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1.2 Monika Kastner - Vitale Teilhabe - Löcker Verlag

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»Obwohl [ihr Kursleiter] sagt, ich, ich schätze mich da äh, schlechter ein, als was ich bin. Ja,<br />

aber äh, ich find halt, dass ich, mit der Rechtschreibung habe ich Probleme, aber er sagt […]<br />

das ist gar nicht so schlimm. Also, mir kommt es schlimmer vor, als es ist.« (TNin20, 224-228)<br />

Auch Teilnehmerin 23 bezieht sich auf die Einschätzung ihrer Kursleiterin. Diese<br />

stärkt ihr Vertrauen in ihre Rechtschreibkenntnisse. Diese Kenntnisse sind wohl<br />

implizit vorhanden, weil sie immer gern gelesen hat (vgl. TNin23, 346-373):<br />

»Jetzt musst du da studieren, jessas, wie muss ich DAS schreiben, wie muss ich. Und wenn<br />

man unsicher ist, dann macht man erst richtig die Fehler. Das hat eh da die [Kursleiterin] auch<br />

schon gesagt. Hat sie gesagt, wenn ich das normal, aber wie ich dann anfang, dass ich mir<br />

denke, ach, das radiere ich weg, das gehört anders geschrieben. Und dann ist es erst falsch.<br />

Wäre es zuerst eh richtig gewesen.« (TNin23, 204-208)<br />

Bei Teilnehmerin 7 lässt sich der Prozess der Bewältigung ihres hinderlichen Glaubenssatzes<br />

– aufgrund der in ihrer Kindheit diagnostizierten Legasthenie 184 nicht<br />

vorlesen zu können (vgl. TNin7, 28-32) – nachzeichnen. Zu Beginn ihrer Teilnahme<br />

erfährt sie die Gruppe als Freiraum, der es ihr ermöglicht, am Geschehen<br />

teilzuhaben:<br />

»[…] wenn du die sechs Wochen kennst, geht es dann schon. Aber gleich am Anfang. Ich habe<br />

einfach gesagt: Ich les nicht. Ich meine, und die, die Gruppe, da wird das auch so angenommen.<br />

Du musst ja nichts machen, nicht Also, ich les nicht. Es hat mich keiner gefragt, warum<br />

ich nichts vorlese. Alle haben irgendwie einen Absatz gelesen oder so, so Situationen was sie<br />

gar nicht, ein anderer denkt sich nicht einmal irgendetwas, und für mich, ich kriege Schweißausbrüche,<br />

alle Zustände, nicht. Ich meine, es ist eigentlich nur da drinnen wahrscheinlich.«<br />

(TNin7, 91-97)<br />

Ihr Glaubenssatz – »und ich habe schon immer mein Problem, dass ich nichts vorlesen<br />

kann« (TNin7, 22) – wird brüchig. Sie erkennt ihre eigene hinderliche Wahrnehmung<br />

(»nur da drinnen wahrscheinlich«) und erinnert sich an entsprechende früher<br />

erhaltene Hinweise. Ihre Schwester hat sie nämlich darauf aufmerksam gemacht,<br />

dass ihre Überzeugung möglicherweise nicht der Realität entspricht. Sie erlebt nun<br />

in ihrer Gruppe, dass dem Vorlesen mit einer gewissen Gelassenheit begegnet wird:<br />

»[…] aber das rede ich mir vielleicht selbst ein. Das sagt meine Schwester auch oft. Da sagt<br />

sie: Du bildest dir das ein irgendwie, nicht. Weil sie verliest sich auch teilweise, der ist das<br />

wurscht, na, da habe mich verlesen. Ich meine, wenn die in der Gruppe lesen, verliest sich sicher<br />

jeder einmal irgendwie oder. Die denken sich nicht einmal was.« (TNin7, 119-123)<br />

Später im Interview berichtet sie, dass sie »auch schon zweimal da einfach vorgelesen«<br />

(TNin7, 357) hat. Ihr gelingt das vormals Undenkbare, nämlich in der Gruppe<br />

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