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1.2 Monika Kastner - Vitale Teilhabe - Löcker Verlag

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uflichem Status. Gute Lehre und gute Lehrangebote können folglich einen Beitrag<br />

dazu leisten, frühere Benachteiligungen zu kompensieren und individuelle Potenziale<br />

zu realisieren.<br />

Vielfach ist in der Erwachsenenbildung ein entsprechender Etikettenwechsel zu beobachten:<br />

Es gibt keine/keinen Kursleiterin/Kursleiter mehr, sondern eine Person, die<br />

den Lernprozess moderiert oder beim Lernprozess beratend wirkt. Darf nicht mehr<br />

gelehrt werden Joachim Ludwig (2006) hat auf diesen Widerspruch innerhalb der<br />

»konstruktivistischen Argumentation« hingewiesen: »Auf der einen Seite wird jede<br />

Form von Intervention als Illusion decouvriert, auf der anderen Seite wird entwickelt,<br />

gefördert, angeregt und begleitet.« (Ludwig 2006: 107) Auf diesem Widerspruch aufbauend<br />

wird nach der »dialektischen Gestaltung des Verhältnisses von Lernenden,<br />

Lehrenden und Inhalt« (ebd.) gefragt, die mit diesem Spannungsfeld produktiv umzugehen<br />

vermag. Wiltrud Gieseke (2007) macht in ihrer Studie über »Wirkungen von<br />

Emotionen auf Bildungsprozesse aus beziehungstheoretischer Perspektive« ihre Kritik<br />

an der Übertragung von Systemtheorie und Konstruktivismus auf die Pädagogik<br />

insbesondere an der Nicht-Beachtung der für die Pädagogik als bedeutsam wahrgenommenen<br />

Faktoren Bindungen und Beziehungen fest:<br />

»Bindungen und Beziehungen als Bedingungen von Lernentwicklungen der einzelnen Individuen,<br />

und nicht Selbstreferenzialität und Autopoiese, sind emotionstheoretisch die Bedingungen<br />

und Voraussetzungen von Lernen und Lernentwicklung, welche für theoretische pädagogische<br />

Betrachtungen in den Vordergrund zu treten haben. Der Mensch lernt nicht allein<br />

für sich, sondern ist auf ein Gegenüber angewiesen. Er/Sie sucht relationale Bedingungen, um<br />

über sich und seine/ihre erlebte Situation hinauszuwachsen.« (Gieseke 2007: 107)<br />

Das Paradigma der Selbststeuerung als idealisierte Denkfigur der völligen Autonomie<br />

in Lernprozessen begünstigt demnach Personen, die einen positiven Bezug<br />

zum eigenen Lernen haben. Wiltrud Gieseke bezieht sich in diesem Zusammenhang<br />

auf eine Studie mit dem Titel »No education without relation« (2004), die gezeigt<br />

hat, dass weniger didaktisch-methodische Arrangements eine Rolle spielen<br />

»als die Subjektivität der Lehrperson, wenn es im Lernprozess eine gibt« (Bingham/Sidorkin<br />

2004 zit. n. ebd.: 114). »Das heißt, ein Konzept der Selbststeuerung<br />

verzichtet auf den entscheidenden, lernfördernden Moment der Interpersonalität.«<br />

(Gieseke 2007: 114) Zu betonen seien aber »Bindungen und Beziehungen als Bedingungen<br />

von Lernentwicklungen der einzelnen Individuen« (ebd.: 107). Erhard<br />

Meueler (1998) hat ganz grundlegend auf die Chimäre des selbstbestimmten Lernens<br />

verwiesen: »Subjekthaftigkeit realisiert sich stets nur in der Dialektik von<br />

angestrebter Selbstbestimmung und Angewiesensein auf andere.« (Meueler 1998:<br />

99) Sehen wir dieses Trugbild als wahr an, so berauben wir uns der Möglichkeiten,<br />

von anderen und durch andere zu lernen.<br />

Nach der Auseinandersetzung mit Lernen bzw. Prozessen der Aneignung geht es nun<br />

darum zu klären, wie Bildung gefasst werden kann. Im Gegensatz zu den recht kon-<br />

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