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das gewebe literarischer erfahrung - Dr. Jörg-Dietrich Steitz ...

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20 <strong>Jörg</strong> <strong>Steitz</strong>-Kallenbach<br />

den sich auch in den Symbolsystemen der menschlichen Kultur ab, so auch in Sprache<br />

und insbesondere in <strong>literarischer</strong> Sprache. Sie ist nicht nur durch ihre Differenz<br />

zu Alltagssprache gekennzeichnet 4 , sondern vor allem durch ihre Verortung in den<br />

zwei den menschlichen Grundmodalitäten entsprechenden Symbolsystemen mit je<br />

spezifischen, nämlich präsentativen und diskursiven Symbolqualitäten.<br />

In der Definition Susanne<br />

Langers (1942, 103)<br />

zeichnen sich diskursive<br />

Symbole dadurch aus,<br />

<strong>das</strong>s sie „permanente Bedeutungseinheiten(besitzen),<br />

die zu größeren Bedeutungseinheitenverbunden<br />

werden können“;<br />

sie haben „festgelegte<br />

Äquivalenzen, die Definition<br />

und Übersetzung<br />

möglich machen.“ Sie<br />

werden zudem linear-<br />

Abb. 1 - Symbolqualitäten <strong>literarischer</strong> Zeichen<br />

sukkzessivwahrgenommen. Präsentative Symbole hingegen „bieten ihre Bestandteile nicht nacheinander,<br />

sondern gleichzeitig dar“ (a.a.O., 99), sie sind nicht durch andere präsentative oder<br />

diskursive Symbole definierbar und besitzen zunächst emotional-sinnliche Qualitäten<br />

(vgl. a.a.O., 102). Zwar behandelt Langer Sprache als <strong>das</strong> diskursive Symbolsystem<br />

par excellence, doch sowohl ihr Hinweis auf den präsentative und diskursive<br />

Symbolqualitäten verbindenden metaphorischen Sprachgebrauch wie auch die semiotischen<br />

Überlegungen zur besonderen Qualität dichterischer Sprache (vgl. Eco<br />

1962/67) belegen, <strong>das</strong>s literarische Sprache von beiden Symbolqualitäten durchdrungen<br />

ist. In einer gewissen Vereinfachung entspricht diese doppelte Symbolqualität<br />

von poetischer Literatur der Tatsache, <strong>das</strong>s beim Lesen nicht nur diskursive Bezüge<br />

auf Dinge der Welt in ihrer vergangen, gegenwärtigen und zukünftigen Form<br />

entstehen, sondern <strong>das</strong>s beim Lesen von Literatur - auch beim Hören oder beim Sehen<br />

inszenierter Literatur - , ganz allgemein gesagt, Bilder, Gefühle, emotionale<br />

Qualitäten früherer Erlebnisse evoziert werden, Glück, Ängste, Harmonie und Erfüllung<br />

für die Zukunft antizipiert werden u.a.m.<br />

Der Begriff des Präsentativen meint aber noch etwas Anderes, weil er den literarischen<br />

Text und seine Rezeption nicht nur phänomenologisch beschreibt, sondern die<br />

präsentative Qualität von Text und Rezeption in ihren Entstehungsbedingungen zu<br />

rekonstruieren und damit zu erklären versucht, also eine sozialisationstheoretische<br />

Perspektive enthält. Alfred Lorenzer sieht die präsentativen Symbole sowie ihr Wir-<br />

4 Auf dieser Differenz basiert Günter Waldmanns literaturdidaktisches Konzept der produktiven literarischen<br />

Differenz<strong>erfahrung</strong>; vgl. Waldmann 1988, S. 222-232, sowie 1998, S. 3 - 42.

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