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1.2 Monika Kastner - Vitale Teilhabe - Löcker Verlag

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nen als verinnerlichte, oftmals von anderen lebensgeschichtlich bedeutsamen Personen<br />

übernommene negative Überzeugungen gefasst werden. Die Bezeichnung<br />

dieser verinnerlichten Überzeugungen als »Glaubenssätze« geht vorliegend auf<br />

zwei Kursleiterinnen (KLinE, 573; KLinF, 181) zurück. Glaubenssätze sind der<br />

Ausdruck und die Manifestation von erlebter, zugeschriebener und unterstellter<br />

Schwäche, und sie wirken nochmals schwächend, weil sie Lernprozesse behindern<br />

oder verunmöglichen. Glaubenssätze wirken in ihrer stärksten Ausprägung als<br />

Lernblockaden. Keinesfalls dürfen Glaubenssätze aber als Lernwiderstände interpretiert<br />

werden: Glaubenssätze resultieren aus der Lebensgeschichte der Teilnehmenden,<br />

nachweislich aus den erlittenen Benachteiligungen und den sich daraus<br />

ergebenden Ausschlüssen. Sich in dieser Hinsicht in die Teilnehmenden hineinversetzen<br />

zu können, bedeutet, in ihren Schuhen zu gehen, nachvollziehen zu können,<br />

wie es ihnen ergangen ist und aktuell geht. Diese empathische Haltung bezieht sich<br />

vor allem auf vergangene leidvolle schulische Erfahrungen (Misserfolg, Ängste,<br />

Frustration, ungünstige Vergleiche durch Noten) vieler Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

(vgl. KLinB, 522-534). Solche Erfahrungen wirken in die aktuellen Lernprozesse<br />

hinein, den Teilnehmenden muss deshalb unbedingtes Verständnis entgegengebracht<br />

werden.<br />

Glaubenssätze gilt es zu bearbeiten, indem sie entkräftet werden. Der Selbstwert<br />

wird durch die Relativierung der Glaubenssätze seitens der Kursleitenden geschont<br />

bzw. gestärkt. Werden hinderliche Vorstellungen bearbeitet, kann das Vertrauen in<br />

die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten wachsen.<br />

Vielfach sind die Nachwirkungen schulischer Lernformen präsent. Glaubenssätze<br />

aus der Schulzeit in Form hinderlicher Überzeugungen können aufgeweicht und<br />

alte überkommene und wohl sinnlose Regeln gebrochen werden, wie Kursleiterin A<br />

mit ihrem Beispiel verdeutlicht:<br />

»[…] bei den Anfängern jetzt beim Rechnen, mit den Fingern zum Zählen, sie machen es oft<br />

so geheim unter dem Tisch. Ich kriege es natürlich mit und dann hole ich meine Hände raus<br />

(lachend) ganz offiziell und sage: So, wir nehmen jetzt beide Hände dazu und zählen. Weil ich<br />

mir denke, die Hand ist das Beste, was man mit hat […]. Nur weil alle immer sagen: He, du<br />

bist nicht mehr in der Volksschule, gib die Finger weg, ja. Und dann versuche ich halt dann, ja,<br />

zu zeigen, ja, es passt. Sie können ruhig dann […] mit den Fingern zählen.« (KLinA, 309-315)<br />

Beim Lerninhalt Mathematik werden von Kursleiter D häufig Grenzen beobachtet,<br />

die sich die Teilnehmenden selbst und schon vor langer Zeit gesetzt haben:<br />

»[…] vor allem in der Mathematik. Wenn es da um irgendwas geht, da ist schon von vornherein<br />

dieses Abblocken, das werde ich NIE können und so weiter. Das beginnt zum Beispiel<br />

beim 1x1 schon. Wenn es über 10 geht, wenn es nur 11 ist, 11x4, habe ich schon erlebt, dann<br />

heißt es: Das kann ich nicht und das mache ich nicht. Aber 10x4 geht, gell, aber 11x4 nicht<br />

mehr. Das sind so selbst gesteckte Grenzen, über die man nicht drüber mag.« (KLerD, 18-22)<br />

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