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1.2 Monika Kastner - Vitale Teilhabe - Löcker Verlag

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zieht, stellt der Begriff Bildungsdefizit einen Mangel fest. Dieser zugeschriebene<br />

Mangel betont die Abwesenheit von Bildung und verstärkt die Negativ-Perspektive<br />

durch die Fokussierung auf ein (abwesendes) Merkmal. So werden bestimmte<br />

gesellschaftliche Gruppen (beispielsweise Menschen mit geringen formalen Qualifikationen;<br />

siehe oben) als defizitär bezeichnet und (zumeist: umfassend) als defizitär<br />

wahrgenommen.<br />

(Weiter-)Bildungsbedarf<br />

Der Begriff Bildungsbedarf markiert ebenfalls etwas Abwesendes, legt allerdings<br />

– anders als die Feststellung eines Defizits – den Fokus auf eine Entwicklungsperspektive.<br />

Ein Bedarf bestimmt ausgehend von einem festgestellten Ist-Zustand<br />

den zu erreichenden Soll-Zustand in Abhängigkeit von den zugrunde gelegten Kriterien.<br />

Der Begriff des Bildungsbedarfs ist beispielsweise häufig in der berufsbezogenen<br />

Weiterbildung und der Personalentwicklung zu finden (siehe Arnold/<br />

Krämer-Stürzl/Siebert 1999: 173-178). Ein Ist-Soll-Abgleich mit impliziten oder<br />

expliziten Kriterien verleiht diesem Begriff eine konkrete Zielorientierung.<br />

(Weiter-)Bildungsabstinenz<br />

Der Begriff der Abstinenz in Zusammenhang mit (Weiter-)Bildung und Bildungsbenachteiligung<br />

mutet seltsam an, denn Abstinenz meint eine Form von bewusst<br />

gewünschter Enthaltsamkeit. In Anlehnung an Amartya Sen (2000) muss jedoch<br />

festgehalten werden, dass hungern zu müssen etwas anderes ist als fasten zu wollen<br />

(vgl. Sen 2000: 95). Es existieren vielfältige Barrieren, die Personen und Personengruppen<br />

von Bildung fernhalten. Der oben erläuterte Begriff der Bildungsarmut<br />

verweist auf sozioökonomische Barrieren, die insbesondere im Kindes- und<br />

Jugendalter wirksam sind und Bildungsbenachteiligung erzeugen. Im Erwachsenenalter<br />

setzt sich zum einen die früher erfahrene Bildungsbenachteiligung fort<br />

(Stichwort: »Matthäus-Effekt«), zum anderen sind Barrieren wirksam, die eine bewusst<br />

gewünschte Enthaltsamkeit als Erklärungsansatz wenig plausibel erscheinen<br />

lassen (siehe dazu Abschnitt 2.4).<br />

Bildungsfern – bildungsnah/Bildungsaffinität<br />

Der Begriff bildungsfern bezieht sich auf den Bildungsstand der Eltern und ist somit<br />

in erster Linie ein soziologischer Arbeitsbegriff. Er fokussiert – ähnlich wie der<br />

Begriff der Bildungsarmut – die sozioökonomischen familialen Verhältnisse: den<br />

Bildungsstand und die Berufsposition der Eltern sowie das Familieneinkommen<br />

(Schicht, Milieu 45 – sozioökonomische Merkmale und die soziokulturelle Ausstattung,<br />

wie beispielsweise der Wohnort, finden Berücksichtigung). Bildungsfern<br />

wird häufig als Bezeichnung für so genannte Problem- oder Randgruppen verwendet.<br />

Zudem wird der Begriff vielfach auf deren schwierig erscheinende Arbeitsmarktintegration<br />

bezogen – bildungsfern meint damit letztlich wenig geeignet oder<br />

ungeeignet für den Arbeitsmarkt. Er unterstellt eine vorsätzliche Distanz des Indi-<br />

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