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1.2 Monika Kastner - Vitale Teilhabe - Löcker Verlag

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auch teilzeitbeschäftigte Personen sowie insbesondere Personen mit geringem Einkommen<br />

als benachteiligt zu nennen.<br />

Das Sprechen über… als Diskurs über als benachteiligt identifizierte Gruppen birgt<br />

immer die Gefahr der Stigmatisierung durch das Hervorheben von Negativ-Merkmalen.<br />

Beim Sprechen über… wird vielfach mit Begrifflichkeiten operiert, die aus<br />

einer soziologischen Perspektive bzw. aus einer Perspektive der quantitativ-empirischen<br />

Bildungsforschung notwendig sind oder notwendig scheinen. Vielfach geht<br />

es um ein Haben oder Nicht-Haben wie beispielsweise bei der Variable höchste abgeschlossene<br />

Schulbildung (Bildungsstand). Beim Sprechen mit… im Sinne einer<br />

gesellschaftlichen Kommunikation mit als benachteiligt identifizierten Personen<br />

bzw. Personengruppen erscheint es als problematisch, wenn wissenschaftsgebundene<br />

Begriffe, die zur Operationalisierung von bestimmten Phänomenen dienen,<br />

im öffentlichen Diskurs auftauchen. So verhält es sich beispielsweise mit dem häufig<br />

verwendeten Begriff des funktionalen Analphabetismus. 43 Andrea Linde (2004)<br />

fragt daher ironisch: »Sind Sie funktional alphabetisiert« (Linde 2004: 27) Die<br />

UNESCO, auf die die Bezeichnung »funktionaler Analphabetismus« zurückgeht<br />

(vgl. Hubertus 1995 zit. n. ebd.), wollte damit wohl die Gesellschaftsgebundenheit<br />

notwendiger Voraussetzungen im Sinne grundlegender Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

und auch deren Dynamik angesichts des gesellschaftlichen Wandels betonen.<br />

Im öffentlichen Diskurs den funktionalen Analphabetismus zu thematisieren,<br />

birgt allerdings die Gefahr von Zuschreibungsprozessen. Schließlich ist damit gemeint,<br />

dass schriftsprachliche Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht in ausreichendem<br />

Maße vorhanden sind und daher die Betroffenen in unserer Gesellschaft und<br />

an ihren Arbeitsplätzen nicht wie gewünscht funktionieren. Der Begriff der Funktionalität<br />

mutet technokratisch an; »Analphabetismus« ist eine allumfassende Negativ-Zuschreibung,<br />

die den individuellen Menschen mit seinen Fähigkeiten und<br />

Fertigkeiten ignoriert.<br />

Im Folgenden werde ich einige Begriffe analysieren, die im Kontext von Bildung<br />

und gesellschaftlicher <strong>Teilhabe</strong> diskutiert werden bzw. in Verwendung sind. Es<br />

geht dabei nicht um eine vollständige Abbildung und Aufarbeitung, sondern um<br />

eine Diskussion der Begrifflichkeiten und insbesondere ihrer Bedeutungen. Abschließend<br />

werde ich die für diese Studie gewählte Benennungspraxis der Zielgruppe<br />

als bildungsbenachteiligte Erwachsene mit Basisbildungsbedarfen/-bedürfnissen<br />

begründen.<br />

Benachteiligung<br />

Der Begriff der Benachteiligung informiert darüber, dass behindernde und verhindernde<br />

Strukturen und Mechanismen am Werke sind. Bildungsbenachteiligt meint,<br />

dass Personen oder Gruppen mit ähnlichen Merkmalen weniger Möglichkeiten haben,<br />

ein Bildungsziel zu erreichen. Vielfach ist in diesem Zusammenhang auch<br />

von Bildungschancen die Rede; dieser Begriff bezeichnet die Möglichkeit von Personen<br />

oder Gruppen, an Bildung zu partizipieren. In industrialisierten, westlichen<br />

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