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1.2 Monika Kastner - Vitale Teilhabe - Löcker Verlag

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eich aus- bzw. eigentlich aufzusteigen: »Wer weiterkommen will, wird Coach bzw.<br />

BeraterIn. Diese Arbeitsbereiche werden mit hohem Einkommen und höherem Prestige<br />

in Verbindung gebracht und sind deshalb auch relativ begehrt.« (ebd.: 59) So<br />

scheint sich die Marginalisierung und Stigmatisierung der Zielgruppe auf die Trainer/innen<br />

zu übertragen. Die Tätigkeit wird möglicherweise als Nur-Zwischenstation<br />

imaginiert, sicherlich auch wegen der nicht als ideal wahrgenommenen Rahmen- und<br />

Arbeitsbedingungen (vgl. ebd.: 61; siehe oben). Nehmen diese Gefühle wiederum<br />

Einfluss auf die Gestaltung der Lehr-Lern-Prozesse An dieser Stelle sei jedoch angemerkt,<br />

dass es auch Trainer/innen zu geben scheint, die ihre Tätigkeit als sinnstiftend<br />

erleben und als Beitrag zu ihrer »Selbstverwirklichung« verstehen (vgl. ebd.: 33<br />

und 61f.). Der Gedanke der Unterscheidung zwischen Beruf und Berufung liegt nahe.<br />

Gerade für diese Gruppe der Trainer/innen, die ihre Tätigkeit als sinnstiftend erleben,<br />

dürfte es frustrierend sein, dass die ehemals geltenden Prinzipien der Langfristigkeit<br />

und Nachhaltigkeit, die »Maßnahmendauer und Maßnahmenqualität« positiv beeinflusst<br />

hatten, sukzessive zurückgefahren wurden (vgl. ebd.: 66).<br />

Nach diesem kurzen Einblick in die Sichtweisen der Trainer/innen von arbeitsmarktpolitisch<br />

organisierten Maßnahmen soll der Frage nachgegangen werden,<br />

wie Erwerbsarbeitslosigkeit von den betroffenen Menschen erlebt wird. Oskar<br />

Negt hat in »Arbeit und menschliche Würde« (2001) folgende fundamentale Feststellung<br />

getroffen:<br />

»Arbeitslosigkeit ist ein Gewaltakt. Sie ist ein Anschlag auf die körperliche und seelisch-geistige<br />

Integrität, auf die Unversehrtheit der davon betroffenen Menschen. Sie ist Raub und Enteignung<br />

der Fähigkeiten und Eigenschaften, die innerhalb der Familie, der Schule und der Lehre (vorausgesetzt,<br />

diese Ausbildungsstufe wird überhaupt noch erreicht) in einem mühsamen und aufwendigen<br />

Bildungsprozeß erworben wurden und die – von ihren gesellschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten<br />

abgeschnitten – in Gefahr sind, zu verrotten und schwere Persönlichkeitsstörungen<br />

hervorzurufen. Vielfältige Formen der Selbstachtung und der sozialen Anerkennung im friedlichen<br />

Verkehr miteinander sind nach wie vor in zentraler Weise mit dem Wesensgehalt einer Arbeit<br />

verknüpft, die ihres Lohnes würdig ist.« (Negt 2001: 10f.; Hervorh. v. MK)<br />

Wer erwerbsarbeitslos wird, ist ganz unmittelbar in seiner Identität, seiner »Identitätsbalance«<br />

(ebd.: 530) bedroht: »Vertreibung ist ein konstitutives Element unserer<br />

Gesellschaft, Vertreibung aus gewachsenen Lebensverhältnissen, aus dem Erwerbsleben,<br />

aus Heimat und Wohnmilieu.« (ebd.)<br />

»Mit dem Verlust des Arbeitsplatzes erhöhen sich für die Betroffenen von einem Augenblick<br />

auf den anderen nicht nur die materiellen Lebensrisiken; die Trennung bewirkt vielmehr einen<br />

plötzlichen Bruch in der Wirklichkeitswahrnehmung. Die von Arbeitslosigkeit betroffenen<br />

Menschen fallen gleichsam auf eine andere Realitätsebene, selbst wenn Sicherungssysteme<br />

diesen Fall für eine bestimmte Zeit mildern.« (ebd.: 241f.)<br />

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