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1.2 Monika Kastner - Vitale Teilhabe - Löcker Verlag

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Der Prozess wird oft durch die Annahme eines Jobs unterbrochen – zum einen,<br />

»weil sie auch unbedingt arbeiten wollen«, zum anderen, »weil sie halt auch schon<br />

so große Enttäuschung« erlebt haben, die sie noch nicht bewältigen konnten; der<br />

Job wird zu einer willkommenen Ausweichmöglichkeit. Es kommt aber auch vor,<br />

dass Teilnehmende in arbeitsmarktpolitisch organisierte Maßnahmen vermittelt<br />

werden und sie daher mit dem Basisbildungskurs aufhören müssen (vgl. KLinF,<br />

219-231). Entscheidend für das (Nicht-)Fortsetzen eines Kurses scheint die Anfangszeit<br />

zu sein, in der die eigenen Lernfortschritte noch nicht unmittelbar »sichtbar«<br />

und fühlbar werden. In dieser neuralgischen Phase sind die Kursleitenden aufgefordert<br />

zu handeln:<br />

»Und […] wenn sie halt jetzt einmal die erste Einheit vier Monate da sind. Da ist ganz wenig<br />

so wirklich sichtbar, nicht. Sind wir schon draufgekommen zu sagen, ihren Vertreterinnen oder<br />

wer sie schickt […] dass sie auf jeden Fall die nächste Einheit weitermachen sollten. […] wir<br />

sind halt draufgekommen, dass es wirklich relativ lange braucht, um selbst das Gefühl zu haben,<br />

jetzt habe ich wirklich viel gelernt.« (KLinF, 416-422)<br />

In dieser Anfangsphase müssen sich die Teilnehmenden offenbar erst dem eigenen<br />

Bildungsbedarf und den bislang erlittenen Enttäuschungen in Bezug auf das eigene<br />

Lernen stellen. Es braucht Zeit, Lernen als positiv zu erfahren, und es braucht Zeit,<br />

um Lernen für sich selbst als sinnvoll zu erleben:<br />

»[…] immer wieder so diese Möglichkeit zu finden einfach: Ja, aber was geht DOCH Und<br />

was ist nicht doch hilfreich Und gibt es da nicht doch noch irgendwas, was mich interessieren<br />

könnte Was nicht vordergründig so wie Lernen unbedingt ausschaut. Oder wo ich einfach für<br />

mich dann einen Sinn sehe.« (KLinG, 88-91)<br />

Das Erlernen von Deutsch als Zweitsprache bzw. die Optimierung vorhandener<br />

Deutschkenntnisse erfordert es gleichermaßen, dass die Teilnehmenden einen individuellen<br />

Lernsinn entwickeln: »eben zur Selbstbestimmung zu kommen von<br />

den MigrantInnen, die immer wieder so meinen, ja, ich mache jetzt einen Deutschkurs<br />

und da kriege ich das vorgefertigt, den vorgefertigten Plan« (KLinG, 263ff.).<br />

Dieses hier implizit thematisierte Moment der Fremdbestimmung mag darauf zurückzuführen<br />

sein, dass mit dem Kursbesuch die normative Erwartung der Aufnahmegesellschaft<br />

nach sprachlicher Anpassung erfüllt wird. Wird der eigene Kursbesuch<br />

als Erfüllung einer fremden Erwartung gesehen, scheint es nachvollziehbar zu<br />

sein, dass Teilnehmende mit Bildungsbedarf in der Zweitsprache von vorgegebenen<br />

Lehrinhalten ausgehen.<br />

Kursleiterin A weist darauf hin, dass für Teilnehmende mit Migrationshintergrund<br />

»Schulsituationen« (KLinA, 93) insgesamt weniger problematisch zu sein scheinen.<br />

Eine Erklärung dafür ist, dass bei Menschen mit Migrationshintergrund Bildungsbedarf<br />

in der Zweitsprache eine logische Folge der Migration 176 ist (vgl.<br />

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