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1.2 Monika Kastner - Vitale Teilhabe - Löcker Verlag

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Verhältnisse fokussieren: gesellschaftliche Schieflagen, ungleiche Entwicklungsund<br />

<strong>Teilhabe</strong>möglichkeiten und deren Auswirkungen auf Individuen (Lernvoraussetzungen,<br />

Lernmotive). Die emanzipatorische Dimension würde die Perspektive<br />

der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse über den Weg der Selbstbestimmung<br />

betonen. Die Erwachsenenbildung sollte weniger den gesellschaftlichen<br />

Bedarf als vielmehr die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen als Ausgangspunkt<br />

nehmen und die Wahrnehmung und Förderung von Interessen als Prozessdimension<br />

begreifen. Ich möchte daher ein Verständnis von Bildung stärken, das der<br />

individuellen Entfaltung und Entwicklung aller Erwachsenen ohne Einschränkungen<br />

in allen Lebensphasen und in allen Lebenslagen verpflichtet ist, und dies nicht<br />

ausschließlich bezogen auf die <strong>Teilhabe</strong> am Erwerbsleben.<br />

Das allgegenwärtige Paradigma der Nutzenabwägung befördert kurzfristig und<br />

zielorientiert angelegte Lernaktivitäten. Dieses kurzfristige Schulungslernen beruht<br />

auf der Vorstellung einer/eines lebenslangen Lernerin/Lerners – Menschen,<br />

die sich friktionsfrei, flott und flexibel auf (scheinbar) immer neue Herausforderungen<br />

einlassen und diese erfolgreich lernend bewältigen wollen und können. Ein<br />

solches Menschenbild lässt die individuellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

und Voraussetzungen außer Acht. Hartmut von Hentig (2003 [1985])<br />

hat in diesem Zusammenhang die folgenden negativen Folgen skizziert: »totale<br />

Bildungsinstitutionen, Bildung als Berechtigung, die Horrorversion des lifelong<br />

learning, das ja nicht Erweiterung der Erfahrung, Zunahme an Weisheit, lustvoller<br />

Wandel der Gewohnheiten, fortschreitendes, in sich bedeutsames Philosophieren<br />

bedeutet (sonst hätte man es so genannt!), sondern Schulung, Weiterschulung,<br />

Umschulung.« (Hentig 2003 [1985]: 46; Hervorh. i. Orig.) Eine solche Verfasstheit<br />

des Lernens, die den Prämissen schneller, besser und mehr gehorcht, kommt<br />

bildungsprivilegierten Menschen entgegen. Mir erscheint ein Verständnis von Lernen<br />

und Bildung notwendig, das dem Wohl aller Menschen verpflichtet ist und<br />

insbesondere die gesellschaftlichen Schieflagen nicht aus dem Blick verliert. Die<br />

UNESCO vertritt eine solche Bildungsprogrammatik, der ein humanistisches Bildungsideal<br />

zugrunde liegt. Mit den sechs Zielen von »Bildung für alle« und der<br />

Ausrufung der »Literacy Decade 2003 bis 2012« hat sie entsprechende Zielvorgaben<br />

definiert und entsprechende Anstrengungen unternommen. 35 Als ein wesentliches<br />

bildungsprogrammatisches Dokument der UNESCO soll auf die Hamburger<br />

Deklaration zum Lernen im Erwachsenenalter inklusive der Agenda für die Zukunft<br />

(CONFINTEA 36 1998) Bezug genommen werden. In der Hamburger Deklaration<br />

ist festgehalten: »Lernen im Erwachsenenalter kann zur Identitätsfindung<br />

beitragen und dem Leben Sinn geben.« (ebd.: 1) Menschen können »ihre Fähigkeiten<br />

entfalten, ihr Wissen erweitern und ihre fachlichen oder beruflichen Qualifikationen<br />

verbessern oder sie neu ausrichten, um ihren eigenen Bedürfnissen und<br />

denjenigen ihrer Gesellschaft zu entsprechen.« (ebd.) Hervorgehoben wird, dass es<br />

ungleiche Ausgangsbedingungen gibt. So wird in Hinblick auf »Grundbildung für<br />

alle« festgehalten, dass »die Anerkennung des Rechts auf lebenslanges Lernen von<br />

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