjekt« (Meueler 1998: 119) ausgehe, lässt ein lernendes Subjekt möglicherweise<br />

als solitär und autonom erscheinen. In den Ausführungen von Erhard<br />

Meueler wird allerdings deutlich, dass das lernende Subjekt in der Erwachsenenbildung<br />

ein Gegenüber, und zwar den »Erwachsenenlehrer« (ebd.: 196) hat. Lernen<br />

und Lehren scheinen somit untrennbar miteinander verbunden zu sein. Doch<br />

diese scheinbar ontologische Zusammengehörigkeit wird mit der Propagierung des<br />

selbstgesteuerten Lernens in Frage gestellt. 72 Und so weist Susanne Kraft (2006)<br />

ironisch darauf hin, dass die Themen Lehren und Lehrforschung aktuell recht unbeliebt,<br />

beinahe »out« zu sein scheinen (vgl. Kraft 2006: 209) und dass das Thematisieren<br />

oder gar Formulieren von Lehrzielen »im Zeitalter des Konstruktivismus<br />

nahezu als Frevel an der Disziplin« (ebd.) wahrgenommen werde. Susanne<br />

Kraft definiert Lehren als »Kernaufgabe der Weiterbildung«. Sie sieht im praktischen<br />

Feld der Weiterbildung keine Anzeichen dafür, dass das nicht auch weiterhin<br />

der Normalfall sein sollte (vgl. ebd.: 210). Als normatives Argument formuliert sie<br />

die Notwendigkeit, gute und adäquate Lehrangebote bereitzustellen und dadurch<br />

zur Teilnahme zu motivieren und anzuregen (vgl. ebd.: 211).<br />

Im Zirkel der erwachsenenpädagogischen Scientific Community ist meines Erachtens<br />

Selbststeuerung im professionellen Handeln wohl der Normalfall. Die<br />

Mitglieder sind gut ausgebildet und verfügen über finanzielles, soziales und kulturelles<br />

Kapital. Unter solchen Bedingungen erscheint die Entwicklung der Hinwendung<br />

zu einer Vorstellung von einem autonomen und selbstgesteuerten Lernen<br />

bei gleichzeitiger Abkehr vom Auftrag des Lehrens nachvollziehbar, weil wohl individuell<br />

stimmig, erfüllbar und dadurch selbstwertstärkend. Christiane Schiersmann<br />

(2006) hat aber eindrücklich gezeigt, dass die Fähigkeit zur Selbststeuerung<br />

in der frühen Kindheit grundgelegt wird, weil diese Fähigkeit vor allem aus der<br />

entsprechenden familialen Förderung resultiert (siehe Abschnitt 2.4). Daraus ergeben<br />

sich klare Startvorteile und ganz eindeutige Startnachteile. Der Diskurs über<br />

das selbstgesteuerte Lernen scheint demnach ein akademisch-elitärer zu sein. Es<br />

entsteht der Eindruck, das selbstgesteuerte Lernen sei das ideale didaktische Konzept<br />

für Angehörige der so genannten Bildungselite und könnte von diesen am besten<br />

erfüllt werden. Susanne Kraft hat darauf hingewiesen, dass die Selbststeuerung<br />

den Lernenden entsprechende Anforderungen abverlangt (vgl. Kraft 1999 zit. n.<br />

Kraft 2006: 212). 73 Solche Anforderungen können – siehe oben – mehr oder weniger<br />

gut erfüllt werden, abhängig von familialer Förderung, Schulbildung und be-<br />

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